Dezember 2012

Während diesen Wintermonaten wollten wir vermehrt tun, was beim Besuch eines neuen Ortes für uns normalerweise nicht zuoberst auf der Liste  steht: Museumsbesuche. Amsterdam hat eine Fülle von attraktiven Museen und der verregnete Dezember bot ausreichend Gelegenheit. Für unseren Aufenthalt von vier Monaten lohnte sich darum der Kauf einer Museumskarte, die für ein ganzes Jahr freien Eintritt in unzählige Museen in ganz Holland gewährt. Es wäre jammerschade gewesen, dies nicht zu nützen.

Het Rembrandthuis, das für seine Zeit äusserst noble Wohnhaus Rembrandts, war unsere erste Wahl. Der Maler hatte sich dieses teure Haus allerdings nur dank dem Vermögen seiner Frau Saskia van Uylenburgh leisten können. Zu seinem Unglück hatte er in Geldsachen, wie so viele Künstler, kein besonders gutes Händchen. Nur 17 Jahre nach dem Kauf ging er Konkurs und musste in eine viel bescheidenere Unterkunft in der Rozengracht im Jordan umziehen.
Die Vorstellung, dass in diesen Räumen vor gut 350 Jahren so eindrucksvolle Gemälde geschaffen worden sind, machte auf uns tiefen Eindruck.

  

Natürlich gingen wir dann auch ins Rijksmuseum, wo, nebst zahlreichen Werken anderer Maler, viele Bilder Rembrandts zu sehen sind. Darunter auch diese beiden Meisterwerke.
Links der 'Mann mit Turban' (1635) und rechts die monumentale 'Nachtwache' (1642).

  

Zu einer ganz anderen Sparte der zahlreichen Exponate des Museums gehören die beeindruckenden Puppenhäuser. Eine intensive und äusserst kostspielige Sammeltätigkeit ermöglichte es einigen Gattinnen der zahlreichen, sehr vermögenden Kaufleute der Stadt, ihren Reichtum gebührend zu zeigen.
Für das Ausstellungsstück auf dem linken Foto lautet die Legende des Rijksmuseums schlicht:

Ein Puppenhaus aus dem Besitz der wohlhabenden Amsterdamerin Petronella Oortman. Sie ließ das Puppenhaus im 17. Jahrhundert von herausragenden Möbelherstellern mit ausgewählten Luxus-Minimöbeln einrichten. Zu der Einrichtung gehört auch ein Mini-Walnussholzschrank und kostbares Mini-Porzellan aus China. Wert dieses Luxus-Hobbys aus dem 17. Jahrhundert: etwa so viel wie eine echte Villa an einer Gracht in Amsterdam! – Verblüffender Luxus im Kleinformat und Spiegelbild eines wohlhabenden Haushalts jener Zeit.

  

Natürlich wollten wir auch die berühmten Bilder von Van Gogh im Original sehen. Wir hatten ja im letzten Juli in Auvers-sur-Oise seine letzte Wohn- und Wirkstätte sowie sein Grab besucht. Die Bilder, heute mit unschätzbarem Wert, stehen in scharfem Kontrast zu der ärmlichen Lebensgeschichte ihres Schöpfers.
Weil das Van Gogh Museum gerade renoviert wird, sind die Bilder temporär in die Hermitage verlegt worden.

Auch das Museum Van Loon, bis in die 1980er Jahre Residenz der gleichnamigen Familie, ist ein Besuch wert.
1602 hatte Willem Van Loon, zusammen mit anderen Händlern, die mächtige holländische Ost-Indien-Handelsgesellschaft gegründet und damit auch ein beachtliches Familienvermögen gemacht. Dieses wiederum gestattete es 1884 einem seiner Nachfahren das vornehme Haus, das 1672 erbaut worden war, samt Garten und Kutscherhaus, als Hochzeitsgeschenk für seinen Sohn zu erwerben.
Das Haus, bis heute weitestgehend original eingerichtet, zeigt das komfortable Leben einer durch weltweiten Handel reich gewordenen Amsterdamer Familie.
In der Küche herrschte, offensichtlich mit viel Können, während über 40 Jahren (!) die Köchin Leida.

  

Und weiter ging es zu Gassan Diamonds. Klar, diese 'Führung' ist eher eine Verkaufsveranstaltung, aber wenn man/frau noch nie einen grossen echten Diamanten aus der Nähe gesehen hat, ist sie trotzdem erlebenswert.
Wir hatten Glück, es war ja nicht gerade Hochsaison und darum waren in unserer Gruppe nur acht Personen. Deshalb konnten wir alles in Ruhe und aus nächster Nähe anschauen.
Zuerst wurden wir in die Schleiferei geführt, in der die doch unscheinbaren Rohsteine in reiner Handarbeit allmählich zu den funkelnden Schönheiten werden. Eine unglaubliche 'Nifeliarbeit', die exakt stimmen muss, damit die verschiedenen Flächen zueinander im genau definierten Winkel stehen und so erst die charakteristische Erscheinung des fertigen Edelsteins ermöglichen.

   

Im nächsten Raum erklärte die Führerin die 4 C's, die für die Bewertung eines Diamanten verwendet werden:
Carat, Color, Clarity, Cut  (Karat, Farbe, Reinheit, Schliff)
Der hier gezeigte Stein hat 2.02 Karat (0.4 Gramm), Top River (Hochfeines Weiss), Very Very Small inclusions (Einschlüsse mit der Lupe, bei 10facher Vergrösserung, nur sehr sehr schwer erkennbar), Princess Cut (viereckig), und er kostet nur 28'560.- Euro...

Am 15. Dezember hatten wir zum ersten Mal im Leben wahre Logenplätze! Die einstündige Canal Light Parade führte zahlreiche kunstvoll beleuchtete Schiffe vom Westerdok durch die Prinsengracht auf die Amstel und von dort durch die Nieuwe Herengracht zum Schifffahrtsmuseum. Damit passierte die Parade genau vor unserem Haus. Wir konnten nobel auf dem Balkon stehen und so, hoch über dem Gedränge der Menschenmenge, ganz bequem zuschauen.
Als erstes kam ein kleines Böötchen mit Orgel, Glockenspiel und einem Trompeter. Welch besinnlicher und zauberhafter Einstieg in die kommende Weihnachtszeit.

Zwischen Weihnachten und Neujahr besuchten uns Nina und Dani, und wir machten zusammen die Stadt unsicher...

  

Natürlich musste die 'Jungmannschaft' auch noch per Kanalboot die Stadt erkunden. Dabei gelang Dani im Vorbeifahren ein Schnappschuss der 'Alten', die auf dem sonnigen Balkon Kafi trinkend, angestrengt nach ihnen Ausschau hielten.
(Von Dani stammt auch das Titelbild dieses Monats)

In der Silvesternacht klang das Jahr aus, wobei eine feuerwerksverrückte Bevölkerung, tatkräftig unterstützt durch unzählige ausgelassene Touristen, in trunkener Festlaune das alte Jahr verabschiedete und das neue begrüsste.
Selbst der Dauerregen vermochte die Feststimmung nicht zu trüben.
Für besinnliche Momente blieb allerdings fast kein Platz.

Aus der komfortablen Vergangenheit schauen wir mit Zuversicht in die Zukunft.
Wir wünschen Euch zahlreiche glückliche Stunden und ein möglichst sorgen- und unfallfreies 2013!

(Bild aus dem Museum Van Loon)

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