Juli 2012 |
Am Ende des Canal du Loing legten wir am Ponton in Moret-sur-le-Loing an,
am selben Ort, wie bereits im Juli 2010. Während unserer Fahrt die Seine hinunter Richtung Paris regnete es fast pausenlos. Das Licht fand so immer neue Möglichkeiten, mit Regentropfen und Pfützen zu spielen. Auch das hat seinen Reiz. Die sonnigen Stunden nutzten wir dafür umso intensiver.
In Melun legten wir die Mizar an den langen Quai neben der Mediathek
'Astrolabe'. Die meisten kleineren Schiffe meiden diese Anlegestelle, die
für uns recht attraktiv ist. Weil sie in einer Flussbiegung liegt,
schaukelt der Wellenschlag der grossen Frachter kleinere Boote gar heftig
durch. Und der Frachtverkehr ist dicht, Tag und Nacht!
Wir erachteten es als vorteilhaft, im Laufe des Vormittags in Paris anzukommen
und übernachteten darum
nochmals beim Pont du Port à l'Anglais. Wegen der unmittelbar daneben gelegenen
Schleuse fahren die Frachter sehr nahe vorbei und das machte den
Aufenthalt auch für uns recht schauklig.
Und dann wurde unsere Einfahrt in Paris Wirklichkeit! Im Port de l'Arsenal wurde uns ein Platz 'ganz hinten' neben einem ständig dort liegenden Luxmotor zugewiesen.
Nicht gerade Millimeterarbeit, aber sehr viel Raum blieb zwischen Pavillionmauer und nobler Holzjacht nicht übrig.
Auf ging's, Paris zu erkunden! Am Quatorze Juillet, dem Nationalfeiertag der Franzosen, umgingen wir das Gedränge auf den Champs-Elysées und postierten uns auf dem Pont Marie, der sich als idealer Platz erwies, das Defilée der Luftwaffe zu sehen. Eindrücklich war es schon: erst die Patrouille de France mit den Landesfarben, dann zahlreiche Formationen von Flugzeugen, die in der Armée de l'Air und den anderen Truppengattungen ihren Dienst tun. Bis die Helikopter eintrafen, welche das Ende der Parade einläuteten (oder besser 'einbrummten'), schauten wir bei Kaffee und Kuchen in einem nahen Café ganz gemütlich Parade und Prominenz am Fernsehen an. Rechtzeitig kehrten wir wieder an unseren Platz auf der Brücke zurück, wo pünktlich der Schwarm der Hubschrauber über unsere Köpfe flog. Gleich darauf ritt die Garde Nationale an unserem Standplatz vorbei. Nach der grossen Parade kehrte sie in ihre Stallungen am Quai Henri IV zurück. So sahen wir doch noch - ganz zufällig - glänzende Uniformen und stramme Männer und Frauen in Formation, ganz nah!
Am nächsten Tag kam Marlene, die Schwester von Hansruedi, für ein paar
Tage
zu Besuch. Aber sie wollte auch Schifffahren erleben. Daher planten wir eine 'Rundfahrt' durch Paris in drei Tagen. Erst durch den Canal Saint Martin mit seinem fast 1km langen Tunnel und den 4 Doppelschleusen,... ...dann die Einfahrt in den Canal Saint Denis mit der eindrücklichen ersten Schleuse 'Pont de Flandre', die fast 10m Höhe überwindet. Der Rest dieses Kanals war dann allerdings nicht sehr attraktiv: Industriegebiet mit viel Berufsschifffahrt, eher öden Vororten und bedrückenden Slumsiedlungen, Unmengen von schwimmendem Abfall und Plastik im Wasser. Nach 6 Stunden erreichten wir wieder die Seine, drehten flussaufwärts und suchten uns einen geeigneten Platz zum Übernachten. In Clichy richteten wir uns dann ein zweites Mal für eine Nacht ein und freuten uns auf den dritten Tag, der die Mizar mitten durch Paris führen würde. Hier hat wohl einer den Ausdruck 'Wohnschiff' etwas anders ausgelegt. Auch eine Variante! Am nächsten Morgen ging es los: la Défense (leider sieht man La Grande Arche vor lauter Neubauten schon nicht mehr)... ... der Eiffelturm ... ... die Freiheitsstatue (also die kleine Kopie der New Yorker Ausgabe)... ... scharf beobachtet, und knapp vorbei ... ... der Pont Alexandre III ... ... das Brückengewirr um die île de la Cité ...
... und als würdiger Abschluss noch die Notre Dame!
Die gemeinsamen Tage mit Marlene waren damit schon vorbei. Der Gare de
Lyon liegt aber ganz in der Nähe und so waren es nur ein paar Schritte bis
zum
TGV, der sie wieder in die Schweiz zurück brachte. Unsere Weiterreise führte uns dann erneut durch den Canal Saint Martin und den Canal Saint Denis. Diesmal ging dann allerdings alles etwas mühsamer. Geschlagene 8 Stunden waren wir unterwegs, bis wir nach der letzten Schleuse wieder in die Seine einfahren konnten. Irgendwie hatten wir an diesem Tag wohl den Lehrling der Verkehrssteuerung erwischt: keine Schleuse, bei der wir nicht mindestens 30 Minuten warten mussten. Während des 1Std15min Rekords für das Passieren einer Schleuse platzte Matz der Kragen. Sie tat ihren Unmut relativ klar am Funk kund. Aber wir sind ja in Frankreich. Der Lehrling hatte rasch gelernt, seine stoische Antwort war: das liesse sich nicht ändern, es sei der Computer, der alles steuere ... Da wir ja auf dem Weg nach Belgien waren, drehten wir in Conflans-Ste-Honorine auf die Oise ein. Alles war wieder grüne Landschaft, ohne Industrie oder Grossüberbauungen. Und plötzlich unterquerten wir eine knallrote Passerelle, die sich in einer schneeweissen 'Allee' den Berg hoch zu mehreren Säulen fortsetzte. Spätere Nachforschungen ergaben, dass es sich um die 'Axe Majeur de Cergy-Pontoise' handelt. Die Säulen führen ihrerseits wiederum zu einem 36 Meter hohen Turm, von dem aus ein Laserstrahl zum anderen Ende der Achse weist. Ein typisch französisches Mega-Kunstwerk, drei Kilometer lang und seit 1988 im Aufbau und noch lange nicht fertig. Den Künstler aus Tel Aviv freut's bestimmt.
Erst bei der Anfahrt nach Auvers-sur-Oise realisierten wir, dass Vincent
Van Gogh die letzten 70 Tage seines Lebens in dieser kleinen Ortschaft
gewohnt hatte. Während dieser Zeit schuf er unglaubliche 78 Kunstwerke.
Vergeblich versuchte aber sein Bruder Theo, der in Paris als Kunsthändler
wirkte, diese Bilder zu verkaufen. Erneut fiel Vincent in eine tiefe Depression,
schoss sich mit einer Pistole in die
Brust und starb ein paar Tage später im Beisein seines Bruders Theo.
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