Oktober 2024 |
Mit dem ersten Oktober ist endgültig der Herbst ins Land gezogen und wir
rüsteten uns langsam für die Rückreise zum Winterliegeplatz für unsere Mizar.
Schon seit einiger Zeit hatten wir uns für eine Marina in Plaue
an der Havel entschieden, wo unser Schiff schon vor acht Jahren
einen einsamen Winter verbracht hatte (siehe Oktober 2016).
Aber zunächst waren wir ja noch in Berlin-Charlottenburg
und wollten - weil wir schon da waren - die Gelegenheit zu einem kurzen Besuch
in der Hauptstadt nicht verpassen. Wir wanderten zunächst zum Tiergarten und
stiegen dort in den Bus, der uns
bequem zum Alexanderplatz brachte. Dabei wurden viele Erinnerungen
wach, die noch vom Winter 2016/17 herrührten, den wir in einer kleinen
Wohnung in Berlin-Neukölln verbracht hatten. Eine neue Erfahrung für uns
war diesmal der Besuch im Nikolaiviertel, einem während des
Krieges vollständig zerstörten Altstadtquartier um die Nikolaikirche
herum. Diese hat erstaunlicherweise den Krieg fast unbeschadet überstanden. Rechtzeitig zur
anstehenden 750-Jahrfeier der Stadt Berlin im Jahr 1987 hatte das
damalige Politbüro des SED-Regimes versucht, durch den Neubau des historischen
Quartiers seiner Staatsform lebenswerten Anschein zu verschaffen,
obschon - oder gerade weil - ihr Verfalldatum längst abgelaufen war.
Am nächsten Tag fuhren wir wieder mit eigener Kraft zurück nach Spandau. Bei der Abfahrt waren wir erstaunt, welche 'Schätze' sich während der Liegezeit von nur zwei Tagen zwischen unserem Schiff und der Quaimauer angesammelt hatten.
Tags darauf ging es weiter Richtung Potsdam, wo wir am 24 Std-Anleger im Jungfernsee übernachteten. Bei der Weiterfahrt am folgenden Morgen sahen wir zum ersten Mal, dass die Anlegestelle bei der Glienicker Brücke frei war und wir machten gleich fest, ohne zu zögern.
Diese Brücke hatte nach dem letzten Krieg eine etwas eigentümliche Bedeutung erhalten, weil sie offizielle Kontakte zwischen West und Ost ermöglichte und über sie mehrfach Spione oder politische Gefangene ausgetauscht worden sind.
Weil er nur einen Katzensprung entfernt liegt, besuchten wir auch den
Park vom Schloss Glienicke, das ehemalige Sommerschloss
des Prinzen Carl von Preussen. Während des Zweiten Weltkrieges war es
als Lazarett benutzt worden und diente, nur kurze Zeit später, als Casino für
die Offiziere der roten Armee.
Dass Prinz Carl von der Antike begeistert war und es sich leisten
konnte, zeitlebens von Italien zu schwärmen, prägt noch heute die
Anlagen im Park.
Die Perlen im Schlosspark:
'Grosse Neugierde', 'Löwenfontäne', 'Stibadium'
(vlnr)
Potsdam ist immer noch eine sehenswerte Stadt mit einer ganz eigenen
Atmosphäre. Da wir um diesen Umstand wussten, haben wir beim
Yachthafen gleich für vier Nächte gebucht. Zu Fuss erreicht man leicht
das Stadtzentrum und wir nutzen diese Gelegenheit mehrfach.
Besonderes Glück hatten wir, als wir zufällig am
Dampfmaschinenhaus
vorbeikamen und dessen Tür für eine Führung offenstand. Eine Führung, die jeden Monat
nur
ein einziges Mal stattfindet. Das Pumpenhaus, wie die
Anlage auch genannt wird, aber wegen ihrem speziellen Aussehen eher
unter der Bezeichnung Moschee bekannt
ist, war zunächst von
Friedrich dem Grossen geplant worden. Er wollte damit verschiedene
Wasserspiele betreiben, unter anderem auch jene im Park des Schlosses Sanssouci.
Nach holländischem Vorbild hatte er zunächst mit Windmühlen versucht,
das benötigte Wasser aus der Havel knapp 40 Meter hochzupumpen. Er gab
zwar viel Geld aus, musste allerdings sein Vohaben wegen unüberwindbarer technischer
Mängel aufgeben. Seine Wasserleitungen waren aus ausgehöhlten
Baumstämmen gemacht, die dem erforderlichen Druck nicht standhielten.
Erst 60 Jahre später schaffte es sein Nachfahre Friedrich
Willhelm IV mit einer Zwei-Zylinder-Dampfmaschine, die mit
Steinkohle befeuert wurde und genügend Leistung erbrachte um sämtliche
Anlagen des Schlossparkes entsprechend dem königlichen Wunsch zu speisen. Da der König, ohne je
selber im
Osten gewesen zu sein, ein begeisterter Anhänger osmanischer Kultur war, gab
er dem Pumpengebäude das Aussehen einer Moschee, was noch heute zu der eigenartigen Namensgebung
Anlass gibt. Auch der Innenausbau ist entsprechend. Wer heute allerdings
den Schlossgarten in Sansouci besucht, bewundert dort Wasserspiele, die
zwar zuverlässig durch zwei
elektrische Pumpen in ebendieser Moschee gespiesen werden, aber das Wasser stammt
immer noch aus der Havel.
Der Innenraum hat eine beinahe religiöse Ausstrahlung, die ...
... sogar noch zunimmt, wenn die Anlage zu arbeiten anfängt.
Kaum technische Schwierigkeiten boten hingegen die fantasievollen Wasserspeier, durch die das hochgepumpte Wasser zur Freude der Schlossbesucher munter sprudelte. Sie schmeichelten allerdings vor allem den romantischen Vorstellungen des verwöhnten Auftraggebers.
Unsere Weiterreise erfolgte auf der selben Route, auf der wir vor vier Monaten angereist waren. Erneut legten wir in Ketzin an, diesmal allerdings beim Seesportclub, wo wir freundlicher empfangen wurden als im Stadthafen anlässlich unserer Anreise im Frühling. Zusätzlich mussten wir hier auch etwas weniger bezahlen. Extrem starker Wind verzögerte dann einmal mehr unsere Abfahrt. Trotzdem legten wir, nach einer weiteren erbaulichen Reise durch eine wunderschöne Landschaft, fast nach Plan am Steg Slawendorf in Brandenburg an. Die verbliebenen Reservetage verbrachten wir am selben Platz, an dem wir im Oktober 2016 (siehe dort) einen unserer treuesten Gäste nach einer gemütlichen gemeinsamen Reise verabschiedet hatten.
Man soll sich bekanntlich auch an kleinen Sachen erfreuen.
Ein im Supermarkt gekaufter
Cake, von dem wir an einem Nachmittag ein Stück zum Kaffee geniessen wollten,
schien sich selber darüber zu freuen, dass er ausgerechnet zu uns hatte kommen dürfen.
Das nennt man Hingabe!
Pünktlich zum vereinbarten Termin trafen wir an unserem reservierten Winterliegeplatz in Plaue an der Havel ein.
Wir hatten bei AirBnB eine kleine Wohnung gegenüber des Hafens gebucht, damit wir in Ruhe und ohne Stress unsere Mizar für den Winter vorbereiten konnten.
Nachdem auch die Reisetaschen gepackt und unsere beiden Fahrräder versorgt waren, haben wir die Flagge eingeholt und die Rückreise in die Schweiz angetreten.
Weil wir im letzten Winter gute Erfahrungen mit einer gemieteten Wohnung im
Klettgau (D) gemacht hatten, war es für uns klar, dass wir uns auch dieses Mal
für eine Weile dort niederlassen wollten. Alle Überlegungen, die uns zu diesem
Entscheid gebracht hatten, haben wir bereits im Oktober und November des letzten Jahres
ausführlich geschildert (Wer jetzt Genaueres wissen möchte, der möge doch in den
entsprechenden Monatsberichten nachsehen!).
Im kleinen Dorf Bühl fühlten wir uns schon fast heimisch.
Natürlich schafft unsere Abwesenheit während des Sommerhalbjahres, wie
das nun schon seit fünfzehn Jahren so geht, in der Heimat jeden Winter etwas
Nachholbedarf. Kontakte, die zu kurz gekommen sind, wollen gepflegt werden und
Leute, die wir während dieser Zeit vermissten, wollen wir unbedingt besuchen. Trotz der
vielfältigen Möglichkeiten, welche die heutige Technik bietet, können diese den
persönlichen Kontakt eben nicht annähernd ersetzen.
Um all dem abzuhelfen, liegt das kleine Dorf Bühl recht günstig, erreichen wir
doch von hier aus den weitaus grössten Teil unserer Ziele und Ansprechpartner in
weniger als einer halben Stunde.
Kurz vor dem Monatsende nahm Matz am 6. Internationalen Teapot-Race der Steampunks von Liechtenstein teil. Allerdings nur als Zuschauerin. Aber auch das war eine spannende Sache und das gesellige Zusammensein mit Gleichgesinnten aus Liechtenstein, der Schweiz, Deutschland und sogar Grossbritannien war leider einmal mehr viel zu schnell vorbei!
Ein Teapot-Race ist ein Rennen fantasievoll gestalteter
Fahrzeuge, die eine Teekanne möglist schnell über einen
Hindernisparcours transportieren. Alle werden ferngesteuert durch ihren
Schöpfer, der während seiner Aufgabe eine skurrile Geschichte erzählt,
was ebenfalls bewertet wird. Fantasie
und Spass an den technischen Möglichkeiten, wie sie sich Jules Verne
(1828 -1905 ) erträumt hatte, bilden die Grundlage der
Welt, in der sich Steampunks bewegen.
Hier noch ein paar Bilder des Anlasses:
Impressionen der 'Rennmaschinen'...
Die Zuschauer lauschten interessiert den Ausführungen und Vorstellungen der einzelnen Piloten:
Der stolze Sieger!
Und zu guter Letzt noch das Gruppenbild:
> Monat
Oktober 2024:
-15h 55'
- 106 km
- 2 Schleusen
> Jahrestotal 2024
176h 55'
1038 km
46 Schleusen
1 Brücke