April 2024 |
Am Mittwoch nach Ostern sind die neun an Ostern auf unserem Schiff geschlüpften jungen Enten ihrer Mutter gefolgt und haben so ihre Reise in die Welt angetreten. Nur auf ganz weite Distanz konnten wir sie mit dem grossen Teleobjektiv noch einmal fotografieren. Wegen 'unserem' auffällig gelben Küken waren sie aber klar zu erkennen. Wir wünschten ihnen von Herzen viel Glück.
Am selben Tag ist dann auch jene Ente weggeflogen, die bisher noch auf dem
anderen Nest ausgeharrt hatte. Sie ist während der folgenden vier Tage
nicht mehr zurückgekehrt, hatte also ihre Brut verlassen, obschon
sie während mehr als drei Wochen die Eier mit grosser Hingabe bebrütet hatte. Tag
und Nacht, bloss mit einer halbstündigen Pause täglich,
während der sie ihren eigenen Bedürfnissen nachkam. Was
sie veranlasst hatte, das Gelege nach so viel Mühe zu verlassen, darüber
konnten wir nur spekulieren.
Nachdem wir so lange gewartet und dabei zunehmend die Hoffnung auf ihre
Rückkehr verloren hatten, haben wir das Nest geräumt und die 25 Eier
entsorgt.
Auch die nächsten zwei Wochen verbrachten wir vorwiegend mit warten. Warten
darauf, dass Handwerker, die sich bereit erklärt hatten, für uns einige
Arbeiten fristgerecht zu erledigen, ihr Versprechen einlösen würden.
So mussten wir eine Windschutzscheibe in unserem Steuerhaus ersetzen,
weil die Doppelverglasung undicht geworden war und sich darum zwischen
den Gläsern immer wieder Kondenswasser bildete. Dieses sorgte zuverlässig
für schlechte Aussichten.
Weil bei der Inbetriebnahme des Wassersystems unserer Mizar der
Warmwasseranschluss des Boilers sich als undicht erwies, suchten wir einen
Sanitärinstallateur, damit dieser den Schaden behebe. Der Hafenmeister
wünschte uns mit einem verständnisvollen Lächeln Glück für unsere
Suche. Er schien die lokalen Verhältnisse gut zu kennen, denn von drei angefragten
Handwerksbetrieben haben nur zwei überhaupt reagiert. Bei einem
Augenschein haben sie den
Auftrag aber abgelehnt, weil sie mit unserem System, das vor mehr als zwanzig
Jahren in Frankreich eingebaut worden war, nichts zu tun haben wollten.
Mit einem Einkauf im Baumarkt haben wir dann für weniger als 15 Euro
die Bestandteile besorgt und den Schaden damit innert weniger Minuten
selber behoben.
Am 18. April war es dann endlich so weit. Wir machten die Leinen
los und brachen auf zur ersten Etappe dieses Jahres. Wir fuhren
hinaus auf die Ems, die trotz der häufigen Regenfälle in den letzten
zwei Wochen wieder zu ihrem normalen Wasserstand zurückgefunden hatte. Die Fahrt
auf dem Fluss
war also mühelos möglich. Wir fuhren auf der Ems zu
Berg, in Richtung ihrer Quelle,
die wir im letzten Monat mit dem Auto besucht hatten (siehe März 2024).
Zum Abschied blickten wir zurück auf die Hafeneinfahrt, hinter der
unsere Mizar immerhin schadlos ein beachtliches Hochwasser überstanden hatte, das
wohl in die lokalen Geschichtsbücher eingehen wird.
Wir blickten aber auch nach vorne in eine ganz offensichtlich
strahlende, ja blendende Zukunft und nahmen das gerne als gutes Omen.
Nach etwas mehr als einer halben Stunde Fahrt kamen wir zur
Hüntel-Schleuse, unsere erste Schleuse in diesem Jahr. Wir sind
ja Mitglied beim Schweizerischen Schleusenschiffer Verein SSK
und haben damit mit Erfolg die 'Eintrittsprüfung' für dieses Jahr bestanden.
Nach drei Stunden machten wir am Steg in Meppen fest und freuten
uns an der nun doch spürbar wärmenden Sonne, die tapfer gegen die Temperatur
ankämpfte, welche nur knapp über dem Gefrierpunkt lag. Am selben Steg
hatten wir schon im Jahr 2016 gelegen (siehe April 2016), als wir zum
ersten Mal auf dem Weg nach Berlin waren. Natürlich kamen wir auch 2018
auf der Rückfahrt von Berlin wieder hier vorbei (siehe Mai 2018).
Wir fuhren jetzt also einmal mehr auf dem
Dortmund-Ems-Kanal, der uns ganz besonders in Erinnerung
geblieben war, weil
wir an genau dieser Stelle vor ein paar Jahren zum ersten Mal unser 'Blue Board'
im Ernstfall hatten aktivieren müssen, als uns ein grosses Frachtschiff auf der 'falschen'
Kanalseite entgegen kam. Diese Wasserstrasse wird uns auch dieses Mal zum
Mittelland-Kanal bringen, auf dem wir dann Richtung Osten fahren werden, in die Gegend
von unserem aktuellen
Jahresziel: Berlin.
Der Bedeutung der Wasserstrasse entsprechend, waren die Schiffe, die uns begegneten, zahlreicher und auch deutlich grösser. Manche mit einer Länge von 110 Meter.
Trotzdem war es eine gemütliche Reise Richtung Süden, zunächst mal bis
ins 'Nasse Dreieck', die Stelle, wo der
Mittellandkanal vom Dortmund-Ems-Kanal abzweigt.
Dort legten wir für ein paar Tage an, denn wir hatten wieder einmal ein
kleines Problem. Bei der Wegfahrt in Meppen wollte unser Motor nicht
starten und die Starterbatterien erwiesen sich als zu schwach.
Eigentlich hätte das nicht passieren dürfen, aber die Nächte waren kalt,
was Batterien bekanntlich nicht so sehr lieben. Wir waren uns also nicht
im Klaren, wie gross unser Problem tatsächlich war. Weil im Nassen
Dreieck sich jeden Tag viele Berufsschiffe treffen, hat es dort auch
einen Laden, wo man sich mit den Notwendigkeiten für den Schifferalltag
eindecken kann. Auch mit Starterbatterien, sollte man solche nötig
haben. Wir fanden einen Steg nur ein paar hundert Meter weiter den
Kanal hinauf. Viel Platz und sogar einen Stromanschluss, was immer ein
gutes Gefühl gibt, wenn das Wetter nicht so recht will.
Als plötzlich das Wetter sich von einer freundlicheren Seite zeigte,
machten wir eine kleine Wanderung in die nähere Umgebung.
Dabei kamen wir unvermittelt an einem kleinen Denkmal vorbei, das auf
bescheidene Art an ein für die heutige Zeit nicht sehr spektakuläres
Ereignis erinnert.
Es bezeugt aber, dass von dieser Stelle aus ein mutiger Pilot im Jahr 1929
zum weltweit ersten erfolgreichen Segelflug über eine Distanz von über 100 km
gestartet ist. Was heute im Segelflugsport alltäglich ist, war zu jener Zeit
eben eine kaum vorstellbare Leistung.
Und unsere Mizar war damals schon drei Jahre 'alt'!
Trotzdem waren wir froh, dass sie am Ende unserer Wanderung immer noch geduldig auf uns wartete.
Zwei Tage später erhielten wir Besuch von Ute und Stefan, die mit ihrer Hendrika Johanna gleich hinter uns am Steg festmachten.
Wir hatten sie letzten Herbst im
Hafen von Haren zum ersten Mal gesehen (siehe Oktober 2023). Da auch
sie auf dem Weg nach Berlin sind, werden wir bestimmt an einem anderen
Ort nochmals zusammenfinden.
Wir empfingen sie zunächst bei uns zu einem Willkommensbier und wurden
darauf hin bei ihnen zu einem köstlichen Nachtessen eingeladen. Ganz
mächtigen Dank!
Weil wir mit diesem Besuch unerwartet zusätzlich zwei kräftige Männerarme zur
Verfügung hatten, betrachteten wir das als Fügung des Schicksals und wuchteten
kurzentschlossen die zwei schweren Starterbatterien aus dem Motorenraum
und ersetzten sie durch zwei neue. Wir hofften, damit das Problem gelöst
zu haben und beschlossen den Abend mit einem fröhlichen Spaghetti-Essen,
das sich bei regen Gesprächen bis weit in die Nacht hinein erstreckte.
Als die Beiden am nächsten Tag weiterfuhren, wussten wir, dass wir eine
weitere wertvolle Schifferfreundschaft gewonnen hatten.
Bei unserer Weiterfahrt am nächsten Werktag haben wir zunächst an der Bunkerstation Halt gemacht, etwas Diesel getankt, eine Gasflasche gekauft und unseren Wassertank aufgefüllt. Gut versorgt reist es sich eben auch mit dem Schiff gemütlicher.
Nur wenige hundert Meter später bogen wir über Steuerbord in den Mittellandkanal ein und passierten das Sicherheitstor von Hörstel. Mehrere solcher Tore, in regelmässigem Abstand angeordnet, ermöglichen das Absperren eines Kanalstücks im Falle eines Dammbruchs. Sie vermeiden aber auch, dass der ganze Kanal entleert werden muss, sollten Unterhaltsarbeiten an einem Teilstück notwendig sein. Der Mittellandkanal wurde ohne ohne grosse Höhendifferenzen angelegt und damit liegen die Schleusen, die andernorts auch als Sperren dienen können, bis zu 150 Kilometer auseinander.
Für den ersten Tag hatten wir uns recht viel vorgenommen und fuhren mehr als dreissig Kilometer bis Bramsche. Das ist für uns eine grosse, eher unübliche Distanz. Es erlaubte uns aber, die neuen Batterien richtig aufzuladen und zudem war das Wetter fast sommerlich schön. Hingegen war der Berufsverkehr dicht und wir sahen Elefantenrennen wie auf der Autobahn, nur spielte sich das ganze wegen der weit grösseren Massen viel langsamer ab. Zeit ist eben auch hier Geld und schlussendlich befanden wir uns auf einer Wasserstrasse, die man mit Fug und Recht auch als 'Schiffsbahn' bezeichnen könnte. Beeindruckend war es aber alleweil.
Ungemütlich wurde es erst, als der Eiltank 4 meinte, seinem Namen Ehre
machen zu müssen und uns trotz Gegenverkehr überholte. Weil der Weg
offensichtlich knapp wurde, gab er so viel Leistung, wie er aus seinem
Motor herausholen konnte und wich gleichzeitig dem Gegenverkehr nach
rechts aus. Damit drängte er uns nach rechts gegen das Kanalufer,
während das Wasser, das er mit seinem auf Vollgas laufenden Motor
mächtig nach hinten beschleunigte, auch unter uns knapp wurde. So begannen
die ersten Ufersteine dicht neben der Mizar aufzutauchen. Gleichzeitig
wurde das Wasser ebenfalls zwischen den Schiffen so knapp, dass wir von
seinem Schiff förmlich angesogen wurden und mit unserem bescheidenen
Motor kaum dagegen zu halten vermochten.
Da wurde es richtig
knapp.
Kurz vor Bramsche gibt es in einer Ausbuchtung des Kanals eine gemütliche Anlegestelle für Sportboote, wo wir gerne festmachten. Hier waren wir etwas geschützt vom vorbeifahrenden Verkehr und nahmen uns darum vor, die kommenden Tage mit guter Wetterprognose für die ersten Malerarbeiten dieses Jahres zu nutzen.
> Monat April 2024:
-
20h 30'
- 9 Schleusen
- 101 km