Januar 2024      

Den Jahreswechsel begingen wir ruhig und zufrieden in unserer kleinen Wohnung in Bühl (Klettgau D), wo wir uns nach zwei Monaten schon wie zu Hause fühlten. Zufrieden blickten wir zurück auf das vergangene Jahr. Es hatte uns viele schöne Erlebnisse gebracht und uns vor gröberen Rückschlägen bewahrt. Wir freuen uns auf das kommende Jahr, das wir wiederum zum grössten Teil auf unserer Mizar verbringen wollen. Bis wir allerdings wieder aufs Schiff gehen können, braucht es noch etwas Geduld und ein paar hängige Fragen warten noch auf eine befriedigende Antwort.
Wenn wir trotzdem mit gemischten Gefühlen in die Zukunft schauen, sind wir damit sicher nicht allein.
Was man gemeinhin als Weltenlauf bezeichnet, das könnte wahrlich auf besseren Wegen sein. Und die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, haben weit mehr Gewicht als unsere.

Trotzdem ist es legitim, auf der Sonnenseite des Lebens stehend, sein Glück zu geniessen. Dabei es kann einem aber nicht gleichgültig sein, dass unzählige Menschen unter schwierigsten Umständen und ohne Aussicht auf Besserung, um ihr nacktes Überleben kämpfen müssen. Unerträglich ist vor allem die Erkenntnis, dass es vielleicht ein, zwei Dutzend Leute sind, die auf der ganzen Welt direkt für dieses unsägliche Leiden verantwortlich sind. Sie könnten mit einem einzigen Wink einen grossen Teil dieses Leidens verhindern, würden sie nur für einen Moment nicht ausschliesslich ihre persönlichen Interessen in den Vordergrund stellen. Sämtliche grossen Organisationen, wie die UNO mit all ihren Unterabteilungen, die NATO, die Europäische Union, das WEF und wie sie sonst noch alle heissen, sie erweisen sich als reine Plattformen für vielleicht gut gemeinte Reden, sind aber vollkommen wirkungslos. Es profitieren von diese Treffen jeweils vor allem die lokale Luxushotellerie und die entsprechenden Restaurants.

Zunächst verfolgten wir in unserer kleinen Welt aufmerksam die Wetterlage in Haren (Niedersachsen), wo unsere Mizar liegt und das dortige Hochwasser, das vor dem Jahreswechsel bedrohliche Höhen erreicht hatte. Wir konnten aber zufrieden zuschauen, wie sich die Lage in den ersten Tagen des neuen Jahres zunehmend entspannte.

Regelmässig folgten wir weiterhin jeden Tag gemeinsam dem Hörbuch von von Sabine Ebert (1815 Blutfrieden). Seit fast drei Monaten hatten wir nun diese tägliche Routine genossen und dabei mit der lebensnah beschriebenen Handlung ganz nebenbei auch einen eindrücklichen Unterricht in Geschichte mitbekommen. Die Geschichte des Europäischen Kontinents, der während des Übergangs vom 18. zum 19. Jahrhundert grundlegende Veränderungen erlebte. Schon damals verfolgten die Kaiser, Könige und Fürsten rücksichtslos ihre ureigensten Interessen auf dem Buckel ihrer Untertanen. Selbst die zunächst gut gemeinten Ideale der Französischen Revolution - Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit - wurden im Laufe der Zeit in ihr Gegenteil verdreht. Mittlerweile war die Handlung der Hör-Buchreihe bei jenem Zeitpunkt angelangt, wo Napoléon I nach der Völkerschlacht von Leipzig sich nach Frankreich hatte zurückziehen müssen, von wo er aber fast umgehend auf die Insel Elba ins Exil verbannt wurde. Der Wienerkongress von 1815 hätte eine beständige neue Ordnung in Europa organisieren und dem Kontinent endlich Frieden bringen sollen. Aber schon in seinem Vorfeld sorgten die alten Querelen und das Geschacher um den jeweils eigenen Vorteil dafür, dass dieses Ziel unerreichbar blieb. Dafür erlebte während der selben Zeit in Wien das gesellschaftliche Leben eine noch nie da gewesene Blüte. Rauschende Bälle und üppige Bankette folgten sich in dichter Reihe. Der ausgehandelte Frieden hatte allerdings nur kurzen Bestand. Das zeigte sich schon daran, dass - noch während der Kongress tanzte - Napoleon auf Elba bereits seine Rückkehr nach Paris einleitete.
Irgendwie kam uns das alles so unheimlich bekannt vor!

So verbrachten wir einen eher ruhigen Monat. Wir lasen Bücher, die schon lange darauf gewartet hatten. Matz schneiderte fleissig und mit Hingabe an ihren neuen Gewandungen für die Steampunk- und Viktorianischen Treffen und wir empfingen auch ein paar Mal Besuch in unserer kleinen Wohnung. Zwischendurch waren wir selber unterwegs, Freunde zu treffen, die wir schon längere Zeit nicht mehr gesehen hatten.

Ein besonderes Erlebnis war der Besuch bei unserem langjährigen Freund Leo, den wir leider auch vor mehr als 10 Jahren zum letzten Mal gesehen hatten. Er zeigte uns in seiner Werkstatt sein Herzensprojekt, mit dem sich der Pensionär aus Erinnerungen an seine ersten Jahre Berufserfahrung einen echten Jungbrunnen erschaffen hat. In einer mit viel Herzblut und Gründlichkeit konstruierten Modelleisenbahn-Anlage hat der ehemalige Dampflokomotivführer seine Träume von damals wieder auferstehen lassen. Wir hätten noch Stunden seinen Schilderungen zuhören können, die uns aus einer anderen Welt zu erreichen schienen.

     

Bei einer anderen Gelegenheit überbrachte Matz ihre Litauische Tracht, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte, der Litauischen Gemeinschaft in der Schweiz. Dabei traf sie Leute, welche neben aktuellen Aktivitäten wie zweisprachige Kitas, regelmässige Meetings, einem Chor und einer Tanzgruppe, auch das Erbe jener Litauer mit viel Akribie pflegen, welche ihre Heimat kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatten verlassen müssen. Sie flüchteten vor dem gefürchteten Einmarsch der russischen Truppen, die das Land dann auch viele Jahre besetzt hielten. Obschon das ursprüngliche Ziel Amerika gewesen war, blieben einige für den Rest ihres Lebens in der Schweiz. So auch die Mutter von Matz. In einem Buch über ebendiese Gruppe stiess hier ihre Tochter, eher zufällig, auf eine Erwähnung ihrer Mutter aus späterer Zeit.

   

Anlässlich eines Besuches im Technorama in Winterthur trafen wir uns mit Max, einem Kollegen aus der Maturaklasse von Hansruedi, der während Jahren dem Museum als wissenschaftlicher Berater ausgeholfen hatte. Eine bereichernde Begegnung in etwas ungewohntem Rahmen.
Dort entstanden ein paar skurril anmutende Fotos, von denen eines hier gezeigt ist, das andere den Titel dieses Monats schmückt.

An einem der wenigen ganz schönen Tage fuhren wir zur Küssaburg, die unweit unserer Wohnung auf einer markanten Hügelkette trohnt.

Die Burg wurde 1141 erstmals erwähnt und 1634 im Laufe des 30-jährigen Krieges zerstört. Da die schwedische Armee im Jahr zuvor im Klettgau grässlich gewütet hatte, hoffte man mit dem Abbrennen der Burg die Rückkehr der 30'000 Mann starken Armee zu verhindern.

 

Ein weiterer Anlass für Matz war der 1.SSS SSS !

Das Lokal 'der Hutmacher' in Maur ZH bot den richtigen Rahmen dazu.

     

Nachdem bei jedem in seinem Zeitreisepass das Visum korrekt nachgetragen und damit seine Anwesenheit bestätigt worden war, fanden wir uns im Atelier des Hutmachers wieder.
Wonderland lässt grüssen!

     

Ein rundum gelungenes Treffen in einer wahrlich speziellen Umgebung!
Daher erstaunte es nicht, dass die 30 Teilnehmer beschlossen haben, dass dieses Erlebnis irgendwann wiederholt werden muss!
Hoffentlich zu einem Zeitpunkt, an dem wir erneut in der Schweiz weilen!

 

Verschiedene Erlebnisse dieses Monats, welche aktuelle oder längst vergangene Ereignisse zur Ursache hatten, zeigten uns einmal mehr, dass kriegerische Auseinandersetzungen das Schicksal der Menschheit immer begleitet hatten. Nie oder selten haben sie zu befriedigenden Lösungen geführt. Immer jedoch hatten diese Kriege ihre grässlichsten Konsequenzen für die gewöhnliche Bevölkerung, die selber überhaupt nichts zu den Vorgängen zu sagen hatte. Selbst die jeweilige Aufarbeitung der Geschehnisse nach dem Ende der Kriege hat kaum je zu einer halbwegs dauerhaften Lösung geführt. Fast immer sind die gleichen Konflikte nach einer gewissen Zeit wieder neu aufgeflammt. Niemand hatte etwas gelernt.
Das scheint die alte Vermutung zu bestätigen: die Menschen können offensichtlich nicht anders!

 

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