September 2023     

    

Die letzten Tage des Monats August waren nicht mehr ganz so sommerlich, wie wir das eigentlich gerne gehabt hätten. Am Morgen zeigten sich gelegentlich die ersten Anzeichen von Herbst (Titelbild). Dazu kam, dass gegen Abend unverhofft eine Péniche an uns längsseits ging und ihre Leinen so fest verzurrte, dass unsere Mizar unter Atembeschwerden stöhnte. So haben wir beschlossen, am nächsten Tag weiter zu fahren.

 

Ein Stück weit fuhren wir den Weg zurück, den wir gekommen waren, davon ein kleines Stück über das Zwarte Meer und dann durch den Vollenhoverkanaal Richtung Blokzijl.

Dabei passierten wir nach ein paar Windungen des Kanals die Vollenhover Brug. Die Architekten, die den Wettbewerb zum Ersatz der alten Brücke gewonnen haben, hatten ihrer Phantasie freien Lauf gelassen. Manche sehen bei geschlossener Brücke einen Schwimmer, der gerade ins Wasser springen will. 2012 ist sie eingeweiht worden. Sie sei besonders sparsam in Betrieb und Unterhalt. Dank getrennter Fahrwege für Autos einerseits, Fahrräder und Fussgänger andererseits, bietet sie den Benutzern erhöhte Sicherheit. Auch wir waren vom Anblick beeindruckt und widmen ihr darum hier gleich drei Bilder.

     

Bald danach erreichten wir Blokzijl, wo wir kurz vor dem Städtchen anlegten, fast an der gleichen Stelle, an der wir schon im Juli 2015 (siehe dort) gelegen hatten.

Da es nicht sehr weit war bis ins Zentrum, machten wir uns auf den Weg und fanden an der Schleuse ein gemütliches Plätzchen, wo wir aus nächster Nähe den anderen Schiffern zuschauen konnten. Erneut hat uns das tragische Schicksal der 'Kaatje bij de Sluis' beeindruckt, das wohl jedes fühlende Herz berührt.

 

Das Bild, das wir auch dieses Mal von ihrer kleinen Statue machten, erwies sich als fast deckungsgleich mit jenem, das wir bereits im Juli 2015 veröffentlicht hatten. Darum siehe dort!
Gegen Abend schickten wir noch kurz unsere kleine Drohne auf den Weg, auf dass sie uns ein Bild des hübschen Städtchens heimbringe.

  

Ein Wasserbus, der sich Ecoliner nennt, bringt seine Gäste in einer gemütlichen Fahrt durch ein weites Naturschutzgebiet zunächst nach Sint Jansklooster und alle, die noch weiter wollen, nach Giethorn. Das kleine Schiff hat auch Platz für Fahrräder, was wir als Einladung ansahen.
Die Abfahrt ist schon ganz gemütlich ...

... und die Ankunft könnte romantischer kaum sein.

   Empfangen wird man gekonnt gastfreundlich und es wäre schade, das nicht zu geniessen.

  

Seinen Namen verdankt das kleine Dorf einem Kloster, das 1399 gegründet worden ist. Heute ist aber wichtiger, dass es als eines der Zentren des Weeribben-Wieden Nationalparks gilt, ein kompetentes Infocenter betreibt, Touren organisiert und ...

     

...  von der verwunschen-romantischen Umgebung lebt.

Das ist nicht verwunderlich, handelt es sich hier doch um das grösste Niedermoorgebiet Nordwesteuropas, das unzählige Moor- und Feuchtwiesen, sowie Schilfgebiete, Sumpf- und Bruchwälder umfasst. Ein äusserst vielfältiges Biotop, entsprechend wertvoll und sehenswert.

  

Unsere Weiterfahrt mit dem Schiff unterbrachen wir bereits bei Jonen, am Ende des Giethoornser Meers. Ein Abend mit allen denkbaren Farben bestätigte uns, dass dieser Entscheid goldrichtig war.

Die Aussicht am Morgen danach war nicht weniger beeindruckend: weites und viel Land!

 

Während diesem Aufenthalt konnten wir Tätigkeiten beobachten, die wir eher vergangenen Zeiten zugeordnet hatten. Immer noch wird fleissig an der einen Stelle Land abgebaut, um an einer anderen zugefügt zu werden. Tätigkeiten, die ganz Holland prägten und vielleicht sogar zu seinem Namen verholfen haben: Hol Land! Den ganzen Tag sahen wir beladene Kähne nach Norden und leere Kähne nach Süden fahren.
Und immer noch wird der Rohstoff für Reetdächer, sei es für den Unterhalt der alten oder den, erstaunlich häufigen, Neubau geerntet und abtransportiert. Wohl ziemlich genau so wie seit jeher.

   

Über die Beulaker- und die Belter Wijde ging es am nächsten Tag nach Meppel. Wir waren schon im letzten August (siehe August 2022) in dieser lebensfrohen Stadt und kannten darum die wichtigsten Punkte, die man nicht verpassen darf.
Der allerwichtigste nennt sich aber Glück und von dem hatten wir reichlich, als bei unserer Ankunft im Hafen eine grössere Yacht sich gerade zur Abfahrt bereit machte. Wir warteten ein paar Minuten und machten dann - fast auf den Meter genau - am gleichen Platz fest wie im Jahr zuvor! Erneut erlebten wir eine Stadt, die sich der sprichwörtlichen holländischen Geselligkeit verschrieben hat, wie kaum eine andere. Und einmal mehr waren wir erstaunt, dass sie sich, wie fast alle holländischen Städte, dadurch auszeichnete, dass es am Abend, kaum ist es dunkel geworden, auch gleich vollkommen still wird. Wo sind all die Leute hingekommen, welche die Stadt während des Tages so lebendig gemacht hatten? Wohin, die Fietsen, die so elegant um die Ecken kurvten, wohin die Autos, die in langen Kolonnen warteten, bis sie endlich wieder weiterfahren konnten?
Stille, nichts als Stille! Und die hielt die ganze Nacht durch an.

Der Zufall wollte es, dass - auf einen Monat genau - ein Jahr nachdem wir das letzte Mal hier waren, wiederum ein Steampunk-Treffen angesagt war, das mit vernünftigem Aufwand zu erreichen war. Zu lange hatte Matz auf eine passende Gelegenheit warten müssen und viele Stunden mit Hingabe hinter der Nähmaschine verbracht. Vor einem Jahr (siehe August 2022) war sie - ebenfalls von Meppel aus - nach Henrichenburg in Deutschland gefahren, um dort beim Schiffshebewerk ihre Freunde zu treffen, die auch diesem recht arbeitsintensiven Steckenpferd frönen. Dieses Jahr war die Reise etwas kürzer, fand das Treffen doch in Scheveningen statt. Das Wetter war genau so heiss wie vor einem Jahr, kletterte doch das Thermometer jeden Tag über die 30-Grad Marke.
Da der Reiz solcher Treffen nur von Eingeweihten richtig erlebt werden kann, berichtet Matz hier über ihre Erlebnisse besser selber:

 

Scheveningen kannte ich bis anhin nur als Ort auf der Karte. Dass es dort etwas mehr Menschen haben wird, als wir bis anhin von den gemütlichen holländischen Ferienorten kannten, liess das Infomail des Parkhauses erahnen. Es warnte davor, dass an Wochenenden längere Wartezeiten bei der Zu- und Einfahrt eingeplant werden sollten.
Die Realität übertraf alle Erwartungen! Schon ein Gebäudeblock vor der Parkhauseinfahrt staute sich der Verkehr, und die Schlange an der Einfahrt bewegte sich kaum vorwärts.
Der Blick vom berühmten Pier, mit Riesenrad, Bungee Jumping Station, Zipline Abenteuer und jeder Menge Verpflegungs- und Trinkmöglichkeiten, über den Strand hinweg nach Süden und nach Norden, war ein richtiger Schock. Dazu kamen noch die unzähligen Restaurants und Bars, die sich in zweiter Reihe zwischen Strand und Promenade drängten. Sie lockten mit lauter Live-Musik und noch ausgefalleneren Aktivitäten - trotz mittelmässigem Essen - erfolgreich zahllose Kunden an.
Hier Ferien machen? Nein danke!

  

Der Blick vom Hotelzimmer aus am Abend sorgte doch noch für etwas romantischere Stimmung.

Am nächsten Tag war dann der 'Steampunk Walk Scheveningen 2023' angesagt, welcher mit einem geselligen Brunch in einem der Restaurants an der Promenade begann und mit gemeinsamem Flanieren über ebendiese ausklang.
Wie schon erwähnt, hatte es Petrus nochmals gut gemeint und sorgte mit über 30 Grad Hitze für das wohl letzte richtige Sommerwochenende. Was aber wiederum tausende von Menschen nach Scheveningen lockte ...
Unser Spaziergang löste daher, mehr als sonst üblich, eine Flut von Selfies, Fotos, Videos von und mit Passanten aus, die ihre Überraschung kaum verbergen konnten. Was nicht weiter verwunderte, beschränkte sich doch deren Bekleidung auf Bikini, Badehose und aufblasbare Flamingos oder Einhörner.
Die Gruppenfoto zeigt die 44 TeilnehmerInnen in allen Varianten von Steampunkgewandungen.

     

Der Besitzer des nostalgischen Karussells war begeistert von unserem Erscheinen ('endlich mal passende Gäste') und lud uns spontan zu einer Gratisfahrt ein!

  

Nach fünf Stunden vergnüglichem Zusammensein endete unser Sonntagsausflug und wir verabschiedeten uns von alten und neuen Freunden, im Wissen, dass wir uns bestimmt bei einem anderen Anlass, irgendwo und irgendwann, wieder sehen werden.
Besten Dank an Joop Clavaux, Robert Hurkmans und Gert Jan Geerts für die Fotos!

 

(Zurück in Meppel)
Nachdem wir das Auto dem Vermieter zurückgebracht hatten, kehrten wir durch den Stadtpark zum Schiff zurück. Schon so oft hatten wir das Geschick der Holländer bewundert, ihre Parks so zu gestalten, dass sie dem Besucher ursprüngliche Natur vorgaukeln.

       

Am Tag darauf fuhren wir mit der Mizar nach Südwesten über den Mepperlerdiep aus der Stadt hinaus und drehten etwas später über Backbord in die Hoogeveensche Vaart ein.

Der Sommer war vorbei und wir begegneten nur noch wenigen Schiffen. Bei der Ossesluis machten wir wieder fest und blieben, weil es uns gut gefiel, gleich ein paar Tage da.

Solche Aussichten können einen dazu verleiten!

Erneut passierte uns die AUGUSTA MARIA, die ehemalige Saudade, die zuvor Annette und René gehört hatte, die während Jahren mit ihr auf lange Reisen gingen. Wir hatten das Schiff schon im letzten Juni in Zaandam gesehen (siehe Juni 2023) und haben damals von unseren Erlebnissen mit den ehemaligen Saudade-Besitzern berichtet. Es ist beruhigend zu erleben, dass alte Schiffe immer noch unterwegs sein können und offensichtlich ihren neuen Besitzern weiterhin ebenso viel Freude bereiten wie den ehemaligen. Unabdingbar ist allerdings, dass man den Schiffen immer die notwendige Aufmerksamkeit zukommen lässt.

Und weil wir der Natur inzwischen immer wieder sehr nahe gekommen sind und ab und zu kleine Perlen ihrer Vielfalt bewundern konnten, liessen wir auch diese Kohlweissling-Raupen (Pieris brassicae) gewähren, die sich an unserer Kapuzinerkresse gütlich taten. Man kann sich nicht immer über die schwindende Biodiversität beklagen und dann Raupen bekämpfen, nur weil sie von den Blumen im eigenen Garten fressen. So hofften wir, der Natur ein ganz klein wenig zurückzugeben für das, was wir alle ihr in grossem Umfang jeden Tag nehmen.
Bei den zweifelsohne wichtigen Diskussionen über den Klimawandel geht gelegentlich vergessen, dass wir durch unermüdliche Zerstörung von Lebensraum, rücksichtslosem Versprühen von immer effizienteren Pest- und Herbiziden, sowie allzu grosszügigem Düngemittel-Einsatz, ganz gezielt Milliarden von Klein- und Kleinstlebewesen vernichten. Sie alle sterben einen leisen Tod, der kaum jemandem auffällt. Allerdings werden uns die Konsequenzen ihrer fehlenden Aktivität irgend einmal teuer zu stehen kommen. Biodiversität ist nur der abstrakte Begriff für den endgültigen Verlust von Leben, das viel älter ist als wir und das uns den Weg aufzeigt, den die Evolution gegangen ist, bevor der Homo sapiens die Bühne betreten hat. Dieses Leben ist die natürliche und unverzichtbare Grundlage für das unsere. Die menschliche Zerstörungswut wird uns in naher Zukunft grössere Probleme bereiten, als wir heute zuzugeben bereit sind. Dabei bezeichnet sich der Mensch seit jeher als Spitze der Evolution, erweist sich gleichzeitig aber als unfähig, die Verantwortung zu übernehmen, welche diese Stellung mit sich bringt.

Die Anlegestelle von Echten lockte mit viel Platz, Elektrizität und sogar einem Servicegebäude. Darum haben wir uns kurzfristig entschlossen, die von der Prognose vorhergesagten drei Tage voller Regen und starkem Wind hier zu verbringen.
Über die Hoogeveensche Vaart ging es dann weiter nach ...   ... Hoogeveen.
Während Jahrhunderten diente dieser Wasserweg vor allem dem Transport von Torf, der zuerst gestochen und dann getrocknet werden musste, bevor er mit dem Schiff als wertvolles Heiz- und Feuerungsmaterial in den Westen des Landes gebracht wurde. Torf nannte man damals, nicht ohne Grund, das braune Gold. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlagerte sich dieser Transport allerdings zunehmend auf die Strasse, und der Kanal, der zuvor mitten durch die Stadt verlief, wurde zugeschüttet.
Da es im Passantenhafen gerade noch ausreichend Platz für uns hatte, legten wir dort an.

Im Hintergrund sieht man die Stadt Hoogeveen. Sie hat sich erst ab den 60er Jahren so richtig entwickelt, begünstigt durch die Ansiedlung diverser industrieller Betriebe. Heute hat sie etwa 55'000 Einwohner und bietet alles, was es zum Leben braucht. Was fehlt, ist die ausgesprochene Behaglichkeit, welche die älteren Städte in Holland auszeichnet. Dafür gibt es um die Stadt herum einen grosszügigen Grüngürtel, der viel Raum für verschiedenste Freizeitaktivitäten von Gross und Klein bietet.

Mit dem Velo folgten wir einem etwas längeren Weg, der uns schlussendlich gleichwohl in die Stadt führte. Wir besuchten zunächst die Krakeel-Brücke, die wir schon im Mai 2018 passiert hatten (siehe dort). Es ist wohl die merkwürdigste Brücke in ganz Holland.

   

 

Am Tag darauf meldete sich bei uns ein unbekannter Herr, der sich als Leendert vorstellte, und für unser Schiff echtes Interesse zeigte. Er stellte Fragen, die klar machten, dass er sich in der Sache auskennt. Ein längeres Gespräch ergab dann, dass er sich intensiv mit der Geschichte der Provinz Drenthe auseinandersetzt und selber eine Website betreut, die vielfältige Aspekte dieser Geschichte abbildet. Er war stolz, nur zehn Jahre jünger zu sein als unsere Mizar. Als wir später seine Website besuchten, stiessen wir auf interessante Bilder aus einer Zeit, wo das Wort 'Sportschiffer' wahrscheinlich noch gänzlich unbekannt war, weil der Umgang mit Schiffen damals harte Arbeit bedeutete.
 Das kümmert den Kormoran, der sich neben uns der Sonne erfreute, allerdings wenig.

  

Als wir dann zwei Tage später weiterfuhren, passierten wir nach kurzer Zeit die Krakeel-Brücke und bestaunten sie diesmal vom Wasser aus. Die Brücke soll in ihrem Verlauf von links nach rechts den Übergang vom geordneten städtischen Leben von Hoogeveen zu der bewegten und etwas wilden Natur darstellen. Kunst!

 

Kurz danach bogen wir in die Verlengde Hoogeveensche Vaart ein und passierten die Noordscheschutsluis, die uns wieder einmal ein paar Meter höher hievte.

Danach wurde der Kanal rasch grüner, was heissen will, dass er voll von wucherndem Unkraut ist. Er erinnerte uns zunehmend an besorgniserregende Zustände, wie wir sie auf verschiedenen französischen Wasserwegen vorgefunden hatten. Während der Weiterfahrt waren wir manchmal froh, dass unser Schiff nicht noch länger war. Enge Biegungen des Kanals, zumeist vor oder nach den Schleusen oder Brücken, waren schon so recht anspruchsvoll zu befahren.

Bei der Geesbrug sah dann alles viel gemütlicher aus und wir machten, sorglos wie immer, nach der Brücke für eine Nacht fest. Da erlebten wir zum Glück einen Moment, der uns unter Umständen vor gröberen Problemen bewahrte. Eher beiläufig erwähnte der Schiffer, der vor uns lag, dass ab nächstem Freitag die Kerkbrug in Nieuw-Amsterdam für Reparaturarbeiten den Winter hindurch gesperrt würde und damit der ganze Kanal unpassierbar wäre. An ein Wendemanöver ist auf diesem schmalen Fahrwasser nicht zu denken. Obschon Matz immer zuverlässig alle Veröffentlichungen der zuständigen Wasserbehörden studiert, war sie nie auf diese Einschränkung gestossen. Somit hat uns diese Nachricht vor tiefgreifenden Umstellungen für den Rest dieses Jahres bewahrt.
Unsere Weiterreise duldete ab jetzt keinen weiteren Verzug mehr!

Als wir am Tag darauf zusätzlich erfuhren, dass auch der Haren-Rütenbrock-Kanal ab dem folgenden Wochenende für den Winter gesperrt sein würde, war klar, dass wir auch da noch unbedingt vorher durchfahren mussten.

So sind wir am nächsten Tag zügig weiter gefahren und haben in Nieuw-Amsterdam noch einmal übernachtet.
Sobald die Brücken am Morgen bedient wurden, waren wir aber wieder unterwegs. Weiter auf der Hoogeveenschen Vaart, bis wir, kurz vor Klazienaveen in den Oranjekanaal einbogen. Kaum zwei Kilometer später kamen wir zur Abzweigung in die Veenvaart, die wir schon im Mai 2018 befahren hatten (siehe dort), damals allerdings in der Gegenrichtung.

 

Nach der Spaarsluis, die uns etwa 5m angehoben hatte, fuhren wir auf einem schmalen, romantischen Wasserweg weiter. Bei der zweiteiligen Koppelsluis, deren zwei hintereinander geschalteten Schleusen uns jeweils etwa 3 Meter absenkten, stoppten wir, nach gut drei Stunden Fahrt erneut. Dass wir bei der einen Schleuse erst 5 Meter angehoben wurden, um dann, kaum eine halbe Stunde später, bei der anderen wieder gegen 6 Meter zu verlieren, dünkte uns doch etwas eigenartig. Wir brauchten einen Moment, uns das richtig klar zu machen. Wir sind über einen 'Berg' gefahren.

Weiter ging es auf einem schmalen Kanal, der durch mehrere 90-Grad Kurven ging, die für unser Schiff gelegentlich recht eng waren. Das sind die Überbleibsel der früheren Torfstiche, die immer rechtwinklig zu einander angelegt waren. Aber Matz hat während drei Stunden Fahrt all die engen Stellen mit bemerkenswerter Ruhe passiert, ohne auch nur einmal irgendwo anzustossen. Die Mühen wurden aber mehr als ausgeglichen durch die schönen, oft unerwarteten Ausblicke. Kaum verwunderlich, ist doch die Gegend sehr touristisch und Standort des Freilichtmuseums Veenpark. Kurz danach drehten wir in den Oosterdiep Compascuum Kanaal ein, auf dem wir bis Emmer-Compascuum weiterfuhren. Mitten in der Stadt passierten wir nochmals eine Brücke, die in einer Kurve sehr eng ausgelegt ist und das Feingefühl von Matz erneut ausgiebig testete.

Wir waren erstaunt, dass selbst die Brückenwärter, die unser Schiff begleiteten und die Brücken bedienten, nichts davon wussten, dass der Haren-Rütenbrock-Kanal ab dem 1. Oktober geschlossen sein würde. Erst hier in Emmer erreichte uns die Meldung aus Deutschland, warum dies so sei: die letzte Holländische Brücke sei den ganzen Winter durch geschlossen und darum müsse der Kanal in Deutschland zwingend zugesperrt werden. Wie so oft, jeder sieht das Problem beim anderen, aber ausbaden müssen die Sache Dritte.
Wir verbrachten eine Nacht in Emmer-Compascuum und fuhren dann am nächsten Tag weiter durch den Stads-Compascuumkanaal, wieder begleitet durch einen Brückenwärter, bis wir nach Steuerbord abbogen und durch eine Schleuse in den Haren-Rütenbrock-Kanal gelangten. Schon nach kurzer Zeit passierten wir die Grenze nach Deutschland und erreichten - nachdem wir unterwegs die Mittagspause der Brückenwärter abgewartet hatten - nach einer Reise von sechs Stunden endlich Haren. Dort hatten wir im Hafen des Wassersportvereins Haren einen Liegeplatz reserviert, wo unsere Mizar den Winter verbringen wird, bis wir im Frühling wieder zurückkehren werden.

Damit fand die Fahrsaison 2023 ihr Ende. Eine Saison, bei der fast alle unsere Pläne frühzeitig Makulatur geworden sind, was ständiges Umdenken erforderte. Trotzdem sind wir mit diesem Jahr sehr zufrieden. Wir haben viele schöne Tage an schönen Orten verbracht, nette Leute kennen gelernt und sind ohne den geringsten Unfall davon gekommen.

In den nächsten Wochen werden wir die Mizar für den Winter vorbereiten und dann, gegen Ende Oktober zunächst mal mit dem Zug in die Schweiz fahren.

Im nächsten Jahr werden wir die Schilderung über weitere Reisen mit unserer Mizar an dieser Stelle fortsetzen.

 

Monat September 2023:
- 30h
- 19 Schleusen
- 54 Brücken
- 147 km

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