April 2023 

Am 1. April sind wir von unserem Wohnort im Zürcher Unterland nach Zürich gefahren und haben dort auf dem Hauptbahnhof den Nachtzug nach Amsterdam gesucht. Wir hatten die selbe Reise vor mehreren Jahren schon in beiden Richtungen per Zug gemacht und waren damals richtig begeistert von der Möglichkeit, während der Nacht zu reisen und trotzdem in einem richtigen Bett schlafen zu können. Wir hatten jeweils etwas Feines zum trinken und essen mitgenommen und uns damit in der kleinen Kabine gemütlich eingerichtet. Leider wurde diese bequeme Verbindung von der SBB kurz danach aufgegeben, aber zum Glück einige Jahre später von der Österreichischen(!) Bundesbahn wieder aktiviert.

  

Nach einer entspannten Reise sind wir am nächsten Morgen um zehn Uhr in Amsterdam angekommen. Im Zug waren wir rechtzeitig geweckt worden und bekamen kurz darauf ein valables Frühstück serviert. Mit Zug und Bus ging es dann weiter nach Terherne in Friesland. Dabei mussten wir berücksichtigen, dass am Sonntag auf bestimmten Strecken kein Bus verkehrt und man darum rechtzeitig ein spezielles Taxi bestellen muss, das einen dann zum Bustarif abholt (Belbus/Opstapper). Für jeden, der den öffentlichen Verkehr in der Schweiz kennt, tönt das etwas gewöhnungsbedürftig. Aber es hat funktioniert.

So sind wir planmässig im Jachthafen Nerushoek angekommen, wo wir unsere Mizar vorfanden, der allerdings die Spuren eines langen Winters anzusehen waren.
Wenigstens berichten wir hier ab jetzt wieder von unserem Schiff, ganz gemäss dem Versprechen auf unserer Startseite.

Es brauchte zunächst mal etwas Einsatz, bevor unser Schiff wieder ausgesehen hat, wie wir uns das gewohnt sind.
Später werden wir aber sicher wieder Schleifpaier, Farbtöpfe und Pinsel hervorkramen müssen, das Facelifting abzuschliessen.

  

Trotzdem hatten wir das Gefühl, nach Hause zu kommen und genossen es, in der Nacht nach langer Zeit endlich wieder im eigenen Bett zu schlafen. Während der ersten Tage waren wir, neben putzen und aufräumen, damit beschäftigt, den Kühlschrank in Betrieb zu nehmen und die Vorräte zu ergänzen. Natürlich wollten wir zu Hause auch vernünftig gut leben können. Daneben räumten wir das mitgebrachte Gepäck weg, richteten uns wieder gemütlich ein und waren froh, dass die Heizung anstandslos ihre Aufgabe erfüllte. Die Nächte waren nämlich noch klirrend kalt. Daneben war uns das Wetter noch recht freundlich gesinnt, was uns natürlich vieles einfacher machte. Wir trafen zunächst vorwiegend die paar Unverwüstlichen, die den Winter hier im Hafen verbracht hatten, denn die Touristensaison hatte noch nicht angefangen. Darum waren im Dorf nur wenig Leute unterwegs. Uns war das egal, wir freuten uns auf die kommende Zeit

Und die Aussichten waren gut.

Um unsere Pläne für diesen Sommer etwas konkreter gestalten zu können, haben wir für zwei Tage ein Auto gemietet und sind damit nach Vreeswijk gefahren, die dortige Museumswerft zu besuchen. Im Juli des letzten Jahres (siehe Juli 2022) waren wir schon einmal dort gewesen, damals allerdings mit dem Velo. Wir hatten von diesem Betrieb einen guten Eindruck mitgenommen. Die Werft scheint von Leuten geführt zu werden, die mit alten Schiffen aufgewachsen sind und diese mit Leidenschaft pflegen. Wir wurden auch diesmal freundlich empfangen und auf unsere Fragen bekamen wir ermutigende Antworten. Aus Erfahrung wissen wir allerdings, dass holländische Handwerker gelegentlich Mühe haben, allfällige Probleme zu sehen, wenn sie vor eine Aufgabe gestellt werden. Sie baden lieber im Gefühl, auch Schwieriges mit links meistern zu können. Wir werden also in den nächsten Wochen die auszuführenden Arbeiten etwas genauer definieren müssen, haben aber vorsorglich für Ende August einen Platz auf der Helling reserviert.

Nach unserer Rückkehr aufs Schiff stand gemäss Kalender Ostern vor der Tür. Ein Fest, das bei uns mit festen Ritualen zum Jahresablauf gehört. Ganz zu schweigen davon, dass wir danach während Wochen immer etwas Süsses zum Kaffee haben.

  

Gut zwei Wochen später und nach einem ausführlichen Probelauf des Motors, waren wir bereit für die Abreise. Wir haben uns gebührend von Jacob, dem Besitzer des Hafens, und unseren immer hilfsbereiten Nachbarn verabschiedet. Es hat uns hier gefallen und darum ist es auch gut möglich, dass wir irgendwann in der Zukunft wieder für einen Winter hier festmachen werden.

  

Bei unserer Ausfahrt war das Wetter zunächst schön, jedoch blies eine steife Brise. Diese nahm im Laufe des Tages immer weiter zu, bis der Wind echt ungemütlich wurde. Wir hatten darum nach kurzer Fahrt bei einem der zahlreichen Marrekriten-Liegeplätze festgemacht und uns nach einem erneuten Blick in die Wetterprognosen entschieden, gleich für ein paar Tage zu bleiben. Es gab so wenig Verkehr auf dem Wasser, dass wir uns die Freiheit nahmen, die Begrenzung der Liegedauer auf drei Tage etwas grosszügiger zu interpretieren. Das System der Marrekriten haben wir im Bericht vom September 2022 ausführlich erklärt (siehe dort).

     

Unser Liegeplatz war weit weg von allem, aber ein ausgezeichneter Platz zur Beobachtung der vielfältigen Vogelwelt. Fast alle denkbaren Wasservogelarten waren hier vertreten und während der momentanen Frühligszeit auch sehr beschäftigt. Vögel scheinen den ganzen Tag zu futtern und Kräfte zu sammeln. Aber selbst starke Winde vermochten nicht, sie vom fleissigen Fliegen abzuhalten. Schon lange hatten wir nicht mehr derart viel Zeit damit verbracht, das Treiben dieser Flugkünstler mit dem Feldstecher zu beobachten. Nebst Canada-, Grau- oder Brandgänsen sahen wir verschiedene Mövenarten, Enten, Reiher, Strandläufer, Feldlerchen, Schafstelzen und ...    die Liste liesse sich fast beliebig verlängern.

     

Das Wetter blieb ruppig und lockte verschiedene Wassersportler hinter dem Ofen hervor. Artistische Foilsurfer mit High-Tech-Surfbrettern, die auf ihrer Unterseite mit einem Flügel versehen sind, glitten mit unglaublicher Geschwindigkeit vorbei, scheinbar mühelos einen halben Meter über dem Wasser schwebend. Auf diese Art waren allerdings nur Könner unterwegs, die mit Wind und Wellen offensichtlich keine Mühe hatten. Mietboot-Segler hingegen schienen gelegentlich überfordert und mussten von Feuerwehr oder Polizei geborgen werden, die mit dem Dienstschiff und rotem oder blauem Blinklicht zum Ort des Geschehens angerast kamen.
Wir selber gewöhnten uns an das rasch wechselnde Windgeräusch und liessen uns in der Nacht von den lebhaften Wellen in den Schlaf schaukeln.

In der zweitletzten Woche des Monats hat sich dann das Wetter etwas beruhigt und wir sind nach Sneek weitergefahren. Zwar waren wir schon im letzten Jahr einige Tage in dieser Stadt (siehe September 2022) und wir behielten sie in guter Erinnerung. Darum fiel uns diese Entscheidung leicht.
Das etwas spezielle Anlegen erfolgte mit der ausdrücklichen Genehmigung durch den Hafenmeister.

      

Matz hatte sich in den letzten Wochen entschlossen, über das Monatsende mit einer Freundin aus der Schweiz Berlin zu besuchen. Die einfachste Art, diese Reise einzuplanen, fanden wir mit einer Überfahrt über das IJsselmeer von Stavoren nach Enkhuizen. Von dort wäre dann der Flughafen von Amsterdam auch am frühen Morgen mit einem Taxi einfach zu erreichen.


Darum haben wir einen Aufenthalt von vier Tagen in Sneek eingeplant, bevor wir nach Stavoren weiterfahren würden. Weil sich das Wetter aber erneut von einer recht unfreundlichen Seite zeigte, haben wir unseren Aufenthalt in Sneek um einen weiteren Tag verlängert.

Dabei haben wir ganz verschiedene Beobachtungen gemacht. Der 'Clair de Lune', die gerade vor uns angelegt hatte, waren wir schon vor ein paar Jahren begegnet. Irgendwo in Frankreich war sie, mit sicher 20 Fahrrädern an Bord, unter dem Namen 'Steile Bank' unterwegs gewesen. Ihr Aussehen machte damals deutlich, dass sie eher für Touristen ausgelegt war, denen das Leben in einer Jugendherberge auch zugesagt hätte. Aber diese waren zahlreich, das Schiff meist ausgebucht und alle waren sie mit der Reise zufrieden. Heute ist das Schiff deutlich gepflegter, ist jedoch den Fahrrädern treu geblieben. Eine Gruppe amerikanischer Touristen mit ein paar Kindern auf grosser, geführter Velotour, liess sich von ihrem fahrenden Hotel am jeweiligen Reiseziel in Empfang nehmen und kulinarisch verwöhnen. Auch diese Gäste schienen alle sehr zufrieden zu sein (www.cycletours.com). Ganz anders die 'Prins Willem-Alexander'. Ihre Passagiere sind zumeist auf den Rollstuhl angewiesen und das Schiff ist extra entsprechend ausgebaut worden. Mit weniger, dafür geräumigen Kabinen, die den Bedürfnissen der speziellen Kunden gerecht werden, bietet das 80-Meter-Schiff somit auch Leuten, denen sonst im Leben so mancher Verzicht abverlangt wird, die Möglichkeit, eine Reise auf dem Fluss zu geniessen (www.vakantieschip.nl).

     

   Gleich bei der Wegfahrt begegneten wir noch der 'Carmen', die schon durch ihre Länge von 110 und einer Breite von über 11 Metern beeindruckte. Ihre Kennung auf dem AIS (Automatic Information System) war, milde ausgedrückt, für ein Schiff dieser Grösse etwas verwirrend und so machten wir uns daran, die Sache mit Googles Hilfe zu klären. Wir fanden die Reederei unter www.sijfacruises.nl und sahen, dass die Besitzer Opernliebhaber sein müssen, denn alle ihre Schiffe tragen entsprechende Namen. Die Carmen war offenbar aktuell ohne Gäste unterwegs, wird aber, wie ein weiteres ihrer Schwesternschiffe auch, künftig Flüchtlingen aus der Ukraine eine würdige, jedoch wohl nur vorläufige Bleibe zu bieten.


Die Entscheidung, einen Tag länger zu bleiben, war offensichtlich richtig, denn während unserer Weiterfahrt wurde das Wetter zunehmend besser und wir übernachteten auf dem Weg nach Stavoren erneut zwei Mal an einer Marrekriten-Anlegestelle. Jeweils weit weg von der Zivilisation, erneut umgeben von Wasser, Weiden und Gebüsch, sowie einer vielfältigen Vogelwelt.


Am Koningsdag, der am Geburtstag des amtierenden Königs Willem-Alexander gefeiert wird und dem Nationalfeiertag gleichkommt, sind wir dann quer über das IJsselmeer  nach Enkhuizen gefahren.

  

Zuvor passierten wir die Schleuse von Stavoren, die uns die nur wenigen Zentimeter anhob, damit wir problemlos ins wenig höher liegende IJsselmeer einfahren konnten.

  

Ein paar rote und grüne Bojen bezeichneten anfänglich unseren Weg über das Gewässer, das zwei Mal so gross ist wie der Bodensee und wir waren darum froh, dass auch heute das Wetter sich von seiner guten Seite zeigte. Etwas weniger als drei Stunden dauerte die Überfahrt und wir fühlten uns tatsächlich fast wie auf dem Meer (obschon 'meer' auf Holländisch natürlich nur 'See' meint!)

Wenn man auf der Foto etwas genauer hinschaut, sieht man die in der Realität kaum zu übersehenden Anstrengungen, aus dem ständigen Wind viel Elektrizität zu gewinnen.

Nach knapp drei Stunden Überfahrt liefen wir in den Buitenhaven von Enkhuizen ein. Weil die Stadt heute fast ausschliesslich vom Schiffstourismus lebt und vom täglichen Besuch von grossen Kreuzfahrtschiffen, braucht sie mehrere Häfen. Diese bieten viel Raum für die unterschiedlichen Kategorien von Schiffen. Da wir uns rechtzeitig für eine Woche angemeldet hatten, wurden wir freundlich empfangen und durch die Capitainerie per Funk eingewiesen.

Zwei Tage später musste Matz am frühen Morgen zu ihrer Reise nach Berlin aufbrechen. Weil am Sonntag um diese Zeit keine Züge verkehren, war ein Taxi die einzige praktikable Möglichkeit. Als das Auto sie abholte, war es noch dunkel. Jedoch kaum zwei Stunden später beleuchtete die aufgehende Sonne einen Buitenhafen, der wohl kaum voller sein könnte.

 

Monat April 2023:
- 11h
- 1 Schleuse
- 2 Brücken
- 63 km

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