Februar 2023    

Ende Januar waren wir in Bilbao, der Hauptstadt der Provinz Biskaia (Spanisch: Vikaya) angekommen. Sie ist auch die grösste Stadt der Autonomen Gemeinschaft Baskenland. Ihre Bedeutung gründet im Eisenerzabbau in der Region während des 19. Jahrhunderts und wuchs in dessem letzten Viertel rasant. Mehrere Zeitungen wurden damals gegründet und verbreiteten die neuesten, meist guten Nachrichten. Gleichzeitig wurden alle Häuser an das elektrische Netz angeschlossen und ein Theater, eine Börse und eine Hochschule eröffnet. Die industrielle Revolution brachte Geld und die Pläne der Stadtälteren wuchsen in den Himmel. Am Anfang des 20. Jh schlossen sich die einzelnen Firmen der Eisenindustrie zur Altos Hornos de Viskaya (Hochöfen der Biskaia) zusammen. Die leistungsfähige Firma produzierte Eisen und Stahl für ganz Spanien und exportierte den Rest in das übrige Europa. Die Verhüttung des Eisenerzes benötigte Unmengen englischer Steinkohle, weshalb der Ausbau des Seehafens vorangetrieben werden musste. Dieses Wachstum lockte weitere Schwerindustrie an, was wiederum für reichlich Russ, Lärm und Dreck sorgte. Vor allem das linke Ufer des Flusses, wo das Land flacher ist, wurde zu grauem Industriegebiet. Das ging alles gut, bis in die 1970er Jahre. Dann brach, wegen weltweit fallender Stahlpreise, das zuvor blühende Geschäft zusammen. Zurück blieben Staub und Dreck und eine darbende Bevölkerung. Die während des Erfolgs gewachsene Hoffnung auf eine selbständige Baskenregion, die sogar die Repression durch das Franco-Regime überstanden hatte, erlitt einen starken Dämpfer, lebt aber heute noch, wenn auch auf Sparflamme. Träumen ist ja erlaubt. In den letzten Jahrzehnten ist jedenfalls der Anteil der Bevölkerung, der sich erfolgreich in der komplizierten Baskischen Sprache ausdrücken kann, stetig gewachsen. Als verhaltenen Protest könnte man bezeichnen, dass alle Strassenschilder und Hinweise immer zunächst in der Baskischen Sprache geschrieben sind, zusätzlich aber auch auf Spanisch für jene, die nur diese Sprache verstehen. Oder in Englisch für die Touristen.

  

Nach 1985 wurde durch weitblickende Leute ein Umschwung eingeläutet, der durch mehr Schönheit, Lebensstil und Freude der tristen grauen Umgebung begegnen wollte. In der Zwischenzeit hat diese Entwicklung einen eigenen Namen bekommen: der Bilbao-Effekt. Als erstes wäre die U-Bahn zu nennen, deren Stationen alle von Sir Norman Forster entworfen worden sind und zum alten Stadtbild kontrastieren.

     

Augenfälligstes Beispiel ist aber des Guggenheim-Museum, das vielfältige Kunst nicht nur in seinem Innern anzubieten hat.
In nächster Nähe stehen die Spinnenskulptur Maman von Louise Bougeois oder der Hund Puppy von Jeff Koons.

       

Deutlich sichtbar macht die Brücke Zubizuri von Santiago Calatrava die Verbindung der zuvor so unterschiedlichen Stadtteile auf beiden Seiten des Flusses.

  

Mit der Standseilbahn sind wir dann zum Monte Artxanda gefahren, der Hügelkette, die im Nordosten der Stadt liegt und seit jeher Sonnenterrasse und Aussichtspunkt in einem war. 1915 wurde den Besuchern die Mühe des Hinaufsteigens abgenommen und eine Standseilbahn eröffnet.

  

Diese Aussicht liessen wir uns natürlich nicht entgehen, fuhren hoch und wurden nicht enttäuscht.

Ein guter Arbeitsplatz, nicht allzu anstrengend und trotzdem immer gute Aussichten.

Unmittelbare Gelüste befriedigten wir beim Besuch der Markthalle.

Sie enthält neben den Ständen mit buntem Gemüse, gut abgehangenem Fleisch und vorwurfsvoll blickenden Fischen auch Stände, die reinen Genuss in Form von Pintxos anbieten. Das sind kleine, oft kunstvoll gefertigte Häppchen, die, meist mit einem kleinen Spiesschen versehen, all das Vorgenannte in handlicher Form zum Genuss anbieten.

  

Eine Spezialität des Baskenlandes und vor allem von Bilbao, die man am besten mit einem Schluck Wein geniesst.

Auf der Weiterfahrt, südlich entlang der küstennahen Gebirgskette, kamen wir durch eine wunderschöne Landschaft, die zumeist bewaldet ist, daneben aber auch vielfältigen Bewuchs aufweist. Was wir von der schmalen Bergstrasse aus sahen, das erinnerte uns gelegentlich an den Tessin oder an ein Südbünder Tal. Auf der Karte haben wir gesehen, dass uns dieser Weg bei Gernika (span. Guernica) vorbeiführen wird. Der Name Guernica war uns, wie wohl vielen anderen auch, vor allem durch das berühmte Bild von Pablo Picasso bekannt, das diesen Namen trägt. Nachdem am 26. April 1937 Kampfflugzeuge der Deutschen Legion Condor im Rahmen des spanischen Bürgerkrieges die Stadt mit Brandbomben zerstört hatten, entschied sich Picasso noch im selben Jahr für die Weltausstellung in Paris dieses Mahnmal gegen den Wahnsinn des Krieges zu malen und es dort auszustellen. Wie die aktuelle Weltlage einmal mehr zeigt, hat auch seine Kunst nicht viel bewirkt. Die Stadt selber ist in ihrer heutigen Form kaum etwas besonderes und uns war es nicht um einen Museumsbesuch zumute.  So fuhren wir weiter und nach einer Viertelstunde bogen wir nach links Richtung Norden ab und kamen nach Lekeitio. Das ist eine kleine Fischerstadt, wo ein Sandstrand zum Baden einlädt, der nur einen einzigen, kleinen Mangel hat: er ist nach Norden ausgerichtet und die Terrassen der Häuser, die eine wunderbare Aussicht bieten würden, die liegen ständig im Schatten.

Die gepflegten Häuser aber liessen keinen Zweifel daran, dass man auch hier sehr gut leben kann.

  

    Dass die gute Erfahrung in dieser Gegend kein Zufall war, bewies Donostia/San Sebastián, das wir nach kurzer Weiterfahrt erreichten. Hier breitet sich der Sandstrand sogar mitten in der Stadt aus. Auf der Plaza de la Constitución wurden früher Stierkämpfe ausgetragen, wobei die einzelnen Fensterlogen offenbar zu einem guten Preis an die Zuschauer verkauft wurden. Ihre Nummern sind noch heute sichtbar.

Ihren auffällig modernen Aufbau verdankt die Stadt tragischerweise verschiedenen kriegerischen Perioden zwischen Frankreich und Spanien, in deren Verlauf sie mehrfach niedergebrannt worden war. Königin Isabella II machte dann Frieden und tabula rasa, brach alle Ruinen samt Stadtmauern nieder und errichtete eine gänzlich neue Stadt nach ihren Vorstellungen. Aber erst als die Spanische Königswitwe, Maria Christina von Österreich, die Stadt zu ihrer Residenz erklärte, erlebte San Sebastian ab 1886 einen starken gesellschaftlichen Aufschwung. Später erlagen gar Mata Hari (ihr waren wir schon im September 2015 in Leeuwarden begegnet, siehe dort), Leo Trotzki und Maurice Ravel diesem Ruf und richteten es sich hier gemütlich ein. Darum konnten auch wir nicht nein sagen und bezogen, wenigstens für einen Abend und eine Nacht, die Loge 114 ! (unterste Reihe, 2. von links)

  

 

Auf der Weiterreise entlang der Küste passierten wir die Grenze nach Frankreich beinahe ohne es zu merken und kamen so nach St-Jean-de-Luz. Die eher unscheinbare Stadt besticht durch einen prächtigen Sandstrand und wir konnten uns kaum ausmalen, wie dieser im Sommer aussehen könnte. Sie besitzt aber auch einige strahlende Punkte in ihrer Geschichte, die es verdienen, beachtet zu werden. Da wir auf dem Weg nach Biarritz waren, dort ein paar Tage bleiben wollten und danach in der näheren Umgebung ein weiterer Aufenthalt zum Katzenhüten vorgesehen war, haben wir beschlossen, die Fahrt fortzusetzen. Darum beschränkten wir uns erst einmal auf einen gemütlichen Kaffee. Aber wir würden zurückkehren!

     So kamen wir nach Biarritz. Schon vor einiger Zeit hatte Matz hier bei airbnb für ein paar Tage eine Wohnung gemietet, in der wir uns zuerst mal einrichten wollten. Schon von aussen machte das Haus einen sehr guten Eindruck und die Dame, die hier eine kleine Wohnung besitzt, damit allfälliger Besuch in der sehr lebendigen Stadt überhaupt eine Bleibe finden kann, vermietet diese, wenn sie gerade nicht gebraucht wird. Die Wohnung war klein, aber zweckmässig und gemütlich eingerichtet. Einkaufsmöglichkeiten waren in nächster Nähe und die Sehenswürdigkeiten der Stadt in komfortabler Gehdistanz. Wir wohnten ganz oben links und die Terrasse glänzte in der zweiten Hälfte des Nachmittags in warmem Sonnenschein. Gerade richtig für den Aperitif.

Schon beim flüchtigen Umschauen in der Stadt haben wir festgestellt, dass wir uns hier in gehobenem Niveau bewegen. Prächtige Luxushotels prägen an verschiedenen Stellen das Stadtbild, die Einkaufsgeschäfte spielen in der oberen Liga und die Preise sind entsprechend. Ein grosses Casino ist zentral gelegen und zieht ohne Zweifel in der Saison viele Besucher an. Überall finden sich Hinweise und Tafeln, die daran erinnern, dass in vergangenen Zeiten sämtliche Königs- und Fürstenhäuser hier verkehrt hatten. Sie waren offenbar stets zufrieden, weil sie damit rechnen konnten, dass ihren Ansprüchen jederzeit Genüge getan wurde.
Heute wird das Leben, nebst einer im wahrsten Sinne berauschenden Aussicht - übertönt doch die Brandung während 24 Stunden sämtlichen Lärm der Stadt, sobald man sich nur in die Nähe des Wassers begibt - bestimmt durch das angespannte Warten der Wellen-Surfer auf die Welle ihres Lebens.
So prägt das Meer das Leben in der Stadt sogar zu einer Zeit, in der dem Warmduscher bang wird, beim blossen Gedanken, bei den aktuellen Temperaturen ins Wasser gehen zu müssen. Fast bewundernd, manchmal kopfschüttelnd, haben wir die nimmermüden Surfer bestaunt, die sich auch bei ungemütlichen Bedingungen nicht von ihrem Sport abhalten liessen. Auch die Rettungsschwimmerschule hatte ständig genügend Schüler, die um den nächsten Felsen und zurück schwammen und dann dem Strand entlang zum nächsten Felsvorsprung rannten, sich von dort erneut ins Wasser stürzten, um auf kürzestem Wege an den Start zurückzuschwimmen. Wir nahmen es beschaulicher, machten verschiedene Spaziergänge und bewunderten die Szene aus unterschiedlichsten Winkeln.

       

Aber auch in Biarritz gibt es Gebäude mit faszinierender Geschichte, viel Charakter oder solche, die einfach schön sind.

      

          Eine knappe Woche waren wir in Biarritz geblieben und sind dann weitergefahen nach Saint-Pée-sur-Nivelle, eine ländliche Gegend, die etwa 15 km südlich liegt. Erneut hatten wir über die Website  'trustedhousesitters.com' die Aufgabe übernommen, auf vier Katzen acht zu geben, während die Hausbesitzer in die Ferien fuhren. Eine gute Woche war dafür vorgesehen. Bei einer solchen Gelegenheit trifft man immer wieder auf Leute, die eine etwas andere Sicht auf die Welt haben, denn schlussendlich ist es nicht jedem gegeben, sein Haus und allenfalls seine Haustiere Fremden anzuvertrauen. Obschon sich die Betreiber der Website alle Mühe geben, allfällige Risiken klein zu halten, sind nicht alle Nationalitäten dieser Gelegenhiet gegenüber gleich offen.
Wir kamen in ein geräumiges Haus, etwas abgelegen, aber Dank der erhöhten Lage trotzdem ansprechend situiert. Einen ganzen Tag verbrachten wir zusammen mit dem britischen Ehepaar, um uns mit den lokalen Gegebenheiten vertraut zu machen. Am Abend machten wir aber eine Erfahrung, bei der wir echt froh waren, dass sie sich in Anwesenheit der Familie ereignete. Eine der Katzen, die mindestens während einer Stunde auf einem Sofa geschlafen hatte, während wir daneben echt unterhaltsame Gespräche führten, ging nur kurz nach draussen und  kam schon nach wenigen Minuten etwas aufgeregt zurück. Sie rannte geradewegs ins obere Stockwerk. Weil wir daraufhin ungewöhnliche Geräusche hörten, eilten auch wir nach oben und mussten zusehen, wie das arme Tier nach ein paar krampfartigen Zuckungen plötzlich verstarb. Später diagnostizierte der Tierarzt einen Infarkt.
Wir denken, dass jedermann nachvollziehen kann, wie sehr wir erleichtert waren, dass wir diese Erfahrung gemeinsam mit den Besitzern der Tiere machten.

 

Am 14. Februar feierten wir, wie jedes Jahr, unseren eigenen kleinen Feiertag und machten einen Ausflug nach St-Jean-de-Luz im Golf von Biskaya (Golfe de Cascogne). Vor etwas mehr als einer Woche waren wir bereits hier vorbeigefahren und hatten während des kurzen Besuches uns vorgenommen, bei nächster Gelegenheit zurück zu kommen. Die Stadt ist so etwas wie die französische Hauptstadt des Baskenlandes, dessen weit grösserer Teil bekanntlich in Spanien liegt. Das ist ersichtlich an der typischen Architektur der älteren Häuser, aber auch an der liebevollen Art, wie baskische Details gepflegt und hervorgehoben werden. Sei es bei der Kleidung und in Schaufenstern und - seit einiger Zeit vermehrt - bei der Sprache. Als wäre es Sonntag, waren die Strassen voll und die Tische vor den Restaurants besetzt.

 

Wir gingen an den Strand, der für die kleine Stadt fast zu gross scheint. Während Jahrzehnten hat sie, die schon  im 17. Jh  12'000 Einwohner hatte, gegen das Meer gekämpft, das fast regelmässig in ihre Strassen eingebrochen war und beim Rückzug immer etwas Land mitgenommen hatte. Erst eine ganze Reihe von Wellenbrechern, die Napoleon III angeordnet hatte, brachten ab 1895 die ersehnte Sicherheit. Heute wirkt der Strand riesig, bleibt aber bestimmt nur während des Winters so leer wie bei unserem Besuch.

  

Die Kirche Saint-Jean Baptiste war noch nicht ganz fertig gebaut, als Ludwig XIV, von Beruf Sonnen-König von Frankreich, im Jahr 1660 durch das heute zugemauerte Tor schritt, wo er die Infantin Maria Theresia (von Österreich) heiratete, die älteste Tochter des Spanischen Königs Phillip IV. Damit sollte der seit Jahrhunderten immer wieder auflodernde Krieg zwischen Frankreich und Spanien für immer beigelegt werden. So ging Politik! Die Türe wurde allerdings nicht aus Ehrfurcht zugemauert, wie es die Tafel behauptet, sondern, weil zwanzig Meter weiter links ein weit grösseres Portal gebaut worden war. Im Innern zeigt sich aber, sofern man einen Euro für die Beleuchtung einwirft, eine fast endlose Pracht in schönstem Licht.
   
     

  Stolz sind die Basken ohnehin, aber ganz besonders auf die Geschichte ihres Volkes. Deshalb ziert auch die Baskische Flagge diesen Monatsbeitrag. Hier aber ruft uns die Strassentafel einen Freibeuter Kapitän in Erinnerung, der mit seinem Beruf als 'lizensierter Seeräuber' dem König und der Stadt, aber auch sich selbst, viel Geld eingespielt hat. Jeder Freibeuter besass eine von der Regierung seines Landes ausgestellte Lizenz, die es ihm erlaubte, Schiffe fremder Nationen auf hoher See zu überfallen, deren Ladung zu rauben und nach Möglichkeit die Besatzung gefangen zu nehmen. Diese wurde bei der nächsten Gelegenheit gegen eigene Seeleute eingetauscht, die der andere Staat wegen gleichen Aktivitäten zuvor festgesetzt hatte. Der gewöhnliche Pirat arbeitet auf eigene Rechnung, während der Freibeuter einen Teil seiner Beute der Obrigkeit abzutreten hatte. Im Jahr 1757 waren allein in Saint-Jean-de-Luz 22 Freibeuterschiffe zu Hause, die zusammen 117 Kanonen besassen und 1800 Seeleute beschäftigten. So besserte man damals Steuern auf. Erst hundert Jahre später wurde diesem räuberischen Gewerbe durch einen internationalen Vertrag von offizieller Seite Einhalt geboten.

Für den Heimweg fuhren wir dann nochmals über die spanische Grenze zurück und von dort aus auf kleinen Strassen durch eine abwechslungsreiche Landschaft. Zwischen Bergketten durch enge Schluchten mit rasch fliessenden Bächen. Über sanfte Hügel mit Weideland und kleine, fast Gottverlassene Dörfer. Alles zusammen sauber und bemerkenswert gepflegt. Man könnte hier auch Ferien machen.

Als unsere Zeit in Saint-Pée-sur-Nivelle vorbei war, hatten wir uns von unseren Gastgebern verabschiedet, die in der kurzen Zeit, die wir miteinander verbracht hatten, fast so etwas wie Freunde geworden sind. Wir hatten alle viel gelernt während der Zeit und einmal mehr gesehen, dass das Leben immer wieder unerwartete Wendungen macht und nur jene zufrieden weiterleben können, die bereit sind, diese zu akzeptieren und ohne Groll weiter zu gehen.

Wir hatten auf der Karte gesehen, dass uns der weitere Weg nahe am Wallfahrtsort Lourdes vorbei bringen wird. Also hatten wir uns kurzerhand entschlossen, diesen weltberühmten Ort katholischer Marienverehrung einmal aus der Nähe anzusehen. In einer rund dreistündigen Fahrt über kleine Strassen, die uns wiederum durch weite und ansprechende Gegenden führte, gelangten wir schliesslich zu jenem Ort, an dem 1858 angeblich die Jungfrau Maria, die gemäss dem neuen Testament als Mutter von Jesus verehrt wird, mehrfach einem 14-jährigen Mädchen erschienen sei. Auf Grund dieser Geschichte, die weitgehend dem Zeitgeist entsprochen hatte, ist innert kürzester Zeit ein Wallfahrtsort gewachsen, zu dem jedes Jahr rund 6 Millionen Pilger anreisen.

Lourdes liegt im Département Hautes-Pyrénnées und ist einer der meistbesuchten Wallfahrtsorte auf der Welt. Nach den Angaben von Bernadette Soubirous, welche als einzige die Erscheinungen gesehen hatte, wurde sie dabei angewiesen, an dieser Stelle eine Quelle freizulegen und darüber eine Kirche zu Ehren der Jungfrau Maria bauen zu lassen. Das Anliegen des Mädchens wurde erhört und der Wunsch Marias umgehend erfüllt. Heute stehen drei Kathedralen am Ort der Ereignisse. Eine davon, die erst 1958 eingeweiht worden war, wurde mit beachtlichem Aufwand vollständig unter dem Boden gebaut und bietet Platz für bis zu 25'000 Pesrsonen! Das Wasser der gefassten Quelle gilt als heilbringend und wird von den Besuchern fleissig in Behälter abgefüllt und nach Hause getragen. Für Leute, die es dringender brauchen, stehen vor Ort Heilbäder bereit. So besuchen jährlich rund 60'000 Behinderte und Kranke die Stätte, mit der Hoffnung auf Heilung mit himmlischer Hilfe. Die Zahl jener, deren Hoffnung erfüllt wurde ist unbekannt und wäre auch kaum überprüfbar.

    

Der Wallfahrtsort ist trotzdem ein bedeutender wirtschaftlicher Brennpunkt, bedingt doch die gewaltige Anzahl Besucher eine ganze Industrie mit Gastwirtschaft, Hotellerie und Souvenirhandel.

     

Am nächsten Tag sind wir, erneut an unserer Gewohnheit festhaltend, nach Möglichkeit auf kleinen Strassen zu reisen, in Richtung Castelnaudary weitergefahren. Wiederum führte uns der Weg durch weite, diesmal aber recht hügelige, jedoch äusserst schwach bewohnte Gegenden. Die Reise war abwechslungsreich und wegen der weiten Landschaft so beruhigend, dass sie es fast geschafft hätte, uns mit der aktuell erschreckenden Weltlage zu versöhnen. Denn, während wir uns auf einer spannenden Reise befanden, haben uns trotzdem die verstörenden Nachrichten aus aller Welt erreicht.

In der Nähe von Castelnaudary hatten wir im Winter 2019/2020 (siehe Berichte November 2019 bis März 2020) während fast 5 Monaten in einer ehemaligen Windmühle gewohnt und dabei die Gegend ins Herz geschlossen. Jetzt waren auch Helen und Dave hier, die in diesem Winter auf ihrer Brontë im Hafen von Castelnaudary wohnten (siehe November 2022). Die beiden langen Coronawinter zuvor hatten wir gemeinsam in Strassburg verbracht, wo wir gemeinsam mit anderen Hafenbewohnern ein regelrechtes Schifferdorf gebildet hatten (siehe Winter 2021/22 sowie 2022/23). Genügend Motivation also, hier noch einmal zwei Tage zu bleiben.

Gemeinsam besuchten wir den sehenswerten Markt von Mirepoix, der immer viele Gäste anzieht und wegen der ganz speziellen Kulisse der Stadt besonders zur Geltung kommt (siehe auch Dezember 2019 und Februar 2020). Ein Besuch, der sich wirklich lohnt!

  

Danke Helen für die Bilder!

Anschliessend fuhren wir noch zu der Mühle, die wir im Winter 2019/20 gehütet hatten und nutzten den wunderschönen Tag für einen ausgiebigen Spaziergang in der näheren Umgebung.

Unsere Weiterreise führte uns in die Gegend von Béziers, wo wir eine Nichte besuchten, die seit vielen Jahren in Südfrankreich lebt und uns ihrerseits vor drei Jahren in Castelnaudary besucht hatte.
Noch am selben Abend fuhren wir nach Montpellier, wo wir erneut für einen Abend Halt machten. Am Tag darauf, auf der Weiterreise Richtung Schweiz, ist uns aufgefallen, dass wir während Stunden durch weite Gebiete mit Weinreben fuhren. Entlang der Strasse standen immer wieder Schilder, mit denen auf die hier angebaute Appellation hingewiesen wurde oder auf das Château, das diesen Wein keltert. Gleichzeitig wurde man dazu aufgefordert, im Schloss den Wein zu kosten und natürlich auch zu kaufen. Es muss wohl mit unserem Besuch in Lourdes zusammenhängen, dass wir es irgendwie sympathischer fanden, wenn man hier aus Wasser, das auch hier vom Himmel kommt, guten Wein macht. Und das gelingt zuverlässig ohne jeden Wunderglauben. Dafür erfordert es etwas mehr körperliche Arbeit und solides Fachwissen.
Und ehrlich Geld verdienen kann man damit offensichtlich auch.

Von Montpellier fuhren wir nach Chambéry, wo wir für die letzte Übernachtung in Frankreich ein Hotel mitten in der Stadt fanden. Die Stadt wirkte auf uns, nach all dem Maurischen, das wir in den letzten Monaten bewundert haben, sehr mitteleuropäisch und wir verglichen sie stellenweise gar mit Winterthur oder Bern.

In Genf legten wir einen Halt von zwei Tagen ein, weil Hansruedi hier einen Freund aus seiner Studienzeit an der ETH besuchen wollte. Nach vielen Jahren fanden die beiden bei zwei gemütlichen Essen endlich Zeit, ihre Erlebnisse seit damals auszutauschen und ihre dabei gewonnenen Erfahrungen zu vergleichen. Das geht nicht in fünf Minuten.

Nach einem Winterprogramm, das sehr spontan entstanden war, weil nach der langen Coronazeit eine gründliche Planung und längere Reisen kaum zu machen gewesen wären, kamen wir nach gut vier Monaten zufrieden wieder in die Heimat zurück.

 

 

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