Februar 2022 |
Ähnlich wie der Vormonat, verlief auch der Februar sehr ruhig und
zunächst ohne
ausserordentliche Ereignisse.
Dieser Monats-Beitrag trägt im
Reisetagebuch den Titel 'Bericht 4' und der weist darauf hin,
dass wir schon seit vier Monaten stationär sind. Also nicht wirklich
reisen. Wir warten im Hafen von
Strassburg auf den nächsten Frühling und damit auf die nächste
Reisesaison. Diese Berichte sind entsprechend kurz und wohl auch nicht
besonders aufschlussreich. Denn während des Winters bleiben die Schleusen und
Einrichtungen, welche durch die VNF (Voies Navigables
de France) betrieben werden, für den Freizeitverkehr geschlossen. Für
den Berufsverkehr gelten andere Regeln. Das ist vernünftig, sind doch
die Aufwendungen für Unterhalt und Betrieb dieser Einrichtungen ohnehin
defizitär und daher für viele Regionen kaum tragbar.
Wir hoffen, dass sich unsere Leser mit uns in Geduld üben und sind
zuversichtich, dass wir
ab April wieder ein richtiges Reisetagebuch vorlegen können. Aus
verschiedenen Gründen sind unsere Pläne für die kommende Saison noch
nicht ganz ausgereift, aber wir haben in den letzten Jahren gelernt,
beweglich zu bleiben und uns den sich bietenden Gelegenheiten
anzupassen.
Am Anfang war das Wetter vorwiegend wechselhaft und grau, wurde aber im Verlauf der ersten Tage zunehmend wärmer und freundlicher. Gegen die Monatsmitte erlebten wir gar Temperaturen, welche sich für Spitzenplätze in den Wetterstatistiken qualifizieren könnten. Ab der Monatsmitte näherte sich dann aber, vom nördlichen Atlantik her kommend, eine Kette von sehr aktiven Tiefdruckzonen dem Kontinent und diese brachten hauptsächlich den nördlichen Gegenden Europas sowie der englischen Westküste sehr stürmisches Wetter. Während im Norden von Deutschland gar Todesopfer zu beklagen waren, erlebten wir in Strassburg lediglich einige sehr windige Tage.
Unsere Hoffnungen in Bezug auf die Corona-Lage, wie wir
sie am Ende des
Vormonats geäussert hatten, wurden weitgehend erfüllt. Mitte Februar wurden
in der Schweiz dann auch praktisch alle pandemiebedingten Einschränkungen im
öffentlichen Leben aufgehoben. Die Zertifikatspflicht entfiel und
damit auch, bis auf einige wenige Ausnahmen, vor allem im öffentlichen Verkehr und
im Spitalbereich, auch die Maskentragpflicht. Einzig
die deutsche Regierung bestand weiterhin auf den bisher geltenden Einschränkungen
und verlangte darüberhinaus in allen Ladengeschäften neu eine
FFP2-Maske. Frankreich dagegen gestattete, wie die meisten anderen Länder auch, zumindest
einige Erleichterungen.
Für uns gestaltete sich das Leben damit praktisch wieder normal.
Trotzdem protestierten in Strassburg jedes Wochenende weiterhin Hunderte
lautstark gegen die vermeintliche Diktatur ihrer Regierung. Gelegentlich
empfanden wir gar so etwas wie Mitleid mit den vielen Polizisten, die sich an
allen Ecken in unbequemer Montur für allfällige Auswüchse bereit zu
halten hatten.
Einmal mehr mussten sie sich für jeden solchen Anlass ein freies Wochenende um die Ohren schlagen. Was sich
die Protestierenden dabei dachten, ist kaum nachzuvollziehen, wenn man sich vor Augen
hält, dass in der selben Zeit, nur gut zwei Flugstunden entfernt, ein
ganzes Volk die gewaltsame Übernahme seines Staatgebietes durch eine
wahre Diktatur zu befürchten hatte. Ganz abgesehen von den damit
verbundenen menschlichen Tragödien.
Gespannt verfolgten wir die Meldungen zu der sich drastisch zuspitzenden
politischen Lage. Dabei kamen uns immer
wieder die Erlebnisse während unseres Besuches im Europäischen
Parlament im letzten Monat in den Sinn. Ausser wortreichen
Erklärungen glänzten die Vertreter der Europäischen Union auch
diesmal vor allem durch fast peinliche
Unverbindlichkeit. Aber sie hatten immerhin beschlossen, zu einer gemeinsamen
Sitzung zusammen treten zu wollen, sollte Russland es wagen, einen Angriff auf die
Ukraine starten!
Dann kam der Angriff, der sich schon lange abgezeichnet hatte. Zusammen
mit der ausdrücklichen und ungeheuerlichen Drohung des russischen
Präsidenten, jedes Eingreifen einer fremden Macht mit dem sofortigen
Einsatz seiner härtesten Waffe zu beantworten. Putin besitzt das grösste
Atomwaffenarsenal und er erpresst damit den Rest der Welt für seine
lokal begrenzten, nationalen Interessen. Diese begründet er mit
abstrusen Vorwürfen wie Genozid, Denazifizierung und Demilitarisierung.
Und Putins Truppen griffen die Ukraine an, weit umfassender und
rücksichtsloser als erwartet.
Und die Politiker traten tatsächlich zusammen und beschlossen in einer
langen, nächtlichen Sitzung Sanktionen, die allerdings weit weniger
umfassend waren als zuvor hundertfach angedroht, aber mit viel mehr
Rücksicht auf den eigenen Geldsäckel. Sie werden daher weitgehend
wirkungslos bleiben.
Ob die Politiker sich im Klaren sind, dass ausgerechnet dieser Mangel an
Entschlusskraft während der letzten fünfzehn Jahre geradewegs zu der
Krise geführt hat, die nun uns alle in Atem hält?
Allerdings stimmt uns ebenso nachdenklich, dass auch unser Land sich nur
verbal gegen die klare Verletzung des
Völkerrechts ausspricht, aber sich nicht für eigene, wirksame Sanktionen
gegen diesen eklatanten Bruch des Völkerrechts entschliessen kann.
Der verbrecherische Angriff auf die territoriale Integrität eines
selbständigen Landes ist für uns eine
Bedrohung aus der Distanz, gegen die sich ein Land, das seine bewaffnete Neutralität
ernst nimmt, bedingungslos wehren muss!
Unser Titelbild zeugt, der unerfreulichen Weltlage zum Trotz, von unserer
blühenden Stimmung bereits im Februar und vor allem am Valentinstag. Aus etwas persönlicherem Grund als der
unbestritten erfolgreichen Initiative der vereinigten Blumenhändler des
Kontinents, verbrachten wir an diesem Tag einen schönen Abend im
libanesischen Restaurant 'Au Cèdre' bei einer Mezze am reich gedeckten Tisch.
Natürlich unternahmen wir weiterhin unsere gewohnten Streifzüge in die nähere Umgebung, wenn immer das Wetter uns nach draussen zu locken vermochte. Etwas Bewegung an der frischen Luft musste ja sein, gerade weil der Raum auf dem Schiff ja nicht ausgesprochen grosszügig bemessen ist.
Dabei blieben wir ab und zu in der Stadt, weil diese neben architektonischen Leckerbissen durchaus auch solche ganz anderer Natur zu offerieren hat.
Gelegentlich spazierten wir auch über den Rhein ins deutsche Kehl, wo sich uns immer
wieder neu offenbarte, wie unterschiedlich die beiden Nachbarn im Grunde
noch immer sind. Und dies trotz der beeindruckenden Konstruktionen begabter
Brückenbauer und Heerscharen von Franzosen, die den kurzen Weg nicht
scheuen, um von den deutlich günstigeren Preisen auf der anderen Seite
des Flusses zu profitieren.
Die Mentalitäten unterscheiden sich immer noch gründlich.
Wie bereits im letzten Monat trafen sich die aktuellen Bewohner des Hafens von Strassburg, fast vollständig vereint, erneut zu einem gemeinsamen Nachtessen. Diesmal gingen wir ins Restaurant 'Tamil', das mit seiner indisch-tamilischen Küche auch verwöhnte Gäste zu begeistern vermag. Präsentation und Geschmack der verschiedenen Speisen vermochten spielend, uns für einen Abend auf den indischen Subkontinent zu entführen. Unsere recht international gemischte Gruppe erwies sich dabei auch für kräftig gewürzte Speisen als erstaunlich empfänglich.
Nach dem Essen liessen wir in einer kleineren Gruppe bei einem Bierchen den Abend in der 'Brasserie La Schloss' noch etwas ausklingen, bevor wir dann auf dem weiteren Heimweg in der 'Molly Malone Bar' bei waschechter Pub-Stimmung erneut hängen blieben. Der schon etwas fortgeschrittene Abend bescherte uns dort für einige Zeit angeregte Gespräche in sehr unbeschwerter Atmosphäre.
Am zweitletzten Tag des Monats reisen wir mit dem Zug nach Berlin. Wir wollen uns dort ein paar Tage Zeit nehmen, uns an der Quelle über denkbare Verbesserungen zu orientieren, die künftig unsere Mizar etwas umweltfreundlicher gestalten könnten. Daneben werden wir sicher auch einige Eindrücke aufdatieren, die wir während unseres Aufenthaltes von November 2016 bis März 2017 (siehe dort) in der Hauptstadt Deutschlands gemacht hatten.