März 2021    

Bis wir allerdings tatsächlich in die Schweiz fahren konnten, vergingen noch einige Tage. Wenn das Wetter gut war, gingen wir spazieren oder machten kleinere Ausflüge. Wir mieden dabei möglichst die Stadt und grössere Menschenansammlungen, bevorzugten Orte, wo sich wenig Leute tummelten. Nicht, dass wir jetzt plötzlich übertriebene Ängste entwickelt hätten, aber wir wollten unsere Reise in die Schweiz nicht gefährden und behielten dabei auch die anschliessende Rückreise nach Frankreich im Blick. Eine allfällige Quarantäne in der Heimat wäre für uns kompliziert geworden.

Unbeschwerte Freiheit boten ganz besonders die Réserve naturelle nationale de la Robertsau (siehe Januar 2021) und das daran anschliessende Rheinufer. Da konnten wir ungehindert die Sonne geniessen und beobachten, wie sich die Natur langsam auf den Frühling vorbereitete.

     

Die Situation um die Corona-Pandemie änderte sich in Europa ständig. Während die Aussicht auf eine baldige Besserung der Lage durch die bevorstehenden Impfungen bei vielen Leuten etwas verfrühte Hoffnungen weckte, begannen die Infektionsziffern in fast allen europäischen Staaten wieder zu steigen. Zuvor verbreitete Befürchtungen, dass durch Impfskeptiker die angestrebte Immunisierung der Bevölkerung behindert werden könnte, erwiesen sich als unbegründet. Empörung verursachten vielmehr Impfdrängler, die versuchten, durch ihre Prominenz, politische Stellung oder einfach mit viel Geld, in der Warteschlange schneller voranzukommen.
Das noch viel grössere Problem war allerdings, dass die Impfungen nur sehr schleppend anliefen. Entweder waren die entsprechenden Einrichtungen noch nicht bereit oder die Lieferung der Impfdosen durch die Produzenten verzögerten sich unerwartet. Sogar innerhalb der Europäischen Union begannen einzelne Staaten andere zu verdächtigen, sich durch geheime Absprachen Vorteile verschafft zu haben. Ein Umstand, der klar machte, wie sehr die Nerven blank lagen. Während einzelne Staaten schon bald melden konnten, einen beachtlichen Anteil ihrer Bevölkerung (wenigstens einmal) geimpft zu haben, mussten sich andere mit tiefen einstelligen Prozentzahlen begnügen. Ganz hinten in der Reihe fanden sich erstaunlicherweise Länder wie Deutschland und die Schweiz. Die Erklärungen für diesen Umstand klangen etwas hilflos. Kaum verwunderlich, dass sich daraufhin bei vielen Leuten Unmut breit machte und damit Führungsgremien, die bisher unbestritten waren, etwas von ihrer Autorität einbüssten.
Aus dem Verlauf der Kurven berechneten die Virologen schlechte Prognosen für die Ostertage, was die Regierung in Deutschland veranlasste, ausgerechnet für diese Zeit ihren Leuten Hausarrest zu verordnen. Der Protest liess nicht auf sich warten und verlangte mit Erfolg die Rücknahme des Entscheides. Die genaue Tarierung der Massnahmen bereitete offenbar mehr und mehr Mühe. Deutschland verlangte nach jedem Grenzübertritt eine Quarantäne, die Schweiz nur, falls man aus einem Risikogebiet kam. Frankreich wollte für jede Einreise einen gültigen PCR-Test mit negativem Ergebnis.

Nach ein paar sonnigen Tagen ...

 ... machten wir uns am 14. März auf den Weg in die Schweiz, endlich wieder einmal den anderen Teil unserer Familie zu besuchen.
Die verordnete Beschränkung auf lediglich fünf Personen einer Familie (Kinder waren mitzurechnen!) ritzten wir nur knapp.

Dafür trafen wir uns bei mehreren Gelegenheiten, feierten zwei Geburtstage in kurzem Abstand und holten nach, was in der letzten Zeit etwas gar zu kurz gekommen war.

     

Wenn die Zeit auch etwas knapp bemessen war, durfte doch ein Besuch in Luzern, bei Monika und Hans von der Baba Jaga (siehe Oktober 2020) nicht fehlen. Auf dem Weg dahin verliessen wir bei Rotkreuz die Autobahn und fuhren über Küssnacht nach Luzern. Bei Küssnacht liegt die Hohle Gasse, wo der Schweizerische Nationalheld Willhelm Tell mit seiner Armbrust den tyrannischen Landvogt Gessler erschossen haben soll. Er wird seither als Sinnbild schweizerischer Unabhängigkeit gefeiert und verkörpert den Widerstand gegen scheinbar übermächtige Gegner. Dieser Widerstand war damals offenbar etwas furchtloser als heute. An der Strasse nach Luzern liegt auch die Kapelle, die zu Ehren der Belgischen Königin Astrid errichtet wurde. Sie hatte an dieser Stelle im Jahr 1935 bei einem Autounfall ihr Leben verloren. Weil viele Schweizer von Wegpunkten ihrer Geschichte zwar in der Schule gehört, aber schon seit Jahren nicht mehr daran gedacht haben, wollten wir genau das mit einem kurzen Aufenthalt nachholen. Neben dem geschichtlichen Anlass rechtfertigte fast gleichwertig auch die schöne Aussicht auf den Vierwaldstättersee diesen Halt.

  

 

Unsere Einkäufe und andere unabdingbare Termine erledigten wir während unserem Aufenthalt in Bülach, dem kleinen Städtchen in unserer Region, wo das Leben, wenigstens oberflächlich betrachtet, seinen normalen Weg ging.

  

Dabei war es sinnlos zu versuchen, irgendwo eine Impfung gegen die Covid-Viren zu bekommen. Nach offiziellen Angaben mussten wir dafür noch mindestens zwei Monate warten. Viel mehr beschäftigte uns allerdings die Forderung der französischen Behörden, die für einen Grenzübertritt einen negativen PCR-Test verlangten, der nicht älter als 72 Stunden war. Trotz der verbreiteten Testserien, die der weiteren Ausbreitung des Virus entgegenwirken sollten und überall gratis gemacht werden konnten, mussten wir für unseren Test doch mindestens drei grosse Noten hinblättern. Der Gesundheit zuliebe machten wir das gerne und waren zwar nicht überrascht, aber doch froh, dass das Ergebnis für uns beide günstig ausfiel. Hingegen waren wir fast sicher, dass sich beim Grenzübertritt wahrscheinlich niemand für diesen Test interessieren würde.

Mit bestem Gewissen fuhren wir dann zwei Tage später über die Grenze nach Frankreich zurück und sahen dabei unsere Vorahnung bestätigt. Kein Beamter weit und breit, der unserem Grenzübergang auch nur die geringste Beachtung geschenkt hätte!
Gegen Ende des Monats schienen die Regierungen in fast allen Staaten immer mehr unter Druck zu kommen. In Deutschland wurden die strengen Einschränkungen für die Ostertage zurückgenommen, aber im gleichen Atemzug grössere Teile des Kontinents zu neuem Risikogebiet erklärt. Manch einer wunderte sich allerdings, warum aber ausgrechnet deutsche Ferienflieger zahlreich und ungehindert nach Mallorca abheben durften. Während all dem stiegen die offiziellen Infektionszahlen munter weiter.

Auch in Frankreich wurden die Einschränkungen in dem Masse strenger, in dem die Leute sich dagegen auflehnten. Und das alles auf einem Kontinent, dem es doch - selbst bei einem flüchtigen Blick über die Grenze - ausgesprochen gut geht!
Trotz der restriktiven Massnahmen - Restaurants auch in Aussenbereichen geschlossen, Ausgangssperre ab 18.00 Uhr - wusste sich die Bevölkerung zu helfen. Die Sonne schien, Sitzplätze gab es überall und etwas zu trinken konnte man sich auch leicht besorgen.
Wer wollte da auch zu Hause bleiben.

  

Bei einem unserer Spaziergänge stolperten wir beinahe über ein neu erbautes Nest eines Schwanenpaares. Zwischen Veloweg und Fussgängerpfad, der dem Wasser entlang führt, hat es sich, an sehr exponierter Stelle, aus dem Laub des Vorjahres und etwas dürrem Gras einen Haufen zusammengekratzt und diesen zum Nest erkoren. Da werden die Zwei wohl versuchen, ihre Jungen aufzuziehen. Man kann ihnen dazu nur Glück wünschen, bei so vielen Joggern, Hunden und übermütigen Jugendlichen. Später haben wir dann vernommen, dass der selbe Versuch im letzten Jahr zumindest für ein Junges erfolgreich war.
Nid ufgäh gwünnt!

  

Für uns ging das Leben seinen normalen Gang weiter. Wir trafen unsere Hafennachbarn zum fast schon traditionellen Apero und diskutierten dabei über die Konsequenzen der kürzlich verkündeten Sperrung des Canal de la Marne au Rhin unmittelbar nördlich von Strassburg. Diese war auf Grund von plötzlich aufgetauchten Rissen im Kanal erfolgt. Da es sich um den einzigen Kanal handelte, der für eine Weiterreise nach Norden von hier aus geeignet ist, mussten wir alle unsere Reisepläne umschreiben oder auf später verschieben.


(Foto: Liz, Halve Maen)

Aber was waren schon unsere Sorgen im Vergleich zu jenen, die andere Kanalschiffer während der selben Zeit im Suezkanal erlebten.
Ein Albtraum.

     
(Quelle Internet)

Und so schliesst dieser Monatsbericht genau so wie der letzte:
Sicher ist nichts, unsicher ist alles!

 

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