November 2020 |
Am Sonntag, dem 1. November, traten wir also - Corona bedingt!
- die Rückreise nach Strassburg an. Zuvor hatten wir einige Treffen und Wiedersehen
in der Schweiz kurzfristig absagen müssen. Schade, hatten wir uns doch darauf gefreut. Andere
Termine, so wie etwa jener beim Zahnarzt, bereiteten uns in dieser
Hinsicht weniger Probleme.
Die holen wir dann im nächsten Frühling nach.
Seit dem Freitag
zuvor war bekanntlich in Frankreich als Folge der hohen Infektionszahlen ein erneuter Lockdown
in Kraft. Wir waren darum gespannt, ob wir bei der Einreise auf irgendwelche
Hindernisse stossen würden. Die Grenze war ja ausdrücklich für
Ferienrückkehrer offen gehalten worden, weil die Schulferien in
Frankreich erst an diesem Wochenende zu Ende gingen. Genaue Informationen waren
jedoch nirgends zu bekommen.
Aber alles verlief glatt.
Am Tag darauf erlebten wir in Strassburg den Lockdown in vollem Umfang. Alle Geschäfte, ausgenommen die Lebensmittelläden, blieben geschlossen. Bars und Restaurants durften nicht mehr öffnen oder höchstens Take Away anbieten. Kaum Leute auf der Strasse, wenn auch geringfügig mehr als während der gleichen Situation im letzten Frühling. Maskenpflicht überall. Nur mit einer schriftlichen 'Attestation' im Sack durfte man pro Tag eine Stunde von zu Hause weg, in einem Umkreis von maximal einem Kilometer. Das genügte nicht einmal, um in die Stadt zu gehen.
Aus der Schweiz erreichten uns kurz danach Berichte über Infektionszahlen, die wir uns vor vor ein paar Tagen nicht hätten vorstellen können. Auf die Bevölkerung umgerechnet, waren diese immerhin gut doppelt so hoch wie die aktuellen in Frankreich und entsprachen etwa dem Fünffachen der entsprechenden Zahlen in Deutschland! Dabei hatten wir uns doch während des Sommers noch als Klassenprimus gefühlt und waren stolz darauf, dass unsere Weisen auf den Regierungssesseln alles so gekonnt eingefädelt hatten. Und jetzt wuchsen unsere Zahlen derart schnell, dass man bereits befürchtete, in fünf Tagen könnten die Betten in den Intensivabteilungen der Spitäler knapp werden. Aus Frankreich kam sogar das freundliche Angebot, man würde selbstverständlich schweizerische Patienten in französische Spitäler aufnehmen, sollte das nötig werden. Genau so, wie das schweizerische Spitäler im Frühling mit Patienten aus dem Elsass gemacht haben.
Was war da nur falsch gelaufen beim besten Gesundheitssystem der Welt?
Eigentlich nichts anderes, als dass das Virus nicht im Geringsten daran
denkt, sich an die Regeln zu halten, die all die Epidemiologen und
Virologen aus ihren Kurven ablesen und öffentlichkeitswirksam verkünden.
Die Gelehrten könnten wertvollere Arbeit leisten in ihren Labors. Dort
würden sie gebraucht, denn
das Virus mutiert munter weiter, erfindet sich damit fortwährend neu und
ist so immer wieder für Überraschungen gut. Die Massnahmen, die dann die
Politiker aus den Kurven ableiteten, waren nicht ganz falsch und sicher
gut gemeint. Sie waren aber auch nicht so klug, wie man sie gerne
darstellte. Bis jetzt ist es jedenfalls nicht gelungen, klar zu
zeigen, was die verschiedenen Einschränkungen konkret gebracht haben.
Einige waren auf jeden Fall wirkungslos in Bezug auf die Seuche,
wurden aber trotzdem beibehalten. Weniger als 1% der Leute, die in
Quarantäne mussten, erwiesen sich als Virusträger. Der Rest machte 14
Tage Zwangsferien. Der
wirtschaftliche Schaden wurde in Kauf genommen, damit der eigene Ruf nicht
gefährdet würde.
Da ist guter Rat teuer. Plötzlich schienen Länder erfolgreicher zu sein, die wir zuvor als Krisengebiete betrachtet hatten.
Sie schlossen nun ihrerseits die Grenzen, ausgerechnet für Reisende aus
der Schweiz. Und teuer
würden auch neue Einschränkungen werden, sehr teuer sogar. Deshalb blieben
solche in der Schweiz, verglichen mit jenen in Frankreich
und Deutschland, auch sehr moderat. Den steigenden Zahlen zum Trotz. Die
Kritik aus den umliegenden Ländern kam denn auch prompt. Das Ergebnis
bleibt abzuwarten!
Das
Beste wäre wohl, die Leute würden sich einfach auf den
gesunden Menschenverstand zurück besinnen: grosse Ansammlungen meiden und selber
gründliche Hygienemassnahmen einhalten.
Und den Rest der Natur überlassen, die ohnehin am längeren Hebel sitzt.
Und geduldig auf gute Ergebnisse aus den Labors der mikrobiologischen
Forschung warten.
Unter diesem Eindruck richteten wir uns wiederum gemütlich auf der Mizar ein, im festen Gefühl, dass wir hier gut aufgehoben waren. Der gelegentliche Spaziergang zum Einkaufen wurde zur willkommenen Abwechslung, die hin und wieder gejoggten paar Kilometer zur immer neuen Herausforderung im Kampf gegen die eigene Bequemlichkeit. Highlights waren darum rar. Daher wird dieser Monatsbericht wohl eher kurz sein und sich vorwiegend auf persönliche Empfindlichkeiten und unsere nächste Umgebung beschränken.
Allerdings hatten wir so auch genügend Zeit, die absurden Vorgänge bei den Wahlen in Amerika zu verfolgen, die ausreichend für Unterhaltung sorgten. Wir teilten das tagelange, bange Warten der Wähler auf verlässliche Ergebnisse und erlebten das befreite Aufatmen, als endlich der neue Präsident feststand. Wir hörten die Argumente und die Erklärungen beider Seiten, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Lange konnte der Verlierer das Ergebnis offensichtlich nicht akzeptieren und mit ihm die 70 Millionen Leute, die ihm seine Stimme gegeben hatten. Sie hielten weiterhin unbeirrt an den machtbesessenen Ideen ihres Idols fest und beteten selbst seine unsinnigsten Lügen mantragleich weiter. So wird es für alle ein weiter Weg sein, bis ein erspriessliches Zusammenleben wieder möglich sein wird.
Was war da nur falsch gelaufen bei der grössten Demokratie der Welt?
Und es wird bestimmt noch viel länger dauern, bis der Anspruch der
bislang führenden Weltmacht, anderen Ländern
die wahre Demokratie zu bringen, wieder halbwegs glaubwürdig sein kann. Auch
da wäre viel Arbeit im eigenen Haus angesagt. Der Schaden, den die
gewöhnungsbedürftige Politik der letzten vier Jahre in der Welt angerichtet hat,
wird diese noch lange beschäftigen.
Peter Gut hat das am besten dargestellt.
Im westlichen Teil unseres Hafens waren, abgesehen von den beiden fest
vertäuten grossen Wohnschiffen, nur vier Schiffe ständig bewohnt.
Wie schon im letzten Monat (siehe Oktober 20) trafen wir uns jeden
Freitag zu einer fröhlichen Runde auf dem Ponton. Nachdem die Four Roses
III aus anderen Gründen ihren Platz hatte wechseln müssen und in unsere Nähe gezogen war, konnten wir nun
sogar den erneut strenger gewordenen Coronaregeln gerecht werden. Während zwei
Paare jeweils auf ihrem Schiff verblieben, brachten die beiden anderen ihre
Sitzgelegenheit selber mit. So waren wir mit gebotenem Abstand trotzdem versammelt. Unsere Prognose vom letzten Monat
hat sich leider nur allzu rasch erfüllt: das Wetter wurde gegen Abend spürbar
kühler und wir wechselten darum gerne zu Glühwein als Standardgetränk. Damit
waren wir der Zeit zwar etwas voraus, aber bei der momentanen Pandemiesituation
wird wohl an einen Weihnachtsmarkt in der Stadt nicht zu denken sein.
So ganz ohne feierliche Stimmung und wärmende Gefühle wollten wir die
kommende Zeit jedoch nicht angehen.
Gegen Mitte des Monats machten zwei wichtige Ereignisse
Schlagzeilen. Gleich zwei Pharmafirmen verkündeten durchschlagenden
Erfolg in ihrer Suche nach einer Corona-Impfung. Die Testergebnisse
waren zwar noch nicht offiziell und die Zulassung der Medikamente darum
noch ausstehend. Die Meldungen kamen ausgerechnet zu einer Zeit, in der in
allen umliegenden Ländern die Infektionszahlen rasch anstiegen und die
Behörden zu immer strengeren Massnahmen drängten. Spürbar wurde
auch eine zunehmende Verunsicherung in der Bevölkerung. Den
unterschiedlichen Strategien zum Trotz, schien sich die Krankheit in den
verschiedenen Ländern in etwa gleich auszubreiten. Weil die Mess- und
Zählmethoden immer noch unterschiedlich gehandhabt wurden, liessen sich
die veröffentlichten Zahlen nicht eindeutig einordnen und waren
schwierig zu vergleichen. Immer noch
reflektierten sie in erster Linie die nachgewiesenen Infektionen, deren
Anzahl damit natürlich unaufhaltsam anstieg. Der Verlauf der einzelnen
Krankheitsfälle blieb jedoch weiterhin im Dunkeln. Ständig wechselnde Eingriffe
in sein tägliches Leben liessen den gewöhnlichen Bürger zunehmend ratlos
zurück. Die
Erklärungen der verschiedenen Taskforces und Einsatzstäbe verloren
nach und nach an Überzeugungskraft. Gerade darum kamen die
vielversprechenden Meldungen aus den Pharmaunternehmen genau zur richtigen
Zeit: endlich messbare Ergebnisse aus wissenschaftlicher Forschung.
Jetzt müssen diese ihre Wirkung nur noch beweisen. Bis zu dem Zeitpunkt
boten sie wenigstens eine willkommene Perspektive. Damit wuchs langsam die
Zuversicht, dass sich die Lage in näherer Zukunft tatsächlich zum Besseren
wenden könnte.
So hat der November seinem Namen wieder einmal alle Ehre gemacht: er ist
halt etwas grau und trüb. Doch der nächste Frühling kommt bestimmt.
Diese beruhigende Aussicht erlaubt es, diesen Monatsbericht ein paar Tage früher als üblich abzuschliessen.