September 2017 |
Obschon der Sommer in diesem Jahr seine Ferien offensichtlich irgendwo
sonst auf der Welt verbracht hat, fällt es schwer, sich zu grämen wegen des
vergeblichen Wartens auf wirklich warme Tage. Wir hatten
einfach zu viele gute Erlebnisse in dieser Zeit und darum keinen
Grund zur Klage. Die feuerroten Peperoncini, die während der letzten
Monate ganz still auf unserem Vorschiff gewachsen sind, machten uns vor, wie
es richtig ist. Sie sammelten jedes Bisschen Wärme, legten es
gewinnbringend an und konnten zuletzt ein sehr erfreuliches Ergebnis
präsentieren. Wir können bestätigen: da steht
nicht nur Feuer drauf, da ist auch Feuer drin! Was wir gelernt haben
dabei: man muss nur aus jeder Lage das Beste machen, dann kommt
auch was Rechtes dabei heraus.
Etwas haben wir noch zu Waren nachzutragen, das in der Vorfreude auf
das Kommende beinahe vergessen gegangen wäre. Am Dienstag vor unserer
Abreise sprach Jürgen Eberlein im Rahmen einer Vortragsreihe im 'Haus der Gastes' in Waren.
Er war langjähriger Geschäftsführer (Neudeutsch: CEO!) der
Mecklenburger Metallguss GmbH (MMG)
und berichtete über sein Leben und seine Arbeit vor und nach der Wende. Er erzählte von
seinen Erfahrungen in zwei grundverschiedenen Welten und zeigte uns
damit auch eine ganz andere Seite des Lebens in der Stadt. Eine
persönliche Sicht von innen her. Sein Betrieb stellt
heute Schiffschrauben her und ist so etwa der einzige Industriezweig, der
unabhängig vom Tourismus in der Gegend überlebt hat. Als 'Schiffer'
hatten wir uns angesprochen gefühlt und gemeint, dass wir vielleicht
bei der Gelegenheit ein paar
Fragen zur Schraube unserer Mizar stellen und dabei sicher etwas lernen
könnten. Er schilderte aber in fesselnder
Art die bescheidenen Anfänge der kleinen Metallgiesserei, die als
Familienbetrieb zunächst landwirtschaftliche Werkzeuge hergestellt hatte und
ab der
ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts ihr Geld mit dem Giessen von
Kirchenglocken verdiente. Während der Jahre der DDR waren Kirchenglocken
allerdings
nicht mehr wirklich gefragt und so stellte man auf
die Produktion von Schiffpropellern um. Seine Schilderung der
Arbeitsumstände zu jener Zeit war eine echte Reise zurück in die
Anfänge der Industrialisierung, wo harte Arbeit noch selbstverständlich
war und nicht etwas, worüber
man sich zunächst einmal beklagt. Da die sozialistische Regierung die Bedeutung
moderner Schiffschrauben für den Export rasch erkannt hatte, wurde die
Fabrik zum Vorzeigebetrieb und somit zum Devisenbeschaffer erster Güte.
Darum bekam sie zuverlässig alle notwendigen Mittel gesprochen und konnte
sich rechtzeitig die modernsten Rechner-gesteuerten Metallbearbeitungsmaschinen
aus Japan
beschaffen. Diese wussten auch mit grossen Werkstücken umzugehen und waren zuvor in Europa weitgehend unbekannt. Auf dieser
fortschrittlichen Grundlage und dem konsequenten Weiterausbau nach
der Wende hat der Betrieb es zum Weltmarktführer in der Herstellung von Schiffschrauben gebracht. Er fertigt
die riesigen Propeller für die
grössten und schnellsten Doppelhüllentanker und Containerschiffe der Welt.
Die bronzeglänzenden Dinger haben einen Durchmesser von bis zu 12 m
und bringen gegen 150 Tonnen auf die Waage. Planung und Herstellung
erfolgen nach letztem Stand der Forschung und entsprechen neuester
Technologie. Für ihren Guss werden bis zu
200 Tonnen spezifischer Metalllegierungen verflüssigt. Ein weltweites Vertriebsnetz
gewährleistet fristgerechte Lieferung und fachmännischen Unterhalt
der Produkte, wo immer sie auch benötigt werden. Wer würde einen
derartigen
Betrieb, so weit weg vom Meer und in einer ansonsten sehr strukturarmen Gegend
erwarten? Allein der Transport der fertigen Schrauben auf der Strasse
bis zum Hamburger Hafen bedeutet eine logistische Leistung der
Sonderklasse. Bei der Ausfahrt aus Waren bot sich uns ein letzter Blick zurück auf die Stadt, die uns in den letzten beiden Monaten doch ziemlich ans Herz gewachsen war. Das Leben auf dem Wasser hat ganz verschiedene Facetten. Diese Leute haben für den Antrieb ihres Gefährtes gleich mehrere Arten des Muskelantriebs kombiniert. Wir kehrten zurück auf die Müritz-Havel-Wasserstrasse (MHW), bogen aber bei Priepert in den Grossen Priepertsee und damit in die Obere-Havel-Wasserstrasse (OHW) ab. Die Havel führte uns von dort weiter nach Wesenberg, ... ... von wo es durch den Woblitzsee und den Kammerkanal in den Zierkersee und nach Neustrelitz weiterging. Bereits bei der Einfahrt stachen uns die gekonnt restaurierten, riesigen alten Speicherhäuser ins Auge, die heute neben verschiedenen Gaststätten und Ladengeschäften auch vielen Einwohnern ein attraktives Zuhause bieten. Was den Herzögen von Mecklenburg-Strelitz als Standort für ihre Residenz billig war, soll heute den Einwohnern von Neustrelitz recht sein. Der Grossherzog Adolf Friedrich III liess die Stadt 1733 als Ersatz für seine bisherige Residenz nach seinen spätbarocken Vorstellungen von einer italienischen Idealstadt erbauen. Er hat dann offenbar seinen ganzen Stab und alle, die ihm wohlgesonnen waren, eingeladen, mit ihm an den neuen Wohnort umzuziehen. Das prächtige Schloss mit der imposanten Gartenanlage bildete, zusammen mit der geometrisch angelegten Stadt mit Stadtkirche und Rathaus, eine Einheit, die sowohl dem Grossherzog sowie dem Bürgertum für lange Zeit zu Stolz und Ehre gereichte. Einem angemessenen höfischen Leben stand so nichts mehr im Wege. Das Schloss wurde kurz vor dem Ende des Krieges, in der Nacht vom 29. auf den 30. April 1945, durch ein Feuer stark beschädigt. Heute ist von der alten Herrlichkeit allerdings nicht mehr viel zu sehen. Der Einfachheit halber wurde die 'Renovation' 1949 durch die Russen in Rekordzeit mit etwas Dynamit erledigt. Immerhin zeugen der Garten, die Orangerie, die Hofkirche und das alte Waschhaus noch von vergangener Pracht. Die Stadt selber wirkt heute vornehm und edel, wenn auch eher kühl und distanziert, legt aber immer noch grossen Wert auf Stil und Kultur. Etwas vom alten Ruhm ist dennoch geblieben. Prinzessin Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz heiratete 1761 König Georg III von England und wurde so Königin des Britischen Empires und schenkte der Nation 15 Kinder. Zu ihrem Angedenken wurde eine aus Südafrika stammende Blume nach der Heimat der Prinzessin benannt: Strelitzia reginae. 1822, vier Jahre nach dem Tod der Prinzessin öffnete sich, ein Novum auf deutschem Boden, die erste Blüte dieser wahrlich königlichen Blume in der Neustrelitzer Orangerie. Sie wurde dadurch zur offiziellen Stadtblume von Neustrelitz. Den ersten Tag mit sicherem Wetter benutzten wir für einem Ausflug per Velo nach Serrahn, wo ein letzter Bestand der ursprünglich weit verbreiteten europäischen Buchenwälder als UNESCO-Weltnaturerbe besonderen Schutz geniesst.
Etwas unglücklich für den interessierten Gast ist allerdings, dass
ausser dem Besucherzentrum
und einem kurzen Rundgang auf einem ausgeschilderten Weg, der zwar durchaus
seine Reize hat und darum sehenswert ist, der eigentliche alte
Baumbestand nicht zugänglich ist. Die Weiterfahrt mit dem Velo war aber spannend und erlebnisreich. Die 'hohle Gasse' stiftete uns an zu gängigen Zitaten aus Schillers Wilhelm Tell, wo der Held an einem ähnlichen Ort seinen Tyrannen per Armbrust ins Jenseits beförderte, damit die Freiheit der Schweizer endgültig bestätigend. Der kleine See bot schöne Aussicht während der Rast und der kleine Frosch liess sich durch unsere Neugierde nicht stören.
Eines schönen Tages klopfte ein offensichtlich interessierter Herr an unser Steuerhaus, stellte ein
paar fachkundige Fragen und lud uns dann kurzerhand ein, ihn auf seinem Schiff zu
besuchen, das ganz in der Nähe festgemacht war. Das Schiff war uns zwar schon
vorher aufgefallen, aber wir hatten dabei seine wahren Werte nicht
wirklich erkannt. Am nächsten Tag wurden wir just auf dieses Schiff mit dem
sinnigen Namen 'Es grüβt der Lenz' gebeten, wo wir von der Dame des
Hauses mit Kuchen und Kaffee aufs Herzlichste empfangen wurden. Mit
Brunhilde und Uwe lernten wir so
zwei Menschen kennen, die man nicht so schnell vergisst. Ganz
offensichtlich gehören sie zum Urgestein von Neustrelitz, haben in ihrem
Leben viel
gesehen und erfahren und viel aus dem gemacht, was
sie mitbekommen haben. Die Zeit verging wahrlich wie im Flug und
damit das Gespräch auch nur eine Chance hatte, nicht zu einem allzu abrupten
Ende kommen zu müssen, wurden wir gleich für den nächsten Tag zum
Mittagessen mit Schmorgurken eingeladen. Damit sollten wir auch lokales
Essen kennen lernen.
Nicht geringer war unser Staunen, als wir am nächsten Tag am Hafen
abgeholt und ins Haus unserer Gastgeber geführt wurden. Haus und Garten
sind derart grosszügig, dass es uns als Schweizer fast unglaublich
erschien, dass so etwas in unmittelbarer Nähe zur Stadt überhaupt noch möglich
ist. Wir nehmen an, dass wir etwas sprachlos wirkten und genossen daher
zunächst einfach einmal das Mittagessen, wobei die Schmorgurken, für uns auf ungewohnte
Art zubereitet, mit allem Drum und Dran vorzüglich schmeckten. Das
Erinnerungsfoto musste natürlich vor dem Dixi gemacht werden,
der seit 1959 im Familienbesitz und gleichzeitig Stolz und Spielzeug des Hausherrn
ist. Und darum natürlich auch fleissig gefahren wird.
Nach vier Tagen fuhren wir weiter und ankerten zunächst auf dem winzigen Finowsee,
der so klein ist, dass er auf der Karte nicht erscheint. Dort verdauten wir
in Ruhe zunächst all die Erlebnisse der letzten Tage.
Wie man sieht, hat das Wetter wieder einmal mitgespielt. Der Weg (OHW) führte uns weiter die Havel hinunter durch eine nun herbstliche, aber deshalb nicht minder schöne Landschaft, bis wir bei der Schleuse Regow auf die Dagens 2 stiessen. Nicht ganz unerwartet zwar, denn das AIS hatte ihr Entgegenkommen längst schon angezeigt und das genaue Treffen ist dann telefonisch vereinbart worden. Hintereinander legten wir an und verbrachten den halben Nachmittag mit dem Austausch unserer Erfahrungen in dieser Saison. Schiffergarn in seiner reinsten Form mit Bernadette und Heinz, sowie ihrem Sohn Erich . (Jan 2017 und Feb 2017) Nach kurzer Weiterfahrt übernachteten wir oberhalb der Schleuse Schorfheide, bevor wir am nächsten Morgen, gleich nach dem Passieren der Schleuse, über Backbord in die Templiner Gewässer einbogen. Damit kamen wir erneut durch traumhaft schöne und urtümliche Landschaften, die nichts als Natur pur zu bieten hatten und gerade dadurch Herz und Gemüt beruhigten. Denn das hatten wir wahrlich nötig, weil unsere Reise-Unterlagen, Karten und Tabellen, sowie Angaben aus dem Internet sich durchaus nicht einig waren, ob die Stadt-Schleuse unmittelbar vor unserem Ziel für unser Schiff überhaupt lang genug sei. Wir wollten nämlich nach Templin. In den meisten Quellen war die Länge der Schleuse mit 25 m angegeben. Da das genau der Länge (rein netto!) unseres Schiffes entspricht, aber Drempel (Schwellen) der Schleusen oft in den freien Raum hineinragen, könnte das knapp werden. Wie schon beinahe üblich in Deutschland, konnte auch das WSA, die Aufsichtsbehörde über die Schleusen, am Telefon nicht weiterhelfen. Zu allem Übel verbietet der Templinerkanal, der die letzten Kilometer zur Schleuse führt, wegen seiner geringen Breite jedes Wendemanöver. So weit Rückwärtsfahren unter diesen Umständen wäre mit unserem Schiff ein Albtraum. Nach langen Diskussionen zwischen den beiden Fraktionen mit unterschiedlicher Risikotoleranz innerhalb unserer Besatzung fuhren wir schliesslich doch die Templiner Gewässer hinauf, fest entschlossen in Richtung Templinerkanal. Als dann aber der ansonsten sehr nette Schleusenwärter in der vorgelagerten Schrägwandschleuse Kannenburg nichts Besseres wusste, als schulterzuckend die Bemerkung fallen zu lassen, dass das aber sehr knapp werden könnte, tat das unserer Zuversicht und Stimmung wirklich keinen guten Dienst. Der erste Blick auf die Kirche von Templin, noch etwa einen Kilometer vor der entscheidenden Schleuse. Unmittelbar vor der Einfahrt in die Stadt-Schleuse und dann die erlösende Feststellung: Es reicht! (Bei weitem!!!) Die Stadt Templin ist ein weiteres Kleinod und wird nicht ohne Grund auch Perle der Uckermark genannt. Mit vielen anderen Städten der Gegend teilte sie das Schicksal, dass Feuersbrünste sie regelmässig in Schutt und Asche gelegt hatten. Nach dem letzten grossen Feuer von 1735 wurde die ganze Stadt innerhalb der heute noch vollständig erhaltenen Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert, ungeachtet ihrer abgebrannten Struktur, mit einem regelmässig gerasterten Strassennetz und einem quadratischen Marktplatz neu angelegt. Fachwerkbauten prägen seither das Stadtbild. Der Rundgang der Ringmauer entlang lässt die Wehrhaftigkeit erahnen und zeigt, dass leben schon immer gefährlich war. Etwa 50 Wiekhäuser, nach aussen auskragende Halbtürme, die der Stabilität sowie der Verteidigung dienten, gestatteten Übersicht und Einflussnahme auch auf der Aussenseite der Mauer.
Von den ursprünglichen drei grossen Stadttoren sind heute nur noch zwei
vorhanden. Der Marktplatz mit dem Rathaus nimmt zwei Mal wöchentlich den Markt auf und viele weitere Anlässe während des Jahres. Hier den Töpfermarkt.
Wir hatten im Stadthafen festgemacht. Bug voran, zwischen zwei Dalben,
senkrecht zum Steg. Ein idealer Ort, die Stadt zu erkunden. Viele
Schiffe waren nicht mehr unterwegs und so hatte das Hafenmeisterehepaar
wirklich nicht mehr viel zu tun. Darum hatte die Meisterin genügend
Zeit, äusserst gründlich zu kontrollieren, ob unser Müll auch
tatsächlich korrekt
getrennt sei, hatte aber vielleicht gerade darum vergessen, trotz
bezahlter Kurtaxe, die Kurkarte auszuhändigen. Mit dieser wäre dann der
Museumseintritt etwas günstiger zu haben gewesen. Am folgenden Tag wollten wir den Templinersee und die daran anschliessenden Gewässer erkunden und für ein paar weitere Nächte in der freien Natur ankern. Auf den ersten Kilometern begleitete uns die Togo und unsere Mizar fühlte sich offensichtlich wohl in derart hübscher Gesellschaft. Am Durchgang zum Fährsee, am Templiner Seenkreuz, unter der Eisenbahn und der Strassenbrücke hindurch, wurde es aber noch einmal richtig eng. Aber die in der Karte angegebene Wassertiefe von lediglich 1.10 m ist offensichtlich zu konservativ gemessen. Kurz vorher drehte allerdings die Togo ab und fuhr ihre eigenen Wege. Eigentlich wollten wir auf dem Zaarsee einfach noch ein paar friedliche Tage und sternenklare Nächte verbringen, ganz am Ende der Wasserstrasse, weit abgelegen von allem, in freier Natur. Nichts, als wir und die Welt. Dann hat ganz unvermittelt Matz, die immer wieder Kriminalromane verschlingt in einer Zeit, in der andere Leute kaum die Überschriften einer Tageszeitung durchzubuchstabieren vermögen, festgestellt, dass man hier vollkommen risikolos eine Leiche versorgen könnte ...
Wir sind dann trotzdem noch drei Tage geblieben und haben so die letzten
kalendarischen Sommertage bei schönstem Wetter und in splendid isolation genossen.
Immer noch zu zweit machten wir uns danach langsam auf den Rückweg. Wir
fuhren zurück in die Obere-Havel-Wasserstrasse (OHW) und diese hinunter,
auf dem gleichen Weg also, der uns im Frühling zur Mecklenburger
Seenplatte geführt hatte. Damit verliessen wir nun dieses einmalige
Gebiet, das uns mit seinen vielen kleinen Städtchen und
aussergewöhnlichen Landschaften so oft hat etwas naturschwärmerisch
werden lassen. Wobei die kleinen Städte durchwegs äusserst gepflegt
waren und wie selbstverständlich auf eine Sauberkeit achteten, von der
sich nicht nur die Berliner, sondern insbesondere auch die Zürcher ein
tüchtiges Stück abschneiden sollten. Es würde nicht viel kosten und
allen Bewohnern viel Gutes tun. Die Landschaft beeindruckte durch ihre
Weite und Vielfalt, in welcher neben den Menschen noch so viel Leben
Platz findet, wie wir das bisher in noch keiner besiedelten und
genutzten Gegend je
gesehen haben. Auf unserem Weg bemerkten wir gelegentlich ziehende
Störche, grössere
Schwärme von Gänsen und ein paar Mal gar Kranichzüge in perfekter
Formation. Diese machten sich jeweils durch ihr weithin hörbares Rufen
von Weitem bemerkbar. Eisvögel kreuzten wie
fliegende Smaragde unseren Weg und Schwäne waren damit beschäftigt, ihre diesjährigen
Jungen in die Kunst des Fliegens einzuführen. Immer wieder beobachteten
wir Fischadler, wie sie sich ihr Futter besorgten und Haubentaucher, die
mit unendlicher Geduld ihre Jungen fütterten. Ganz besonders
beeindruckend waren die vielen mächtigen Bäume der verschiedensten
Arten, die überall zu finden waren. Diese haben in ihrem langen Leben
oft richtig gross werden dürfen und haben dabei charaktervolle Formen angenommen.
Und konnten danach in Würde sterben.
Diese Liste unvergesslicher Eindrücke liesse sich noch lange weiterführen. Wir mussten auch von unserer favorisierten Radiostation (Radio NDR MV) Abschied nehmen, bei der wir in den vergangenen Monaten immer öfter Sendungen in Platt-Deutsch bewusst gesucht und gehört haben. Im Laufe der Zeit lernten wir die Sprecher auch immer besser verstehen und im selben Mass wie die Schwierigkeiten abnahmen, stieg die Freude am urtümlichen Dialekt. Noch etwas, was wir vermissen werden. Ruhig und zufrieden fuhren wir nach einem etwa viermonatigen Aufenthalt in dieser für uns völlig neuen Gegend in Richtung Oranienburg, wo man uns kennt und wo wir fast so etwas wie zu Hause sind. Dort hatten wir einen Platz im Stadthafen reserviert, wo wir bis zum Ende des Monats blieben. Für die drei letzten Tage ist Matz in die Schweiz gereist, wo einige administrative Pflichten auf sie warteten. Jeden Nachmittag wiederholte sich das selbe Schauspiel. In Gruppen von jeweils 20 bis 50 Tieren zogen immer wieder Kraniche, laut rufend, hoch am Himmel Richtung Südwesten. Ihr Ruf ist durchdringend und fremd und lässt uns trotzdem den mächtigen Drang bloss ahnen, der die Vögel in die Ferne ziehen lässt.
Am zweitletzten Tag des Monats gab es noch eine Überraschung. Am späten
Nachmittag bog die Baba Jaga (Jun 2017 und Aug 2017) von Monica
und Hans (Chico nicht vergessen!) in
den Hafen ein und legte, vorbildlich platzsparend, im engen Hafenbecken
an. Das Wetter war immer noch schön und sonnig und so genossen wir die
letzten wohlig warmen Minuten bei einem kleinen Bier auf unserer Terrasse.
Das Nachtessen, zu dem der einsame Strohwitwer dann spontan eingeladen
wurde, dauerte in der geheizten Stube der Baba Jaga allerdings
wesentlich länger, bis tief in die Nacht hinein.
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