April 2015 

Im April beginnt in Holland das übliche Tulpenfieber, das zwar mehr die Touristen als die Einheimischen selbst befällt. In dichter Folge steuern deshalb mehr oder weniger schöne Hotelschiffe auf ihrer Tulpen-Tour den berühmten Keukenhof an, wo dann hunderte von Schaulustigen täglich die vergängliche Blütenpracht bewundern. Uns interessierten dabei allerdings eher die schifferischen Belange und so ist es uns aufgefallen, dass es offensichtlich auch professionellen Kapitänen passieren kann, dass sie den Pegelstand falsch interpretieren oder beim Umrechnen des NAP (Normaal Amsterdams Peil) das Vorzeichen verwechseln. Auf jeden Fall hatte es dieser Schiffer hier entweder seiner schnellen Reaktion oder schlicht dem Glück zu verdanken, dass er sein Gefährt noch rechtzeitig hatte stoppen können. Sonst wäre bei der Durchfahrt unter der Brücke, welche die Spaarne bei ihrer Einmündung in den Nordseekanal überspannt, der Frühstücksraum schnell zur offenen Terrasse umgebaut worden. Genau für solche Fälle ist allerdings der rechtsufrige Bogen als Hebebrücke konzipiert worden.

  

Schon im letzten Monat hatten wir über unsere Planung der Büroecke und den genauen Ausbau in unserem Schlafzimmer berichtet. Gegen Mitte dieses Monats nun nahm diese Planung langsam konkrete Gestalt an. Um dem Zimmermann und der Sache wirklich gerecht zu werden, muss hier angefügt werden, dass das Bett hochklappbar sein muss, damit der darunterliegende Hatch, welcher den Zugang zur Bilge gewährleistet, auch erreichbar bleibt. Gleichzeitig dient der Platz unter dem Bett als zusätzlicher Stauraum. Ein Wert, der auf einem Schiff nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

  

Gegen Ende des Berichtsmonats zügelten wir nach und nach unsere Habseligkeiten aus unserem Häuschen im Droompark ins Schiff und trugen ebenso alles, was in dem neben der Mizar liegenden Pizzaboot eingelagert gewesen war, zurück an seinen angestammten Platz. Die Platzverhältnisse waren während der Arbeitszeit manchmal beängstigend, weil gelegentlich bis zu fünf Leute auf dem engen Raum arbeiteten. Dafür waren jetzt aber die Fortschritte täglich sichtbar. Die Bilder sind nach Feierabend entstanden, weil während des Tages niemand Zeit dazu fand.


  

Auch nach sieben Monaten, in denen wir fast täglich vor der Fähre über der Nordseekanal warten mussten, beeindruckten uns immer wieder die verschiedenen Formen von Schiffen, die offensichtlich ihr Leben auf hoher See fristen. Manchmal war es nicht ganz einfach, die wahre Aufgabe der vielfältigen Aufbauten richtig zu erkennen.

Eine trübe Überraschung erlebten wir kurz vor der Abreise zu unserer zwei Mal verschobenen Rückfahrt in die Schweiz. Im Herbst hatten wir in der guten Absicht, möglichem Kondenswasser im Tank vorzubeugen, diesen bis an den Rand vollgefüllt. Zur gründlichen Vorbereitung auf die grosse Fahrt gehört natürlich auch die Wartung des Motors. Dazu liessen wir, in bester Stimmung, etwas Diesel aus dem Sumpf des Tanks ab. So sollten allfällige Sedimente und Wasserverunreinigungen beseitigt werden. Wir machten aber grosse Augen, als uns eine milchige Brühe entgegenkam, die mit braunen 'Schlämpen' durchsetzt war. Die Fachleute in der Umgebung diagnostizierten die Erscheinung sofort als Dieselpest, die nur mit dem sofortigen Entsorgen des Treibstoffes und einer aufwändigen Tankreinigung bekämpft werden könne. Die Dieselpest entsteht durch eine bakterielle Infektion des Diesels, wobei in erster Linie der mit Biodiesel versetzte Treibstoff betroffen ist, welcher offensichtlich von Natur aus etwas mehr Wasser enthält. Die abgestorbenen Organismen und ihre Stoffwechselprodukte sollen dem Motor gar nicht gut bekommen. Mit einem echten Giftcocktail lässt sich die Infektion bekämpfen, womit allerdings der gutgemeinte ökologische Fortschritt, den die Politiker wohl im Sinn hatten, als sie diesen Dieselzusatz europaweit obligatorisch erklärten, weitestgehend wieder wettgemacht wird. Die Landwirtschaftslobby wird's trotzdem freuen.

  

Der umgehend herbei geschaffte Teststreifen, welcher den Bakterienbefall belegen sollte, brauchte, bis der Test aussagekräftig war, einige Tage Entwicklungszeit, während welcher unser teurer Diesel und damit gleichzeitig auch unsere Stimmung wieder wesentlich aufklarten. Wir waren darum zuversichtlich, mit dem 'Drainen' einer grösseren Menge aus dem Tank dem Problem beikommen zu können.

So räumten wir den Rest unseres Hausrates aus der temporären Wohnung, und machten uns mit mit einer Sorge weniger auf die Rückreise in die Schweiz. Der rote SMART (sichtbar im Hintergrund), der uns während der letzten Monate gute Dienste geleistet hatte, musste wieder in seine Heimat zurückgebracht werden.

In der deutschen Stadt Speyer legten wir unseren 'Nightstop' ein und genossen den sonnigen Nachmittag in der belebten Altstadt. Der berühmte Kaiserdom und das Technikmuseum prägen die beinahe mediterrane Stadt am Rhein. Das Museum, das einen ganzen Jumbo-Jet (B747) auf seinem Dach trägt und auch einen echten Buran zeigt (die russische 'Kopie' des amerikanischen Space-Shuttles), ist bei der Einfahrt in die Stadt schlicht nicht zu übersehen. Die Statue eines Jakobs-Pilgers auf dem Weg nach Compostela, der gerade das Stadttor passiert, belegt, dass die Stadt schon vor uns als Durchgangsort für Reisende gedient hatte.

  

Während wir uns an einem kühlen Bier erlabten, belagerte die halbe Bevölkerung abwechselnd eine der vielen Eisdielen. Unmengen von üppigen Eisbechern kühlten den ersten frühlingshaften Sonntagnachmittag. Was die wohl machen, wenn es dann einmal richtig warm wird?

  

Kurz vor dem Auschecken aus dem Hotel am nächsten Morgen, erlebten wir einen kleinen Vorgeschmack, was uns vielleicht im nächsten Jahr in Deutschland erwarten könnte.

Die Ausschilderung von Verboten und Vorschriften ist oft an strenge Formen gebunden, während deren Befolgung im Alltag gelegentlich auch gutwilligen Bürgern schwerfällt.

  

Nach ein paar Tagen in der Schweiz, die dicht angefüllt waren mit Besuchen von Verwandten, Freunden und Bekannten, Behördenterminen und ähnlichem, reisten wir mit der City-Nightline im komfortablen Schlafwagen zurück nach Amsterdam.

  

Auf dem Schiff erwartete uns das schon fast zur Gewohnheit gewordene Bild einer Umzugswohnung. In dieses Chaos werden wir in den nächsten Tagen Ordnung bringen müssen, damit unsere Reise in dieser Saison erneut zu einem angenehmen Erlebnis werden kann.

So ging eine lange Zeit ihrem Ende entgegen, die uns viele Stunden harter Arbeit, manche Tage der Ungewissheit und noch längere Zeiten voller Frust beschert hatte. Trotz allem möchten wir unseren ausgedehnten Aufenthalt in Holland nicht missen.

Wir freuen uns nun aber auf den Lohn, welcher der Mühe folgt!

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