März 2015 

Mit dem Monat März kommt ja ganz offiziell der Frühling. Die Tage werden länger, der Himmel heller und so heiterte sich nach und nach auch unsere zuvor etwas verhangene Stimmung auf.
Wir hatten unsere Baumannschaft wiederholt darauf hingewiesen, dass der endgültige Termin für unsere Abreise mit Riesenschritten näher rückte. Das Frühlingserwachen erinnerte aber natürlich auch sämtliche Holländer daran, dass irgendwo ihr Schiff den Winter durchgeschlafen hatte und nun plötzlich Aufmerksamkeit und Wartungsarbeiten einforderte. Darum erstickte die kleine Firma, die seit Monaten in unserem Schiff arbeitete, unvermittelt in zusätzlichen kleineren Renovationsaufträgen. Während dieser Zeit hatten wir aber zum Glück bereits genügend von den Holländern gelernt, die sich bekanntlich gar nicht gerne hinten anstellen. Wir dirigierten darum mit Nachdruck die notwendigen Anstrengungen auf das richtige Objekt. Und das nicht ganz ohne Erfolg.

     

Am 7. März, einem strahlenden Samstag, unternahmen wir einen erlebnisreichen Ausflug nach Alkmaar. Eine gut halbstündige Autofahrt in nördlicher Richtung brachte uns in dieses typisch holländische Städtchen. Die wärmende Sonne hatte schon vor unserer Ankunft dafür gesorgt, dass wohl fast jeder Einwohner und sicher alle Touristen in einem der unzähligen Strassencafés sassen und das Leben genossen.

Schon das allseitige Bemühen um das beste Plätzchen an der Sonne brachte rege Betriebsamkeit unter die Leute. Als dann gegen Mittag der Kaffee immer mehr  dem Bier Platz machen musste, läutete das verbreitet ein unverhofft fröhliches Frühlingswochenende ein.

  

Wir hatten unseren Smart auf dem Parkplatz beim VAMEX-Gebäude abgestellt und erfreuten uns einmal mehr ob der guten Organisation des öffentlichen Verkehrs. Weil die Innenstädte in Holland im allgemeinen eng gebaut sind und Strassen zumeist Kanälen hatten Vorrang einräumen müssen, werden die Autos mit Vorteil draussen abgestellt. Ein Park and Ride bringt dann die Leute in die Stadt (hier sogar GRATIS!). Was hier wiederum der mit viel Ausdauer gefrönten 'Gezelligheid' zu gute kommt.
Das allein war jedoch nicht der Grund für unseren Ausflug. Wir hatten Grösseres vor. Nach dem Mittagessen fuhren wir darum zurück zu jenem VAMEX-Gebäude, denn das beherbergt die Behörde, welche die holländischen Schifferausweise ausstellt. Da die entsprechenden Prüfungen ausschliesslich in holländischer Sprache abgelegt werden können, hatte Matz während des Winters fleissig geübt, hatte fachliche und sprachliche Begriffe wohlgeordnet zusammengebracht und war nun für die Prüfung bereit.
Wegen seiner etwas weniger ausgeprägten sprachlichen Beweglichkeit und wohl auch als Altersbonus, hatte Hansruedi auf die entsprechenden Anstrengungen verzichtet. Er begnügte sich darum jetzt geduldig mit dem Nervenkitzel des gespannten Wartens.


Das nächste Bild widerspiegelt Freude und das Ergebnis der Prüfung, von dem auch die älteren Semester werden profitieren können, weil dieser Ausweis, im Gegensatz zum schweizerischen, in Deutschland für Schiffe in der Grösse der Mizar anerkannt wird. Damit haben wir einen riesigen Schritt in Richtung des weiteren Verlaufes unserer Wasserreise gemacht, die uns ja zunächst durch Friesland und später nach Deutschland führen soll.

Einmal mehr machten die eher engen Platzverhältnisse in unserem Schiff eine genauere Planung des Ausbaus nötig und wir freuten uns an jedem, auch noch so kleinen, Fortschritt. Hier ging es um den Kleiderschrank und die Büroecke im Schlafzimmer.

  

Für den 20. März war eine partielle Sonnenfinsternis angekündigt. Da wir bereits am 11. August 1999 eine totale Ausgabe des kosmischen Phänomens mit dem Töff in der Gegend von Karlsruhe besucht hatten und  noch heute immer wieder von den packenden Eindrücken von damals schwärmen, haben wir uns natürlich auf dieses neue Erlebnis gefreut. Die Wetterprognose war eigentlich recht gut. Prognosen und Realität stimmen aber bekanntlich nicht immer überein und so bedeckte in den kritischen Stunden eine dicke Hochnebeldecke den Himmel.

Dank zeitgemässen technischen Möglichkeiten verfolgten wir dennoch, bequem von unserem Häuschen aus, die Ereignisse in Zürich, wo von der Waid berichtet wurde, sowie in Longyearbyen (Schweden) ...

  

... wo die Finsternis diesmal total war.

Die Totalität war wiederum beeindruckend, obwohl für uns diesmal die wirklich überraschenden Ingredienzien fehlten: der heranrasende Schatten, die verblüffende Dunkelheit, die abrupt verstummenden Vögel, der plötzlich erlahmende Wind und - natürlich - das persönliche Dabeisein.
Das Erlebnis von damals war trotzdem wieder da!

Wie man sieht, kehrt das Leben (langsam) wieder in unser Schiff zurück.

Die Mizar besitzt eine Besonderheit: ihr Stubenboden ist mit Marmorplatten aus dem Burgund belegt. Diese stehen für 'Natur pur' und sind 'lebendig', haben Erinnerungswert und sind im Sommer angenehm kühl. Bis jetzt haben wir ja fast nur im Sommer auf dem Schiff gelebt. Und sie bilden mit ihrem Gewicht von knapp zwei Tonnen auch einen ganz wesentlichen Teil des Ballastes.
Die Dinger hatten wir im vergangenen Herbst alle schon auf Deck geschafft und nun mussten wir sie während einer kurzen Regenpause wieder hinuntertragen.

  

Weil sie im Freien überwintert hatten und daher noch klitschnass waren, mussten wir die Platten in der warmen Stube einige Male umschichten, bevor wir sie verlegen konnten. Diese Arbeit gehörte nicht ins Pensum des Zimmermanns und so wurde daraus für uns ein echter Kraftakt.

Schon am Abend des ersten Tages waren wir recht 'geknüttelt', was aber gar nichts war im Vergleich zum Muskelkater, der uns am nächsten Morgen beim Aufwachen empfing. Aufstehen und Absitzen waren eine echte Qual, vom Bücken wollen wir lieber nicht reden.
Das beste Mittel dagegen ist altbekannt: weiterarbeiten.

Am Sonntagmittag war dann der Boden wieder verlegt und zwar so, dass in der Mitte drei Reihen leicht entfernt werden können, die damit einen direkten Zugang zur Bilge gestatten. Somit war, wie versprochen, das Schiff bereit für die Arbeit der Baumannschaft am Montagmorgen.

Das Werk hat uns natürlich mit Genugtuung erfüllt und wir begutachteten es darum ausgiebig, wegen den strapazierten Muskeln allerdings bevorzugt in aufgestützter Position.

  

Wer will es uns verübeln, dass wir uns an diesem Abend mit gutem Gewissen ein Ankerbier genehmigten, obwohl wir vorläufig vom Fahren und Ankern nur träumen konnten.

  zurück zur Reisetagebuchseite