Juli 2014 |
Die paar Tage in Gent am Ende des letzten Monats hatten uns fast etwas sesshaft werden lassen.
Immerhin bewegten wir uns mittlerweile in den verschiedenen Strassenbeizen so gut wie
Einheimische und wir hatten sogar einen 'alten' Freund besuchen können
(den Georges, den wir im letzten August auf der Helling in Zelzate kennen
gelernt hatten und der mitten in der Stadt auf seinem Schiff lebt). Die starke Strömung bringt auch einiges wieder den Fluss 'hinauf', das vor nicht allzu langer Zeit hinunter geschwemmt worden war.
Am nächsten Tag fuhren wir zur Schleuse Wintam, durch die
wir in den Zeekanal Brüssel-Schelde einbogen. Vor der
Schleuse von Klein Willebroek mussten wir warten, bis die
Gezeiten die Weiterreise die Rupel hinauf erlaubten, welche
wiederum dem Wechsel von Ebbe und Flut unterworfen ist.
Vielleicht war die prächtige Morgenstimmung dann fast eine Beleidigung für die
noch schlaftrunkenen Augen (oder umgekehrt!). Unterwegs bemerkten wir wieder einmal einen blinden Passagier (woher der auch immer gekommen sein mag), den Matz später an geeigneter Stelle wieder der Natur übergab.
Etwa 15 km später gelangten wir in den Albertkanal und
mit diesem Richtung Osten zur Schleuse Herentals und in
den Kanal Bocholt-Herentals.
Der Wettergott wollte wohl das Seinige beitragen und öffnete pünktlich zur
Ankunft des Zuges, mit dem Theo aus Brüssel angereist war, die Schleusen und liess es von diesem
Moment bis zur Abreise unseres Gastes fast
pausenlos giessen wie aus Kübeln. Es brauchte nur einige Hinweise aus geübter Quelle und ...
... Theo führte das Schiff sicher durch Wind und Regen, unter Brücken und durch
Schleusen, über die Holländische Grenze, durch die
Zuid-Willemsvaart bis ins hübsche Städtchen Weert.
Am
nächsten Morgen bestieg Theo dort den Zug und reiste scheinbar zufrieden über
Amsterdam in die Schweiz zurück. Während den nächsten Tagen fuhren wir weiter durch die Zuid-Willemsvaart nach s'Hertogenbosch und von dort auf der Maas zur Festungsstadt Heusden. Dieses kleine Städtchen, etwas abseits der Maas gelegen, erreichten wir über einen kleinen Seitenarm und fanden Platz in einem komfortablen kleinen Hafen. Die Stadtoberen hatten in den letzten Jahren offensichtlich den touristischen Wert ihrer Heimat erkannt und mit grossem Aufwand die vollständig erhaltene Stadtbefestigung, die drei klassischen Windmühlen, den zentralen Stadthafen und viele Gebäude und Plätze gekonnt saniert. Unverzüglich ist Leben zurückgekehrt in die Stadt, Traditionen werden erneut gepflegt, Kunst- und Gastgewerbe blühten auf. Zahlreiche Besucher aus der ganzen Welt erfreuen sich an der kleinen Perle. Warum hätten wir da zurückstehen sollen? Heusden ist durch die Afgedamde Maas mit der Waal verbunden, einem der Rheinarme, in denen das Wasser des Rheins durch Holland in die Nordsee fliesst. Beim Überqueren dieses riesigen Stroms erfüllte uns das Bewusstsein mit Stolz, das sein Ursprung schliesslich in der kleinen Schweiz liegt. Trotzdem fuhren wir mit Respekt durch den dichten Verkehr von Schiffen aller Grössenordnungen. Nach kurzer Zeit verliessen wir diese Hauptschlagader wieder und bogen gegen Norden in den Merwedekanal ein. Ganz am Anfang führt dieser durch Gorinchem. Erneut landeten wir so in einer lebhaften und ansprechenden Stadt. Auf dem Hauptplatz schlossen wir uns der riesigen Anzahl Leute an, welche ausgiebig die holländischen Sitte des 'Borrel' pflegten. Bei uns würde man sagen: ein Bier mit etwas zum Beissen. Allein, hier wird viel mehr geplaudert dazu. Während unserer Weiterfahrt auf dem Merwedekanal überquerten wir bei Vianen auch die Lek und damit den zweiten grossen Rheinarm. Kurz vor Utrecht gelangten wir so in die Hollandsche Ijssel ...
... welche uns Richtung Westen und so (fast) direkt nach Gouda
führte. Die Stadt Gouda, berühmt durch ihren Käse und reich geworden durch den Handel damit, ist voller Sehenswürdigkeiten. Das Stadthaus, das Käsemuseum, der Museumshafen, die längste Kirche von Holland (123 m) mit unzähligen prächtigen Glasfenstern, grösstenteils aus dem 16. Jahrhundert, war auch die Heimat, des berühmten Erasmus, der unser Monatsmotto geschaffen und es schlussendlich in seinem langen Leben sogar bis nach Basel gebracht hatte, wo er heute noch liegt.
Wenn nur Hansruedi, vor lauter Umeluege nicht vor ein superschnelles
holländisches Fiets (Velo) geraten und von diesem unsanft über der
Haufen gefahren worden wäre. Ein paar Knochen hatten zwar weh getan, aber der
Blutverlust hielt sich in engen Grenzen. Weil die Knochen immer noch schmerzten, fuhren wir (mit dem Fiets) ins nahegelegene Spital, das aber wegen der Sommerferien geschlossen (!) war und so kein Röntgenbild angefertigt werden konnte. Mit dem Taxi fuhren wir darum ins Ziekenhuis (nomen est omen) Rijnland in Leiderdorp, wo ein entsprechendes Bild Anlass zu einem entsprechenden Gipsverband gab.
Von da an wurde das Schifferleben etwas komplizierter und die Aufgaben für
Matz noch etwas vielfältiger. 'Einhandsegeln' meint wohl etwas anderes.
... erst mal ein paar Tage Ferien! Auch Michel 'schoss' bei der Abfahrt noch zwei Bilder, die er uns dann schickte:
Am nächsten Tag fuhren wir das letzte Stück unserer Reise über die
Ringvaart van de Haarlemmemermeerpolder bis Haarlem.
...
und fanden das letzte Plätzchen auf der Spaarne vor der Catharijnebrug. Wieder einmal: Dieser Monat führte uns über die verschiedensten Kanäle, unter unzähligen Brücken durch, vorbei an den unterschiedlichsten Landschaften und in so viele Städte, dass es uns nicht immer gelingen will, sie zweifelsfrei auseinander zu halten. Dies half uns, die teilweise niederschmetternden Eindrücke des letzten Monats etwas hinter uns zu lassen und unseren Blick, gemäss unserem Monatsmotto, eher nach vorne zu richten.
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