März 2014

 Leben und Sterben haben in Bali offensichtlich eine viel komplexere Bedeutung als wir, als doch sehr diesseitsbezogene Westler, uns das gewohnt sind. Beides ist intensiv miteinander verwoben und wird zusammengehalten durch eine verwirrende Götter- und Geisterwelt. Täglich verschiedene kleine Opfergaben für die jenseitige Welt, ausgeprägter Ahnenkult und eine fast unüberschaubare Anzahl von Feiertagen während des Jahres erinnern jeden Balinesen ständig daran, dass er nicht nur das Hier und Jetzt zu beachten hat. Obschon viele von ihnen nicht mit materiellen Gütern verwöhnt sind, werfen sie die Alltagssorgen unbekümmert über Bord.
Ob das wohl der Grund ist, dass wir fast ausnahmslos fröhlichen und freundlichen Menschen begegnet sind?

Natürlich besuchten wir auch die eine oder andere der unzähligen Tempelanlagen, aber wir versuchten schon gar nicht erst, die Bedeutung der fantasievollen und manchmal schrecklichen Fratzen und Figuren zu verstehen.
Beeindruckt verliessen wir aber jeweils die geweihten Orte mit dem Gefühl, dass unsere Geisteswelt im Vergleich dazu eher wie eine Wüste ausschaut.

  

Während der ersten beiden Wochen lebten wir in einem Resort in Tulamben, einem kleinen Ort an der Nordostküste von Bali, der schon seit vielen Jahren von einer stetig wachsenden Tauchindustrie geprägt wird. Anlass zu dieser Entwicklung bot zunächst einmal das Wrack eines Frachtschiffes, das nur wenige Meter vor der Küste liegt und entsprechend leicht zugänglich ist. Im Laufe der Zeit ist es aber von einer fast unüberschaubaren Unterwasserwelt in Besitz genommen worden, so dass es heute einen wahren Tauch-Leckerbissen darstellt, der entsprechend von (zeitweise viel zu) vielen Tauchern besucht wird. Der Umstand, dass wir in der Nebensaison hier waren, erlaubte es uns, dieses Wrack und die zahlreichen anderen Tauchgründe dieser Gegend fast ungestört besuchen und geniessen zu können.

Als Abschluss unseres Winteraufenthaltes in Südostasien enterten wir die Sayang, ein Tauchsafarischiff, das für vierzehn Taucher ausgelegt ist. Wir waren aber bloss sieben! Wir besuchten so auf ebenso komfortable wie romantische Weise verschiedene Tauchorte auf Lembongan und Nusa Penida (zwei Inseln im Südosten von Bali), sowie mehrere Plätze entlang der Ostküste der Hauptinsel.

  

Unser Kapitän hätte wohl ebenso gut eine Rolle in Hollywood übernehmen können für 'The Pirates of the Caribbean'. Mit abgeklärtem Lächeln, eine Zigarette im Mundwinkel, steuerte er sein Schiff ruhig und sicher von einem Ort zum anderen, während die restliche Besatzung stets unsere Tauchausrüstung im Schuss hielt und, fast ebenso wichtig, immer für ausgezeichnetes Essen sorgte. Unser Tauchguide Klaus (in der Mitte) war dafür besorgt, dass wir immer die schönsten Spots fanden, die grössten Fische antrafen und trotzdem dabei die winzigen Kleinode nicht übersahen.

Welches Schifferherz könnte bei einem solchen Anblick ruhig bleiben?

Äusserst dankbar sind wir auch diesmal für verständnisvolle Tauchkameraden, welche unsere Unterwassererlebnisse festhielten und uns die Benutzung ihrer Bilder für diesen Bericht gestatteten. Joachim und Karin Korntreff sind zwei passionierte Tauchfotografen, die mit unendlich viel Geduld und ebenso viel Können unzählige prächtige Bilder schiessen. Wir werden unsere gemeinsame Zeit nicht vergessen.

Zwischen den Mantas sind ihnen auch diese zwei weniger spektakulären Exemplare vor die Linse gekommen.

  

Wir kamen nicht umhin, auch diesmal einen Sonnenuntergang auf dem Schiff festzuhalten ...

... obschon das wahre Ziel unter der Wasseroberfläche lag, was diese Bilder von Joachim sicher jedem verständlich machen!

     

Der Blick auf die Ostküste von Bali, mit dem heiligsten der Berge, dem Vulkan Agung (3142 m) im Hintergrund.

 

Nach jedem Tauchgang brachte uns dieses Beiboot wieder sicher zum Mutterschiff zurück.

Natürlich mussten (und sei es auch nur für unsere Bilder) die Segel gehisst werden. Ein hartes Stück Arbeit für die Besatzung, was aber zeigt, dass die vielbesungene alte Seefahrerromantik nur die Erinnerung an ein sonst sehr hartes Leben ist.

     

Das Ergebnis aber, das darf sich sehen lassen.

  

Nachdem die Gäste ihre Kojen geräumt hatten, ergab sich noch die Möglichkeit zu einem Abschiedsfoto. Die Herzlichkeit, die dabei zum Ausdruck kam, widerspiegelt das fast familiäre Verhältnis mit der Besatzung.

Und wieder einmal stand uns der Zufall Pate! Im Monat März findet, gemäss einem der verschiedenen balinesischen Kalender, jeweils das Neujahrsfest statt. Diesmal fiel es auf den 31. März. Am Vorabend, dem Ogoh-Ogoh, feiern alle Gemeinden mit einem ausgelassenen Fest die Vertreibung all der bösen Geister und den Sieg des Guten über das Böse. Groteske Figuren werden in wildem Tanz durch die Strassen getragen und ganz  am Schluss dem Feuer übergeben. Bereits die Kleinsten nehmen mit viel Begeisterung und Ernsthaftigkeit an diesem Anlass teil.

  

Nachdem wir uns den Anfang der Tänze in Tulamben angesehen hatten, zogen wir weiter nach Culik, der nächsten grösseren Gemeinde. Dort waren die Figuren zahlreicher und offensichtlich von der erwachsenen Bevölkerung getragen.
Allerdings waren wir auf diesem Weg nicht alleine! Gross und Klein waren unterwegs, mit dem, was in dieser Gegend das Transportmittel der Wahl ist: der Motorroller. Kein Grund, nicht auch gleich die ganze Familie damit zu transportieren!

     

Die Fahrt und am Schluss der Fussmarsch (für das Auto war kein Fortkommen mehr), hatten sich aber gelohnt. Ausgelassener hätten die Feiern nicht sein können, die Geister nicht wilder.

     

Der Neujahrstag selber wird Nyepi genannt und ist das genaue Gegenteil des Vortages: während man an diesem den bösen Geistern klar gemacht hatte, dass man sie nicht hier haben will und sie schlussendlich vertrieben und ihre Spuren verbrannt hatte, fällt dem ersten Tag des neuen Jahres eine ganz andere Aufgabe zu:
von morgens um 06.00 Uhr ist während 24 Stunden jeglicher Verkehr und jegliche sichtbare Bewegung in der Öffentlichkeit verboten. Zeitweise wird der Strom abgestellt und sogar der Flughafen bleibt geschlossen. Jeder hat im Hause zu bleiben! Auch die Touristen.
Der Zweck der ganzen Übung:
falls einer der vertriebenen Geister auf die Idee kommen sollte zurückzukehren, soll ihm eine tote und verlassene Insel vorgegaukelt werden, die zu besuchen, sich schon gar nicht lohnt!
Eigentlich logisch.

 

Am letzten Tag des Monats erhielten wir von unseren Freunden Nadia und Rudi von der 'Zofia' dieses Bild der Mizar an ihrem Winterliegeplatz. (Heel hartelijk bedankt!). Beruhigt nehmen wir zur Kenntnis, dass unser Schiff den Winter offensichtlich gut überstanden hat und wir freuen uns, dass wir in etwa zwei Wochen wieder dort sein werden.


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