Oktober 2011

Nach vielen Wochen, während denen wir immer mit strahlend weisser und fast weisser Farbe gepinselt hatten, wechselten wir endlich auf Blau. Im Grunde wollten wir das alte Erscheinungsbild der Mizar beibehalten, darum wurden Ecken, Kanten und die Bollards (Poller) blau bemalt. Die langen Linien mussten meist in recht mühseliger Handarbeit gezogen werden.
Wenn sich jetzt einer fragt, warum von Hand und nicht einfach mit Klebeband abdecken, darüberstreichen und fertig ...
... Erklärung und Beweis folgen weiter unten.

  

Auf dem Quai, gleich neben uns, war ein Monat zuvor eine holländische Skutsje, die kleinere Version einer Tjalk, aufgebockt worden. Der Eigner hatte es offenbar noch nicht verinnerlicht, dass Schiffe immer Langsamkeit und Bedacht verlangen. Auch was die Malerarbeiten angeht!
Er 'schaffte' es, innerhalb von fünf Tagen sein Schiff zu putzen, zu schleifen, eine Schicht Primer und zwei Schichten Toplack aufzutragen. Gleich anschliessend machte er den ersten Versuch, die gelben Streifen zu malen.
Das Gesamtresultat war ernüchternd. Entnervt und frustriert packte er seine Sachen, fuhr nach Hause und wurde seither nicht mehr gesehen!
Die Skutsje sah aus, wie von Kindern angemalt. Die Flächen wolkig, in verschiedenen Rottönen, und erst die Streifen ...

Aber alles von vorne: mehrmals hatte er bei uns angehalten, sich gewundert, dass wir so langsam vorwärts kämen und konnte es fast nicht glauben, dass wir für unsere Malerarbeiten zwei volle Monate eingeplant hatten. Dass es mehrere Schichten Farbe braucht, dass man diese zwischen den einzelnen Anstrichen auch etwas länger trocknen lassen muss und dass der Nachschliff dazwischen nicht fehlen darf, das fand er schon recht aufwendig. Den endgültigen Anstoss zum Abbruch seiner Arbeiten gab dann aber der Versuch, die gelben Streifen, eben zeitsparend, mit Abdeckband abzukleben und die Farbe satt aufzutragen.
Nur leider haben alte, mit vielen sichtbaren Spuren der Zeit versehene Schiffe keine schöne, glatte Oberfläche mehr. Das Klebeband kümmert das nicht so sehr, die Farbe findet dann aber ihren Weg durch Kratzer, Beulen und andere Unebenheiten...

  

Wir quälten uns also tagelang, kniend, auf dem Bauch oder dem Rücken liegend, um unser Schiff herum. Der Aufwand hat sich aber gelohnt. Wenn schon, dann schon richtig!
Jetzt fehlen nur noch zwei Streifen auf der Steuerbordseite, die wir wegen der längsseits liegenden Schiffe nicht malen konnten. Nächsten Frühling werden wir uns für diese Arbeit einen geeigneteren Platz suchen.

  

Manchmal schauten wir etwas neidvoll auf unsere Nachbarn, die sich auf ihrem 'Balkon' räkelten und sich die warmen Sonnenstrahlen auf den Pelz - Entschuldigung! - die Federn brennen liessen.

Den Schlusspunkt hinter die ganze Chrampferei setzte der Antirutschbelag auf den beiden Seitengängen und dem vorderen Teil des Decks. Im nächsten Frühling werden wir in einem Teil des Bugspitzes einen Holzboden wie auf der Terrasse verlegen. Darum mussten wir jetzt nicht die ganze Fläche rutschsicher machen.
Und wir wunderten uns, dass das ganz helle und neutrale Grau (damit man sich im Sommer die Füsse nicht verbrennt) neben den blauen Streifen deutlich hellblau wirkt!

  

Nach fast genau zwei Monaten war das Werk vollbracht!

Wir hatten unglaubliches Glück mit dem Wetter gehabt!
Ein selten schöner Herbst, sonnig und warm, manchmal sogar heiss. Zwei Stunden nach dem Auftrag der letzten Schicht Antirutschfarbe kam der angesagte Wetterumbruch und es begann zu regnen !

Ausgerechnet während der darauf folgenden kalten und regnerischen Tage war der lange zuvor geplante Besuch von Andrea und Florian fällig. Wie hätten wir uns für sie besseres Wetter gewünscht! Trotzdem machten wir ein paar kurze Ausflüge: nach St.Symphorien, unserem alten Liegeplatz, und zur alten Schleuse von St.Jean, die heute lediglich noch als Liegeplatz für grössere Schiffe dient. Natürlich gab es auch viel Interessantes hier im Werfthafen zu sehen!

     

      

Und Dijon war auch noch eine Reise wert!

Mitte Oktober war dann der Sommer endgültig und eindrücklich fertig. Innerhalb weniger Tage tauchten die Temperaturen auf unter 15 Grad und jeden Morgen kämpfte die Sonne mit dem Nebel der Saône. Manchmal gewann sie erst gegen Mittag. Die Zeit der Zentralheizung und des Cocoonings (Neudeutsch für: mit Pulli, dicken Socken und etwas zum Lesen auf dem Sofa einkuscheln) war angebrochen. Am Nachmittag stand dann ein Spaziergang an der wärmenden Sonne auf dem Programm.

Schon lange gab es hier keine Bilder mehr von gutem Essen auf der Mizar... *grins* Wir trotzen der Kälte mit Genuss!

Dank einem froh-bunten Blumenstrauss und einem gluschtig machenden Heftli skizzierten wir dann die Routen-Möglichkeiten der nächsten Jahre...

  

Happy Halloween!

 

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