Januar 2011 |
Es war uns klar gewesen, dass nach Broome die langen Strassenstrecken beginnen würden. Durch die unvorhergesehene Inlandroute hatten wir ja schon etwas Erfahrung damit. Abwechselnd fuhren wir je eine Stunde, dazwischen machten wir eine kurze Pause und haben etwas getrunken. Damit wir dabei, auch ohne grossen Kühlschrank, ein kaltes Getränk geniessen konnten, hatten wir auf dem Campingplatz über Nacht jeweils zwei 3 Liter Wasserfruchtsaftflaschen eingefroren. Diese hielten sich dann (in Decke und Kissen gebettet) bis am Abend kalt! Ebenfalls versuchten wir, schon vor 7 Uhr morgens abzufahren und damit die kühleren Morgenstunden zu nutzen. Trotzdem machten die Kilometerangaben auf den Strassenschildern Eindruck! Zum guten Glück waren die Regenfälle (noch) nicht bis hier vorgedrungen und somit alle Abschnitte offen. Ach ja, auch i-bay fanden wir hier... Da es hier kaum Bäume gab, die grösser als Sträucher waren, mussten wir neue interessante Objekte suchen. Und da waren sie, zu zig-Tausenden: die Termitenhügel. Je nach Gegend änderten sie Farbe und vor allem auch die Form! Sie wechselten von dunkelbraun zur rot oder ockerfarben und es gab Regionen mit spitzigen, dann wieder kugelförmigen Bauten und dann gab es solche, die aussahen, als wären sie aus gestapelten Teigfladen zusammengesetzt. Oftmals hatten wir, da wir nicht in der Hauptsaison reisten, die Campingplätze für uns allein. So auch die parkähnliche riesige Anlage in Fitzroy Crossing. Hier 'klebten' an einigen Stämmen ausserirdisch anmutende Tiere, die sich bei näherem Hinsehen als leere Häute von Zikadenlarven herausstellten. Die daraus geschlüpften Zikaden sorgten dann am Tag und fast die ganze Nacht für eine fast nervtötende Lärmkulisse, die bestimmt jedem Australienreisenden unvergesslich bleibt. Die schön gefärbte Krachmacherin bleibt dabei fast unsichtbar. Obschon sie etwa 5 cm gross ist, muss man gut suchen, will man eine davon entdecken.
Aber dann haben wir doch noch riesige Bäume gefunden! Affenbrotbäume, hier Boab statt Baobab
(wie in Afrika) genannt, deren Stämme über 10 m Umfang erreichen
können. Ein hohles Prachtsexemplar diente angeblich um 1900 gar als
Gefängnis!
Leider sind die Strassen oft tödliche Fallen für Tiere, die sie überqueren wollen.
Sie erreichen dann die andere Seite nicht mehr. Tote Kängurus,
erschlagene Vögel und zermalmte Echsen aller Art sieht man allenthalben.
Wir haben es bis heute geschafft, keines dieser Tiere zu 'erwischen'. Mit
etwas Rücksicht, angepasstem Tempo und überlegter Spurwahl, oder
gelegentlich gar
gezieltem Hupen,
kann manches Unglück vermieden werden. Leider sehen das die Aussies nicht
immer ganz so... Bei einem Kaffeestopp auf dem Rastplatz des Ngumban Cliffs haben uns diese rotbraunen Felsplateaus mitten in der sattgrünen Ebene gefallen. Da wir während der Wet Season unterwegs waren (Dezember - März) erstreckten sich endlose Grasflächen bis an den Horizont. Allerdings waren gerade diese Regenfälle auch der Grund, dass viele ungeteerte Strassen mit den Fluten weggeschwemmt wurden und wir darum immer wieder vor geschlossenen Zufahrtsgattern standen. Schade! Auch auf dem regulären Highway befinden sich sogenannte 'Floodways', markierte Stellen, bei denen die Wassermassen jeweils über die Strasse fliessen. Dort stehen 'Floodindicators', die anzeigen, mit wie viel Wassertiefe gerechnet werden muss. Das gewöhnlich tiefblaue Swimming Hole 'the Grotto' war durch die mitgeschwemmte Erde zwar etwas milchig, aber es war trotzdem eine tiptoppe Erfrischung. Eine Viertelstunde später fuhren wir wieder in einen tropischen Gewitterregen. Es goss derart heftig, dass die Meldungen über Fluthöchststände von bis zu 20m über Normalpegel überhaupt nicht erstaunen! Und dieses Jahr erlebte Australien Überschwemmungen wie schon seit 40 Jahren nicht mehr! Daher stehen auch beim Victoria River alle Bäume am Ufer knietief in den braunen Fluten. Gotisch anmutende Termitenbauten und als Grössenvergleich Hansruedi neben einem solchen Megabau. Eine ausgefallene Form des Bauens beherrschen die 'Magnetic Termites'. Ihre Bauten sind im Querschnitt nicht rund, sondern, ähnlich wie Grabsteine, flach und breit und zumeist Nord-Süd ausgerichtet. Glaubte man früher, die Termiten hätten einen magnetischen Sinn, weiss man heute, dass die Tiere so einfach die Strahlungswärme am frühen Morgen und am Abend nutzen, während sie die Gluthitze des Mittags zu mildern versuchen. Damit erklärt sich die Nord-Süd-Ausrichtung! Auf dem Weg nach Darwin entschieden wir uns, nicht den touristisch überlaufenen Kakadu Nationalpark, sondern den kleineren Litchfieldpark zu besuchen. Diese Entscheidung war genau richtig! Die Florence Falls waren fast menschenleer, während die grosse Wassermenge und die entsprechende Strömung für ein echtes Schwimmerlebnis sorgten. Leider sorgten die selben Wassermassen bei den weiter unten liegenden Wangi- und später auch bei den Edith-Falls für Überflutungen, weshalb die Becken für das Baden gesperrt worden sind. Bei diesem Wasserstand könnten sich 'Salties', die grossen Salzwasserkrokodile, unbemerkt einschleichen. Im Gegensatz zu den 'Freshies', den Süsswasserkrokodilen, sind sie aggressiver und sehen badende Menschen als willkommene Happen an. Mist! Darwin empfing uns nicht sehr freundlich. Innerhalb einer halben Stunde nach unserer Ankunft hatten wir (vor dem Visitor Centre) eine Parkbusse kassiert! Aber auch sonst waren wir von dieser Stadt, die für die Touristen im Wesentlichen aus zwei Strassenzügen mit Restaurants, Bars und Souvenirläden besteht, nicht sehr begeistert. Am zweiten Tag schon entschieden wir uns weiterzufahren ... und hatten dort nicht einmal ein einziges Foto gemacht!! Kurz nach Katherine beginnt die Strasse quer durch den Kontinent bis nach Alice Springs. Nur noch 1166 km... Wir bogen in Tennant Creek nach Osten ab in Richtung Townsville. Alice würde uns nicht kennenlernen. Mataranka hält zwei Attraktionen bereit: erstens die warmen Quellen, die mit ihrem kristallklaren Wasser zwar nicht zum erfrischenden aber zum entspannenden Bade einladen (ausser die Überschwemmungen hätten nicht alles verwüstet), und Elsey Station. Elsey Station wurde durch das Buch von Jeannie Gunn 'We of the Never-Never' berühmt. Die Frau des Managers einer Cattle Station, eine der vielen unendlich grossen Viehfarmen im Outback, schrieb 1902 über ihr Leben im Busch. Für die Verfilmung dieses Erfolgsromans in den 80er Jahren baute man die Station originalgetreu nach. Es ist eindrücklich zu sehen, wie karg diese Menschen hier im Busch noch lebten, zu einer Zeit, als in Europa schon die Moderne Einzug hielt! Bei unseren bisweilen über 400 km langen Tagesetappen fanden wir aber auch ganz spezielle Orte, wie diesen Pub in Daly Waters, in dem sich die Besucher mit verschiedensten Donationen, wie Geldscheine, Visiten- und Identitätkarten (auch Schweizer ID's und Halbtaxkarten fanden wir), bis zu BH's, Flipflops und Unterhosen zu verewigen versuchen. Noch über 2000 km ... Und wenn es regnete, schüttete es wie aus Kübeln! Aber danach blühte es überall in allen Farben! Hey, das Matterhorn ist auch da! Bei der Ausfahrt aus Mt.Isa, der aus dem Boden gestampften Bergbaustadt mitten im Nirgendwo, haben wir überraschenderweise diese Erinnerung an die Heimat gefunden! Dann, nach fünf Tagen Fahrt quer durch den Kontinent, waren wir endlich wieder am Meer angelangt. In Townsville haben wir uns ein kühles Bier an der Strandpromenade genehmigt. Leider kann man während der Wet Season an der Ostküste wegen der giftigen Quallenschwärme nicht baden gehen! Bitter! Aber es gab lärmige schwarze Kakadus und andere vielfarbige Federbälle zu sehen! Auf dem Weg nach Cairns machten wir einen Abstecher nach Palumba, einer kleinen Kolonie hoch in den Hügeln. Etwa in der Mitte fing es zu regnen an (na sowas!) und bald wähnten wir uns mitten in einem märchenhaften Nebelwald. Meterhohe Farne und orchideenbewachsene Bäume überall! Allerdings mussten wir ein paar Mal die Route ändern, da das Wasser in den Creeks schon höher als 50cm über die Strasse gurgelte. In Lucinda (gleich neben Halifax...) hatten wir den Campingplatz wieder mal für uns allein. Und ein pflotschnasser, reiherähnlicher Curlew kam neugierig herbei, zu sehen, was denn das da für komische Wesen sind, die bei diesem Wetter unter der Regenplane sitzen und die Gegend anschauen. Lucinda ist in der Sugar Cane Region gelegen. Zuckerrohr so weit man sieht. Wohl Tausende von Kilometer Schienenstränge der kleinen Sugar Cane Railway, die während der Cutting Weeks die Zuckerrohre in die Mühlen bringt. Dort wird alles geschreddert, der Zucker daraus zu braunem Rohzucker verarbeitet und dann per Eisenbahn oder Schiff in die Raffinerien in Australien oder auch hinaus in die weite Welt gebracht. Lucinda hat den weltweit längsten Verladequai für Grossschiffe; 5,7 km weit ins Meer hinaus führt die gewaltige Betonbrücke, bei deren Bau sogar die Erdkrümmung mit berücksichtigt werden musste! Weiter ging es nach Mission Beach. Dieses Dorf ist in der Dry Season eine Hochburg für junge Backpacker, wo alle Action- und Partymöglichkeiten geboten werden. Während der anderen Zeit wird es zu einem ruhiges Dorf, mit farbigem Wochenendmarkt, menschenleerem Strand und relaxten Einheimischen. Es gibt in dieser Region noch eine weitere Besonderheit: den Cassowary. Ein ganz spezieller Straussenvogel, einem Emu ähnlich, der allerdings bis zu zwei Meter gross werden kann. Leider ist auch er vom Aussterben bedroht. Verschiedene Strassenschilder machen darauf aufmerksam, dass zu schnell fahrende Autos für ihn häufig Todesursache sind. Wir hatten das grosse Glück, einen dieser komischen Vögel zu entdecken! Noch weiter Richtung Cairns kommt man zum Städtchen Innisfail. Dort hatten zwischen 1920 und 1930 mehrere Zyklone fast alle Gebäude zerstört. Da zu dieser Zeit Art Deco in Mode war, steht heute ein Haus dieses speziellen Baustils neben dem anderen. Matz, grosser Fan von Art Deco und Art Nouveau, konnte sich daran kaum satt sehen! Cairns selber ist nicht besonders sehenswert. Es hat uns dort dennoch sehr gefallen, denn es gibt ein paar touristische Höhepunkte, die sich um die Partyinnenstadt gruppieren. Da die Temperatur ganzjährig nicht unter 25 Grad fällt, war trotz ausgiebiger Regenfälle nie etwas anderes als Shorts, Tank-Top und Flip-Flops gefragt. Wunderbar!
Eine dieser sehenswerten Touri-Attraktionen ist die Fahrt nach Kuranda.
Das Zugtrassee dorthin wurde ab 1885 innerhalb zweier Jahre unter
unglaublichen Anstrengungen von 1500 Arbeitern in den Berg gehauen. Dies,
nachdem im Jahr zuvor die Minenarbeiter in Kuranda fast verhungert wären,
weil die Zufahrtsstrasse während der Wet Season über Monate nicht mehr
befahrbar war.
Kuranda ist heute ein sehr touristischer Hippie-Ort, den man recht schnell
gesehen hat. Auf dem Campingplatz in Cairns versuchten wir zwischen den Regenfällen jeweils, alles Nasse wieder einigermassen trockenzukriegen. Aber trotzdem blieb alles immer irgendwie feucht... Und wenn man ja schon so nahe am berühmten Great Barrier Reef ist, sollte man das auf jeden Fall auch noch anschauen gehen! Matz musste dafür zuerst einen PADI-Tauch-Kurs absolvieren (sogar in den Ferien muss gelernt und die erforderlichen Tests müssen bestanden werden!), dann aber konnten wir uns auf unseren ersten gemeinsamen Tauchgang freuen! Ein schnelles Tagesausflugsschiff brachte uns auf ein Reeftauchschiff, welches 60 km vom Festland entfernt beim Norton Reef vor Anker liegt. Für die verschiedenen Tauchgänge wechselte dieses dann seinen Standort innerhalb relativ kleinem Raum. Nach drei Tagen und etwa 10 Tauchgängen (davon zwei in der Nacht) hiess es leider schon wieder Abschied nehmen und nach Cairns zurückzukehren. Mit neuen Erfahrungen im Gepäck! Auf der Reise nach Süden übernachteten wir in Bowen. In dieser Kleinstadt am Meer wurde 2007 der Film 'Australia' mit Nicole Kidman und Hugh Jackson gedreht. Es bescherte Bowen für zwei Monate Hunderttausende von Besuchern, etwa 90 Einwohnern Statistenrollen und dem einheimischen Tourismus mehrere Millionen Dollar. Überreste des Drehsets, wie die Police Station, werden heute noch mit Stolz gezeigt. Abends gab es dann ein feines Essen, zubereitet in der malerisch gelegenen Strandküche. Dabei tauchte plötzlich ein offensichtlich zufriedener Zuschauer auf, dem sein etwas ausgefallener Wohnort ausgesprochen gut bekommt, war er doch grösser als eine Männerfaust! |
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