Juni 2010 |
Und weiter ging's. Wir hatten uns den endlich angekommenen Sommer mit einem Wiesenblumenstrauss auch ins Steuerhaus geholt! In Asfeld sei eine aussergewöhnliche Kirche zu sehen, stand in unserem Reiseführer zu lesen. Da wir sowieso in dieser Gegend unseren Nightstop geplant hatten, sattelten wir die Velos und strampelten ins Dorf hinein. Und wirklich, eine Kirche aus dem 17ten Jahrhundert in Form einer Geige ist einmalig! Die Ziegelsteine wurden sogar extra konkav und konvex gebrannt, um die Linie richtig hinzukriegen. Im Innern erstaunen die farbigen Fenster in der Galerie und die Helligkeit, die durch die gekalkten Wände erreicht wird. Eine wirklich besuchenswerte Stätte! Am nächsten Tag bogen wir dann vom Canal des Ardennes in den Canal de l'Aisne à la Marne ein. Das verlassene Schleusenwärterhäuschen No.1 in Berry-au-Bac und die Statuette der Notre Dame des Ecluses empfingen uns. Von nun an ging's wieder Richtung Süden. An Algerien vorbei und mit ein paar malerischen Übernachtungsplätzen gelangten wir in die Grossstadt Reims. Reims ist die heimliche Hauptstadt des Départements Marne. Mit ihrem geschichtlichen Hintergrund und den dazu gehörenden Bauwerken wird sie mehrmals im Weltkulturerbe der Unesco aufgeführt. Auf jeden Fall planten wir dort ein paar Tage zu liegen! Nur in Sachen geeigneter Plätze war es wieder einmal mehr als unsicher. Schon beim Einfahren merkte man sofort, dass die Zivilisation wieder das Zepter übernommen hatte. Links eine vielbefahrene grosse Haupstrasse, rechts eine sechsspurige Autobahn und quer über das Ganze die Zubringerbrücken. Irgendwo da muss doch der 'Hafen' sein... Ach ja, gleich nach der Brücke links! Es sah eigentlich voll belegt aus..., aber wir haben gelernt, dass es (meistens) das Wort 'unmöglich' nicht gibt, und siehe da, unseren 25m x 4.5m Kahn versorgten wir auch hier!
Gut, er 'lampte' etwas über die Mauer hinaus, aber nicht wirklich störend
und der Herr von der Capitainerie kassierte nur die 30 Euro pro Nacht
(richtig gehört!) ein, weiteren Kommentar gab es nicht dazu. Ok, passt! Das Eindrucksvollste von Reims ist die Kathedrale, in der alle Könige Frankreichs (mit drei Ausnahmen) gekrönt und gesalbt wurden. Hier krönte zum Beispiel Jeanne d'Arc 1429 Charles VII, und beendete damit die ihr vom Himmel zugeteilte Aufgabe, Frankreich wieder den 'richtigen' König zu geben. Genau am Wochenende unserer Ankunft fand das Fest zu Ehren der Jeanne d'Arc statt. Das Gewusel eines farbigen Mittelaltermarkts mit vielen Beteiligten in zeitgemässen Kostüme, Waldgeistern und Gauklern zog die Besucher in den Bann. Und da es zum ersten Mal dieses Jahr auch am späten Abend angenehm warm war, waren die Strassen auch um halb Neun noch voller Menschen.
Am Sonntagmorgen stand der Einzug Jeanne d'Arcs und Charles VII und deren
Begrüssung durch den Erzbischof von Reims und dem Bischof von xy auf dem
Programm. Natürlich durften auch Madame le Maire, der Vertreter der
Préfécture, der Souspréfécture, des Polizeikorps, des Armeekorps, und,
und, und, auf keinen Fall fehlen! Alles mit dem in Frankreich obligaten
Pomp. Nachmittags schauten wir uns noch den Cortège an. Ein farbenfrohes Schauspiel, das allerdings niemals ans Zürcher Sechseläuten heranreichte, wie die Vollblutzürcherin Matz befriedigt feststellte. Gleich neben uns wartete eine Schar Gänse auf ihren grossen Auftritt, gut bewacht von zwei erstaunlichen Hütehunden. Diese hatten es schon am Tag vorher geschafft, die Gänse als Gruppe durch den Markt und die vielen Besucher zu lotsen, ohne dabei ein Tier zu verlieren! Nach drei lässigen Tagen in Reims zog es uns weiter, in Condé-sur-Marne bogen wir (wie es der Name schon antönt) in die Marne ein.
Schon seit dem Einbiegen in den Canal lateral de l'Aisne à la Marne
begegneten uns viel mehr Berufsschiffe als bis anhin. Das Kreuzen auf dem
engen Kanal machte uns bald keine Schwabbelknie mehr, die Übung beim
Fahren machte sich schon bemerkbar. Als allerdings dieser Bagger und die
längsseits angelegte Péniche in Sicht kamen, sah die Situation schon
wieder anders aus. Da halfen auch das Schweizerkreuz und die Zürcher
Flagge an deren Bug nicht!
Der Schiffsführer meinte beim Aufruf über Funk, wir sollten an seiner
linken Seite vorbei... Doch, doch es sei tief genug, alles schon
ausgebaggert! Nach einem unerwartet langen Reisetag durch die Weinberge der Champagne (es hatte einfach nirgends Platz für uns), fanden wir eine Luxusvariante an einem alten Passagierschiffsteg. Nachdem Matz um fünf Uhr abends noch einen Sprint in die etwas entfernt liegende Mairie des Dorfes hinlegte, um den Schlüssel für Wasser und Strom zu bekommen, war auch dieses Wochenende gerettet! Als Château-Thierry in Sicht kam, fuhren wir an einer Gruppe Kunstmaler vorbei, die sich an der Promenade aufgestellt hatten. Dahinter reihten sich Zelte auf, es hatte Musik und viele Leute. Keine Frage, dass wir dort anhalten mussten. Ebenfalls, weil Jean de La Fontaine, der berühmte Fabeldichter hier geboren worden war und die meiste Zeit seines Lebens verbracht hatte. Also fuhren wir an der Promenade vorbei und wendeten am Ende des Städtchens um gegen den Strom am Quai anzulegen. Ein Besuch im Geburtshaus des Dichters, welches heute ein Museum über sein Leben und Werk beherbergt, musste sein. Und auf dem Rückweg wollten wir dem Festtreiben noch einen Besuch abstatten.
An der Promenade schlenderten wir dann an den verschiedenen Staffeleien
vorbei und ... das ist doch die Mizar auf dem Bild da! Und auch auf diesem
dort! Ganz klar: eine rote Fahne am Bug und Heck und ein kleines blaues
Schiffchen hinter dem Steuerhaus. Impressionen der weiteren Fahrt: schreiend roter Mohn und farbenfrohe Häuschen.
La-Ferté-sous-Jouarre zeigte auf dem Plan einen interessanten Ponton in
einem (sehr) kleinen Seitenarm der Marne an. Der Text im Revierführer war
auch nicht so klar, der Arm sei jetzt ausgebaggert worden und schiffbar. Da dieser Führer für kleine Freizeitboote geschrieben wurde,
sind wir jeweils skeptisch, ob diese Infos auch mit unserer Länge
vereinbar sind. Hier waren die Knackpunkte die Anzahl Pontons, deren
Länge, die Wassertiefe und die Ausfahrt aus dem Arm. In Meaux waren wir definitiv zu gross für die Fingerpontons (sind wir wirklich grösser als 20m und mehr als 20t?) dennoch fanden wir einen schönen Platz gegenüber der Guingette des Club Nautique. Der Vorteil dabei war, dass 'man' gemütlich einen Kaffee trinken und schöne Schiffe anschauen konnte... J ... und dabei Germany's next Topdog zu bewundern war!
Im Hafenführer stand, in Lagny sei es für Schiffe über 19m möglich, an der
'embarcadère' anzulegen. Wir suchten einen Steg, der dieser Bezeichnung
entsprechen könnte, fanden aber nichts Entsprechendes. Darum setzten wir uns
an den Ponton. Vor allem, nachdem offensichtlich gleich daneben
heisse Bäder und Duschen verkauft wurden! Nach dem Anmelden im Office de Tourisme erklärte uns die sehr freundliche Madame, dass mit der 'embarcadère'
das blaue Etwas oberhalb der Brücke gemeint sei. Es hätte da auch Strom
und Wasser.
Mit dem Bus fuhren wir am nächsten Tag ins Eurodisneyland. Wenn man schon
mal mit dem eigenen Daheim so in die Nähe fahren kann, darf ein Besuch im Programm nicht
fehlen! Tags darauf liessen wir die Mizar in einem Vorort von Paris liegen, stiegen in die RER und waren in 20min am Hafen Paris-Arsenal gleich neben der Opéra. Bei wunderschönem Wetter verbrachten wir einen super Tag im quirligen Paris. Vielleicht fahren wir nächstes Jahr auch mal bis ganz hinein und werden ein paar Tage unser Zuhause mitten in dieser interessanten Stadt parkieren.
Nach dem Abbiegen von der Marne in die Seine war es aus mit dem gemütlichen
Kanalleben. Der Fluss und die Schleusen wurden schlagartig gross, Industrien säumten die Ufer und es hatte richtig Schiffsverkehr! Hier sind
60m Güterschiffe und Schubverbände von bis zu 170m die Regel. (Im unteren
mittleren Bild ist ein solches Ungetüm gerade am Wenden) Vom Jazzdorf Samois (Stichwort Django Reinhardt) aus fuhren wir mit dem Velo nach Fontainebleau und wollten uns das berühmte Schloss anschauen. Dummerweise war gerade Dienstag und daher alles geschlossen! Also stand am Mittwoch noch einmal das gleiche Programm an. Der doppelte Weg lohnte sich!
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