August 2018

Am letzten Julitag sind wir in Reims angekommen. Wir waren vor ein paar Jahren schon einmal hier gestrandet (siehe Juni 2010) und meinten darum zu wissen, was uns erwartet. Damals war die Stadt in Festlaune, jetzt herrschte Alltag und normale Betriebsamkeit. Schon der erste Spaziergang zeigte, dass sich in der Zwischenzeit viel verändert hatte. Aber auch ohne das hätte sich erneuter Aufenthalt gelohnt. Nebst der berühmten Kathedrale, gibt es noch so viel mehr zu sehen. Trotzdem hat diese uns fast magisch angezogen. Vielleicht liegt das an der unbestreitbaren Schönheit und Ausgewogenheit ihrer Fassade, vielleicht aber auch an der mit Händen greifbaren Geschichte, die sie verkörpert.
Die beeindruckende Fassade wurde diesmal gerade in äusserst aufwendiger Kleinarbeit restauriert. Wir haben es uns darum in sicherem Abstand bei einem kühlen Bier gemütlich gemacht und bestaunten, wie die komplizierten Statuen und Ornamente ganz langsam, aber gut sichtbar zu ihrer alten Schönheit zurückfanden. Eine enorme und kostspielige Arbeit. Angesichts der riesigen Zahl von Kathedralen in Frankreich fast etwas beängstigend. Ein anschliessender, kleiner Rundgang durch die Fussgängerzone zeigte, dass es auch dort viel zu sehen gab. So erinnert zB die Bronze-Statue auf dem Subé Brunnen an die vier Flüsse, welche das Departement Marne mit der Welt verbinden: Marne, Vesle, Aisne und Suippes. Auf zweien davon haben auch wir den Weg hierher gefunden.

  

Die Kathedrale, die um 1300 fertig gestellt und im ersten Weltkrieges stark beschädigt worden war, ist mit dem schicksalhaften Einmarsch der Jeanne d'Arc  im Jahr 1429 zu einem Angelpunkt der französischen Geschichte geworden. Nach ihrem wundersamen Sieg über die Engländer, die seit Monaten vergeblich die Stadt Orléans belagert hatten, war das einfache Bauernmädchen aus der Lorraine zusammen mit dem Dauphin Richtung Reims aufgebrochen. Ihr Ziel war es, diesen dort zum französischen König krönen und salben zu lassen. Zuvor aber musste der kleine Trupp sich durch gefährliche 80 Meilen Land durchschlagen, das von englischen Truppen besetzt war. Eine Herausforderung, die aber offensichtlich gelang. In der Kathedrale der grössten jener Städte, die bisher eng mit den englischen Besatzern kollaboriert hatten, erlebte der Dauphin, dank geschicktem Verhandeln der jugendlichen Anführerin, seine Krönung als König Charles VII von Frankreich. Damit wurde das Ende der englischen Vorherrschaft auf dem Kontinent eingeläutet. Das französische Königsreich fand zu seiner Grösse zurück und die bäuerliche Jungfrau wurde zu seiner wichtigsten Nationalheiligen. Mit nur ganz wenigen Ausnahmen sind danach alle Könige der Franzosen in dieser Kathedrale gekrönt worden.

Wir waren also am 1. August (Nationalfeiertag der Schweiz) in Reims. Wie wir im letzten Monatsbericht bereits erwähnt haben, lagen wir am genau gleichen Liegeplatz wie bei unserem letzten Besuch (siehe Juni 2010). Es ist einer der wenigen Plätze, die für ein Schiff dieser Grösse geeignet sind, aber äusserst praktisch gelegen für den Gang in die Stadt und zu ihren Sehenswürdigkeiten.
Allerdings verläuft gerade vor dem Bug die vierspurige Hauptstrasse, über dem Kopf die ebenfalls vierspurige Brücke Charles de Gaulle und auf der anderen Seite des Kanals die Stadtautobahn. Viel Verkehr also und entsprechend wirklich störender Lärm rund um die Uhr.
Wir haben darum beschlossen, dieses Jahr auf die Beflaggung zum Feiertag zu verzichten und uns dafür ein feierliches Programm für den Tag ausgedacht. Zunächst sind wir zu einem Besuch in der Champagner-Kellerei Pommery aufgebrochen. Schliesslich ist Reims das Zentrum für die Herstellung dieses Edelgetränks und Heimat der berühmtesten Marken, die fast alle zu einem Rundgang durch ihre Anlagen einladen. Dabei erzählt jede ihre eigene Geschichte und vermarktet diese als einzigartig. Genau besehen machen aber alle das selbe. Zum krönenden Abschluss der Führung findet dann jeweils eine Verköstigung statt, bei der die Kelchgrösse den Wert des prickelnden Saftes widerspiegelt. Die Behausung dagegen ist sehr standesgerecht.

Der edle Saft von Pommery wächst zum grössten Teil an den Flanken der umliegenden Hügel und wird in den Kellern der Firma gekeltert. Diese Keller befinden sich in alten, teilweise bereits durch die Römer erstellten Kreidegruben, welche aber wegen der immer grösseren Nachfrage kräftig hatten erweitert werden müssen. Sie liegen bis zu 35m tief im Boden und sind über 18 Kilometer lang. Nach unten führen 116 Stufen und dort herrscht das ganze Jahr über eine konstante Temperatur von ca. 10 Grad. Angeblich die besten Bedingungen für die Reifung und Lagerung des Traubensafts.

  

Der Besucher erfährt hier, dass die Pommery's ursprünglich erfolgreiche Wollhändler waren und dabei so gut verdienten, dass sie sich eigentlich zur Ruhe setzen wollten. Nach der überraschenden und ungeplanten Geburt einer Tochter-Nachzüglerin wollten sie dieser eine angemessene Zukunft sichern und begannen darum mit der Produktion von Champagner. Der Mann starb aber wenig später und die Witwe führte Geschäft und Familie alleine zum Erfolg.

  

In den Gängen lagern ständig mehrere Millionen Flaschen der verschiedensten Jahrgänge und Grössen. In früheren Jahren wurden die Flaschen lange vor der Reife verkauft und warteten in gesonderten Abteilen des Kellers auf den richtigen Moment, wo sie dann ausgeliefert werden konnten. Die Kellerräume sind noch immer mit dem Bestimmungsort angeschrieben.

  

In den besten Jahren wird auch eine Millésieme Abfüllung angeboten, bei der auf den sonst üblichen Verschnitt, der der Standardisierung dient, verzichtet wird.
Die älteste Flasche (vorne rechts) sei von der Witwe Pommery noch persönlich abgefüllt worden.

Während des letzten Weltkrieges erfuhren die berühmten Keller eine etwas pragmatischere Nutzung und dienten als Schulhaus, Luftschutzkeller oder Küche, in Zeiten, wo das Leben an der Oberfläche zu gefährlich geworden war.

      

Dann aber kam es doch noch, auch für uns: das prickelnde Ende!

Damit noch nicht genug Feiertag. Wir schlossen einen Feierabend an und gingen zum Nachtessen ins Anna-S, la table amoureuse. Auch wenn wir sonst nicht viel halten vom grossen Getue um Sterneköche, war das, was wir hier vorgesetzt bekamen, vom Feinsten. Es war ein schöner, festlicher Abend. Gelungen, auch ohne Lampions und Feuerwerk.

Zwei Tage später erlebten wir erneut eine tolle Überraschung.
Gabi und Res legten mit ihrer Barcalina direkt neben uns an. Er ist der Präsident des SSK (Schweizer Schleusenschiffer Klub), des Vereins mit dem Wimpel, der den Bug der Mizar ziert und uns immer zeigt, woher der Wind weht.

So ergab sich, mit etwas Verspätung, ganz spontan, doch noch ein Schweizer 1. August Feiertag. Zeitig am nächsten Morgen machten sich diese Beiden aber schon wieder auf den Weg. Sie wollten (wohl eher 'mussten') in zwei Wochen in St.Jean-de-Losne sein! Bürde des Amtes, wenn die Pflicht ruft.

Unsere Weiterreise erfolgte dann auf dem Canal de l'Aisne à la Marne. Auch der hat in seinem Scheitelstück einen Tunnel, welcher hier den Mont de Billy unterquert. (Hat aber nichts mit IKEA zu tun!)

Kurz danach kamen wir auf unserem Weg nach Condé-sur-Marne wo wir in den Canal lateral à la Marne einbogen. Der verläuft ungefähr parallel zur Marne, teilweise in recht aufwendiger Konstruktion über mehrere Kanalbrücken, direkt nach ...

  

... Vitry-le-François.
Der Ort hatte zu Zeiten, als der Frachtverkehr wirtschaftlich noch von Bedeutung war, als Binnenhafenstadt die Funktion eines Knotenpunktes. Hier standen den vorbeifahrenden Schiffern Werften und verschiedenste Handwerker für den Unterhalt ihrer Schiffe zur Verfügung. Heute sieht man davon nur noch, was der Strukturwandel übrig gelassen hat: ausgediente Pénichen in unterschiedlichstem Zustand, ältere Schiffer, die ihren Lebensabend auf ihrem noch älteren Schiff verbringen und mit ihren Kollegen sich über vergangene Zeiten austauschen. Daneben einige Flussnomaden mit neuerem Datum, welche, dank ihrer Rente, die Flussromantik einfach geniessen können. Eine gefühlsmässige Zeitreise um Jahre zurück ist dabei garantiert.

  

Nach Vitry-le-François bieten sich zwei weiterführende Wasserstrassen an. In Richtung Osten führt der Canal de la Marne au Rhin. Mehr Richtung Süden der Canal de la Marne à la Saône, der in jüngerer Zeit aber vermehrt Canal entre Champagne et Bourgogne genannt wird. Damit wird wohl die bessere touristische Identifikation der beiden berühmten Terroirs angestrebt, die ihre weltweite Reputation den Reben und den Winzern ihrer Gegend verdanken.

Wir fuhren also auf dem Canal de la Marne à la Saône weiter. In Orconte, eigentlich viel zu früh für unseren Tages-Halt, trafen wir auf die Riccall, den charakteristischen Humberkeel von Louise und Alex. Das letzte Mal hatten wir die Beiden in Toul getroffen, vor langer, langer Zeit an unserem Frühlingsfest, nachdem unsere Mizar dort überwintert hatte (siehe April 2010). Hei, war das jetzt ein Wiedersehen! Es gab sooo viel zu erzählen. Inzwischen hatten sie auch den Midi, den Süden Frankreichs bereist, was mit Schiffen dieser Grösse nicht ganz ohne ist. Dass wir eigentlich im Sinn gehabt hatten weiter zu fahren, war rasch vergessen und unser Geplauder dauerte bis weit in die Nacht hinein.

  

Am nächsten Tag ging unsere Reise nach Saint-Dizier, wo im Bestreben, den Tourismus zu fördern, kürzlich eine grosszügige Anlegestelle für Binnenschiffer gebaut worden war. Das solches in Frankreich niemals ohne Extravaganzen möglich ist, sieht man hier an den eigenwilligen Strassenlampen. Gerne nahmen wir das Angebot der Gemeinde an und machten unsere Leinen fest. Wir waren noch nicht sehr lange am Quai, als ein Reporter vom JOURNAL de LA HAUTE-Marne vorbei kam und unsere Meinung zum touristischen Angebot kennen lernen wollte. Am folgenden Montag erschien bereits ein kleiner Artikel in der jHM.

Die Weiterfahrt führte durch eine ansprechende Gegend, voller Anforderungen und Überraschungen. Die Brücken waren gelegentlich recht niedrig, sodass man besser den Kopf etwas einzog. Hauptsache war aber, dass das Steuerhaus passieren konnte.

Auch die Stimmungen waren zwischendurch schlicht ergreifend. Trotzdem sollte man das, was ganz in der Nähe wächst, nicht übersehen: poivrons piquantes in unserem 'Garten'.

  

Dieser Kanal bedeutet für die Schleusenschiffer in Frankreich etwa, was die Alpe d'Huez für die Tour de France. Was dort die Steigung und die Kurven sind, das sind hier die zahlreichen Schleusen. 71 sind es in der Bergfahrt von unserer Seite, deren 43 bei der Talfahrt auf der anderen. Dabei sind die beweglichen Brücken, welche für die Durchfahrt gedreht oder gehoben werden müssen, noch gar nicht mitgezählt. Wenn jede Schleuse etwa 4-5m Hub aufweist, steigt man so nach und nach mit dem Schiff rund 300m in die Höhe. Schade nur, dass der Schiffsverkehr stetig abnimmt, was auf eine schlechte Zukunft für diese bautechnische Meisterleistung hinweist. An mehr als einer Schleuse ergab sich ein Gespräch mit dem oder der ehemaligen Schleusenwärter(in), die immer noch in ihrem alten Schleusenwärterhäuschen wohnen, aber jeweils voller Wehmut berichteten, dass ihr Herz im Grunde in jener Zeit schlägt, als die schwer beladenen Kähne, einer nach dem anderen, sich in die Schleusen zwängten. Die Schleusen mussten sie damals noch von Hand bedienen und wenn das Öffnen und Schliessen von Schiebern und Schleusentoren auch harte Arbeit bedeutete, kamen sie dabei doch mit ihren Kunden ins Gespräch und nahmen an ihrem Leben teil. Damals, vor etwa 40 Jahren, hatten die Schiffer jeweils die Neuigkeiten gebracht, welche die Welt draussen gerade bewegten. Obwohl heute facebook, Google und Co schneller sind und rund um die Uhr zugänglich, fehlt ihnen doch die menschliche Komponente und damit wahrer Inhalt.

So kamen wir schliesslich nach Chaumont, wo wir für drei Tage festmachten, weil wir hier den Besuch von Nina und Dani (siehe Januar 17) sowie unserem ersten Enkel Nico abwarteten.

Zu ihrem Empfang hatten wir eine Flasche Champagner gekauft, die zwar nicht einen der ganz grossen Namen trug, dafür aber in der unmittelbaren Umgebung gewachsen war und uns vom Hafenmeister ganz besonders empfohlen wurde. Damit war ein würdiger Empfang in lokalem Kolorit gewährleistet.

Natürlich gab es wie immer viel zu erzählen und die ersten Stunden gingen sprichwörtlich im Flug vorbei. So war es schon lange dunkel und wir immer noch tief im Gespräch versunken, als wir plötzlich durch einen unangenehmen Warnton aufgeschreckt wurden. Eine der drei Bilgenpumpen hatte Alarm geschlagen, was bedeutete, dass irgendwo Wasser ins Schiff eingedrungen war, wo es nicht hingehörte. Der Defekt war schnell gefunden. Wir hatten zuvor unser Wassersystem am öffentlichen Netz angeschlossen, aber in der Aufregung nicht alle Ventile richtig gestellt. So hatte sich plötzlich eine Schlauchverbindung wegen zu hohem Druck gelöst und das Wasser war ungehindert in den Vorpiek geflossen. Das gab zwar einiges zum Aufräumen und Putzen, hatte aber den äusserst beruhigenden Nebeneffekt, dass wir jetzt sicher sein konnten, dass alle Warnungen und Pumpen ordnungsgemäss funktionieren und ihren Dienst tun. Nicht gerade ein grossartiger Empfang für Gäste, aber immerhin ein aufschlussreicher Einstieg ins Schifferleben, das eben immer voller Überraschungen ist.

Wie bei ihrem letzten Besuch auf dem Schiff, der allerdings noch länger zurück liegt (siehe August 2015), haben wir unsere Jungen sofort zur Arbeit an Leinen und Steuerrad verpflichtet. So ganz umsonst sollten sie ihre Ferien nicht bekommen. Die junge Familie war mit dem Auto angereist und so konnten wir jetzt einmal selber erfahren, wie es ist, einen Wagen (und nicht bloss Fahrräder) mit dabei zu haben. Was auf der einen Seite sehr bequem ist, hat auf der anderen den Nachteil, das man sein zweites Gefährt jeden Tag nachführen muss. Einige unserer Schifferfreunde machen das regelmässig so, während andere sich gar eine Garage samt Kran auf dem Schiff leisten und so ihr Transportmittel immer gleich mitnehmen können. Unsere Lösung haben wir im äusserst sportlichen Schwiegersohn gefunden, dem die tägliche Fahrt zurück zum Auto per Velo oder gar rennend in Turnschuhen Spass machte und kein Bisschen müde.

  

Drei Tage später legten wir bei Langres an. Zuoberst auf einem Hügel und dank ihrer immer wieder verbesserten Ringmauer, thront die Stadt seit fast 2000 Jahren unbeschadet über der weiten Umgebung. Zunächst errichtet durch die Gallier, erhielt die Stadt später von den Römern richtige Mauern und, was den stolzen 'Ur-Italienern' damals schon weit wichtiger war, einen mächtigen Triumphbogen. Im Mittelalter kamen weitere Türme hinzu, die damals uneingeschränkt kriegerische Bedeutung hatten, heute aber vor allem einen wunderschönen Blick über die grossartige Umgebung erlauben. Die ganze Ringmauer ist noch weitestgehend erhalten. Dank dem Auto konnten wir bequem, samt Kinderwagen, bis in die Stadt hoch fahren, wo wir erst die Hitze mit einem Bier bekämpften, dann aber einen kleinen Spaziergang quer durch die Stadt machten. Erstaunt waren wir auch hier, dass diese ganz offensichtlich einmal weit bessere Zeiten gesehen hatte. Heute ist sie aber in einigen Quartieren fast unbewohnt und muss mit auffällig vielen geschlossenen Läden und leer stehenden Häusern zurecht kommen. Was einst als angeblich schönste Stadt Frankreichs gegolten hatte, macht heute stellenweise einen baufälligen Eindruck und strahlt etwas Morbides aus. Nur im Zentrum scheint ungebrochene Lebensfreude die Zeit und die widrigen Umstände überdauert zu haben. Unser Nachtessen am Hauptplatz hat jedenfalls nur zufriedene Gesichter gesehen.

  

Wie der geneigte Leser in den letzten Berichten schon beinahe bis zum Überdruss erfahren hat, führen die französischen Kanäle meistens von einem Flusstal ins andere. Unser Kanal hier verbindet die Heimat des illustren, frivolen und manchmal etwas grosstuerischen Champagners mit jener des üppigen und genussvollen Burgunders. Hier käme es sicher nie jemandem in den Sinn, seine besten Flaschen an der Siegerehrung eines gewöhnlichen Autorennens sinnlos zu verspritzen. Und das nicht bloss der möglichen Flecken wegen. Dazu ist einfach die Lebensfreude und die Fähigkeit zu echtem Genuss, welche das Burgund zum Inbegriff der französischen Lebensweise gemacht haben, viel zu wertvoll.

Unsere Reise führte zunächst mit vielen Windungen und durch noch viel mehr Schleusen bergan, bevor sie, ...

... im obersten Teilstück durch einen 4,8 km langen Tunnel dusterte und erst danach sich den Weg hinunter ins neue Tal suchte.

  

Der Tunnel hier ist recht grosszügig angelegt und gut beleuchtet. Aber die Fahrt von etwas mehr als 90 Minuten durch den beengten Raum erforderte von unseren Temporär-Kapitänen dennoch einiges an Anstrengung.

Wie gesagt, von nun an ging es bergab. Die Einfahrt in die Schleusen ist von oben her nicht mehr durch zwei aufragende Mauern, welche die Tore tragen, eingefasst. Sie ist darum vom Steuerhaus aus nur schlecht zu sehen. Es gilt also, in das mit Wasser gefüllte Becken einzufahren, das ja nicht viel breiter ist als das Schiff selber und vom Schiffsbug während der Einfahrt verdeckt wird. Ein nicht ganz einfaches Vorhaben, vor allem, wenn man dazu noch gegen seitliche Wasserüberläufe oder wechselhaften Wind anzukämpfen hat. Matz hat mit viel Geduld und ihrer langjährigen Erfahrung als Fahrlehrerin für Autos und Motorräder unsere Gäste praktisch zu vollwertigen Kapitänen ausgebildet und ihnen alle nötigen Manöver beigebracht. Dazu aber mussten sie sich durch unzählige Schleusen durchkämpfen und während ihrer Ferien auf spektakuläre Sehenswürdigkeiten verzichten. Als ob es das Schicksal so gewollt hätte, begegneten wir gegen das Ende unserer Reise trotz allem noch einigen Berufsschiffen, natürlich stets an den engsten Stellen. Damit konnten sie auch dieses Erlebnis in ihren Erfahrungsschatz einbauen.

Einmal hat alles ein Ende und so kamen wir, eigentlich fast etwas unerwartet, zur letzten Schleuse des Canal Entre Champagne et Bourgogne und damit zum Ende des Kanals, wo er in die Saône mündet. Der Blick zurück ging gleichzeitig zurück auf 132 Schleusen, die wir in den letzten zwei Wochen befahren hatten.

  

Noch eine einzige Schleuse lag vor uns, durch welche wir die offene Saône erreichten. Der durch die lange Kanalfahrt etwas eingeengte Blick brauchte einen Moment, sich an die ungewohnte weite Wasserfläche zu gewöhnen. Etwas verwundert blickten wir nach vorn und nach hinten und atmeten durch.

  

Nur noch wenige Kilometer Flussfahrt trennten uns von Auxonne, wo unsere Gäste zur Endstation ihrer Ferienfahrt an Bord der Mizar kamen. Ein letztes Mal holte Dani das Auto nach und am Morgen darauf traten sie ihre Rückreise in die Schweiz an.

Wir haben gemeinsam zehn schöne Tage verbracht auf unserem langen Weg nach Saint-Jean-de-Losne. Das Wetter war uns während dieser Zeit stets gut gesinnt, zeigte aber gegen Schluss schon deutlich die ersten Vorboten des Herbstes. So mussten wir mehr als einmal unsere Abfahrt am Morgen verschieben, weil hartnäckiger Nebel das so verlangte.

Zu bald kam dann aber die Zeit zum Abschied und die Drei traten ihre Heimreise in die Schweiz an.
Auf Wiedersehen!

Weil uns noch etwas Zeit blieb, behielten wir unseren Liegeplatz in Auxonne noch drei weitere Tage, besuchten die Stadt und den Markt, schauten uns die Gegend vom Kirchturm aus an und sammelten so Energie für die Arbeit, welche mit der Erneuerung des Zertifikats für unser Schiff noch vor uns lag.

Monat August 2018:
- 88 h 15'
- 143 Schleusen
- 15 Brücken
- 2 Tunnel (2.3km + 4.8km)
- 332 km


  zurück zur Reisetagebuchseite