Mai 2017

Am 2. Mai sind wir von der Schweiz auf unsere Mizar zurückgekehrt.

Ende März schon, vor der Reise in die Schweiz, hatten wir unsere Habseligkeiten von Berlin aufs Schiff gezügelt und dabei gesehen, dass es den Winter offenbar gut überstanden hatte. Darum erwarteten wir jetzt auch keine grossen Überraschungen. Während wir in der Schweiz bei schönstem Wetter abgeflogen waren, empfing uns Deutschland etwas unfreundlich mit kaltem, regnerischem Wetter. Auf dem Schiff die Heizung anzudrehen hatte unter diesem Umständen Priorität. Im Laufe der weiteren Arbeiten mussten wir dann allerdings feststellen, dass einige der 'modernen' Neuheiten, die wir vor zwei Jahren in Holland hatten einbauen lassen, den harten Bedingungen des Winters nicht gewachsen waren. So mussten wir den komfortablen Mischautomaten für die Dusche wieder durch zwei normale Wasserhahnen ersetzen, weil offensichtlich nur diese sich ausreichend einfach winterfest machen lassen. Das selbe galt für die neue Pumpenanlage, die das Grauwasser nach aussen befördert. Bis alles wieder funktionierte, lebten wir mit etwas eingeschränktem Komfort.

Eine knappe Woche später war es dann so weit und wir wieder unterwegs. Ein letzter Blick zurück unter der Brücke durch zeigt den Winter-Liegeplatz bei Brandenburg-Plaue an der Havel.

 

Nach dem Plauersee fuhren wir diesmal durch den Silokanal auf der unteren Havel durch Brandenburg Richtung Potsdam. Gleich an seinem Anfang beobachteten wir, wie von grossen Lastkähnen Schrott ausgeladen und der Wiederverwertung zugeführt wurde. So mancher alter Herzenswunsch und vierrädriger Stolz findet hier ein eher unspektakuläres Ende. Wie viel Freud und Leid wohl auf diesem Haufen liegen?

  

Nach der Übernachtung am Dampfersteg in Ketzin ging es weiter durch den Göttinsee nach Töplitz. Wenig später kamen wir erneut beim Inselstädtchen Werder vorbei, ...

... dann durch die Enge bei Caputh, über den Templinersee nach Potsdam, wo wir im Yachthafen noch einen Platz fanden. Der Dampfersteg hier, den wir vom letzten Jahr in guter Erinnerung hatten, war durch die 'Felicitas' besetzt. Ein Passagierschiff mit etwa 24 Plätzen, das unter dem Kommando seiner Kapitänin seit über zwanzig Jahren spezielle Fahrten anbietet. Bei Kaffee und Kuchen mit der Besatzung, die aus drei Leuten ebsteht, konnten wir Erfahrungen austauschen und erhielten Einblick in eine ganz andere Welt, in der die Schifffahrt Leidenschaft, Beruf und gleichzeitig Broterwerb ist.

Während der Nacht hatten wir offensichtlich Besuch bekommen. Diesmal war es allerdings nicht bloss irgend eine streunende Katze. Nach einigem Werweisen haben wir uns darauf geeinigt, dass ein Fuchs unser Schiff nach Essbarem abgesucht hatte.

Vorbei an der Glienickerbrücke und durch den Griebnitzsee fuhren wir in den Teltowkanal. Den Weg dorthin säumten viele Sehenswürdigkeiten: von Menschenhand geschaffene und andere.
Es war einfach schön, wieder unterwegs zu sein.

  

Diesen Weg hatten wir gewählt, weil wir noch einmal durch Berlin hindurch fahren wollten. Die Fahrt auf der Spree am Bundestag vorbei war für lange Jahre eines unserer Ziele gewesen und wir suchten darum so etwas wie eine weitere Bestätigung. Bei der Insel der Jugend fanden wir eine Anlegestelle, die für uns neu war, weil sie im letzten Sommer fest im Besitz von Sportbooten, Pedalos und Ausflüglern gewesen war.

 

Nur zur Erinnerung: die Oberbaumbrücke, welche als Teil der Zonengrenze eine besondere Bedeutung hatte. Daneben, als direkte Folge des Mauerfalls, die ungebremste Bautätigkeit, die jetzt seit dreissig Jahren anhält und sicher noch genau so lange weiter gehen wird.

  

Eine Übernachtung an der Friedrichstrasse, dann noch einmal vorbei am Bundestag ...

... und hindurch unter dem Parlamentariersteg, wo auf der linken Seite die Kita der Bundestagsabgeordneten ist. So früh stehen diese aber offensichtlich nicht auf, denn ihre Kinder sind noch zu Hause. Trotzdem, ordentlich parkieren haben sie schon gelernt.

  

In der Ferne grüsste der Fernsehturm vom Alexanderplatz und etwas links davon leuchtete die Fahne der Schweizer Botschaft zum Abschied.
Nur wenig später sahen wir weit voraus die Friedenssäule.
Auf Wiedersehen Berlin!

  

Kaum hatten wir in Spandau angelegt, fuhr die 'Moby Dick' an uns vorbei, das etwas ausgefallene Passagierschiff, das wir schon im Juni 2016 mit Verwunderung bestaunt hatten.

 

Fast hätten wir es vergessen!
Unser eigentliches Ziel für dieses Jahr ist ja die Mecklenburgische Seenplatte.
Diese ist eine Hinterlassenschaft der letzten Eiszeit. Eine sanfte Hügellandschaft zwischen zwei Endmoränen, die Raum bietet für weit über tausend Flüsse, Seen und Teiche. Sie umfasst in etwa das Gebiet zwischen Rheinsberg im Süden, Fürstenberg und Neubrandenburg im Osten, Malchin im Norden und Schwerin, die Landeshauptstadt, im Westen. In ihrem Zentrum liegt die Müritz, der grösste See Deutschlands, der ganz im Landesinneren liegt. Die historisch stark standesbewusste Aufteilung der Gesellschaft in Bauern und gelegentlich etwas halbseidenen Landadel, Herzstück der Erzählungen von Theodor Fontane, hatte lange Bestand und sorgte bis nach dem zweiten Weltkrieg für eine ausgesprochen konservative Entwicklung. Einmal mehr bringt uns unsere Reise in der Zeit etwas zurück!
Bereits Bismarck war sich dessen bewusst und soll gesagt haben: "Wenn die Welt untergeht, bleib ich in Mecklenburg, denn dort geschieht alles hundert Jahre später".
Die ausserordentliche und eher schwach besiedelte Landschaft ist heute weitgehend geschützt durch zahlreiche Nationalparks und Naturschutzgebiete. Ihre Schönheit prädestiniert sie allerdings auch zum intensiv genutzten Erholungs- und Wassersportgebiet.

Darum waren wir bestrebt, die Wochen bis zum Beginn der grossen Ferienzeit möglichst gut zu nutzen.


Um dahin zu kommen, mussten wir zunächst in die Havel-Oder-Wasserstrasse (HOW) einbiegen, genau die selbe, die uns im letzten Jahr bereits nach Stettin geführt hatte. So fuhren wir wiederum nach Norden, Richtung Oranienburg. (Man merkt: so langsam fangen wir an, die Gegend wirklich zu kennen.) Trotzdem gab es immer wieder neue Erfahrungen. Schon bei unserer Vorbeifahrt im letzten Jahr war uns kurz nach Henningsdorf ein schönes Gebäude aufgefallen, wobei uns ehrlicherweise vor allem seine prächtige Gartenbeiz in die Augen stach. Diese war damals, mitten im Sommer, voll besetzt. Was aber noch dazukommt: das Restaurant Zum Weissen Schwan besitzt einen Dampfersteg, wie geschaffen für ein Schiff wie das unsere! Kurz entschlossen legten wir an und entdeckten, dass die Gaststube noch fast gemütlicher war als der verlockende Garten. Drinnen wurden wir von freundlichen Leuten empfangen, wobei wir von der Wirtin erfuhren, dass sie das Haus ihrer Vorfahren bereits in fünfter Generation führt.

Gerne richtete sie uns für das Nachtessen einen gepflegten Tisch und wir genossen in bester Laune einen gemütlichen Abend.
Was es Matz besonders angetan hatte: das Haus war bereits Drehort für mehr als ein Dutzend Filme fürs Kino und Fernsehen. Die Fotos der wichtigsten Schauspieler schmückten die Gaststube und weil Matz fast alle kannte, könnte man sagen, sie habe den Abend im Kreis von berühmten Freunden verbracht.
Dass wir dann die Nacht, am Dampfersteg verbringen durften, der Heimweg also denkbar kurz war, das setzte dem Abend die Krone auf.

Am nächsten Morgen fuhren wir zeitig los und erreichten nach etwa drei Stunden die Abzweigung zum Malzer Kanal, dem untersten Teil der Oberen-Havel-Wasserstrasse (OHW).

  

Wir bogen gegen Norden ab und standen nach kurzer Zeit vor der Liebewalder Schleuse. Eine ungewohnte Erfahrung in Deutschland, weil die Schleuse automatisiert ist und die Schleusung vom Schiffer selber ausgelöst werden muss. (Für kleinere Schleusen in Frankreich ist das beinahe die Regel.) Für uns glich das einer Erlösung, denn die Schleusenwärter der grösseren und darum bedienten Schleusen hatten uns bis jetzt nicht gerade mit Dienstbereitschaft und Freundlichkeit verwöhnt. Funkaufrufe wurden nur selten beantwortet und Sportschiffer hatten aus Prinzip eine 'angemessene' Zeit zu warten. Ordnung muss sein und wer oben sitzt, darf das ruhig zeigen. Dass der Berufsverkehr Vorrang hat, ist auch für uns eine Selbstverständlichkeit.

  

Noch mehr Eindruck machte uns aber einmal mehr das Erlebnis einer weitläufigen, offenen Landschaft, die nicht übermässig intensiv genutzt wird. Platz für Fuchs und Hase, aber auch für Wildschwein, Biber, Fischotter und Vögel + Co. Als Schweizer sind wir ja nicht mit grossen Landflächen verwöhnt und so ist das ein Anblick, der immer wieder überwältigt. Eine dringende Mahnung an alle Verantwortlichen, endlich sorgsam mit dem wenigen umzugehen, was uns noch geblieben ist.

  

Im Städtchen Zehdenick empfing uns wieder einmal eine Zugbrücke, die vor der Schleuse automatisch geöffnet wird. Solche Brücken sind hier nicht häufig und diese verdient darum eine Erwähnung.

Zehdenick liegt am südlichen Ende einer grossen Fläche, in der seit dem 19. Jahrhundert in gewaltigem Massstab Ton abgebaut worden war, der von über 40 Betrieben zur Herstellung von Ziegelstein verwendet wurde. Dabei entstand das bedeutendste Ziegeleigebiet Europas. Weil das schwere Endprodukt fast ausschliesslich mit Binnenschiffen nach Berlin und Hamburg abtransportiert wurde, bekam auch dieser Berufszweig eine ganz besondere Wichtigkeit. Darum sagt man oft, dass Berlin aus dem Kahn erbaut worden sei.  Tatsächlich sind noch heute unzählige prächtige Kirchen und Verwaltungsgebäude in Deutschland Zeugen dieser fast untergegangenen Technik. Selbst Schlösser und bescheidene Arbeiterhäuschen aus Backstein erinnern überall an diese Zeit.
Die letzten Ziegeleien schlossen erst mit der Wende endgültig ihre Tore.
Die vielen durch den Tonabbau entstandenen Gruben sind heute mit Wasser gefüllt und bieten so der Natur fast unbegrenzte Entfaltungsmöglichkeiten. Die Gegend ist als Nationalpark geschützt.

Über weite Strecken, mindestens 60 km - oder für uns drei Tagesreisen - glitten wir durch eine wunderschöne Landschaft. Wir folgten dabei dem gewundenen Bett der Havel bergauf, dem, obschon reguliert, weitgehend sein natürlicher Verlauf belassen wurde. Abwechslungsreich, einmal durch geschlossene Mischwälder, dann durch lockere Auenwälder mit weiten Rietgrasflächen, eingestreutem Kulturland und, wenn überhaupt, dann kaum sichtbar besiedelt. Manchmal blieben die Ufer offen und erlaubten einen weiten Blick übers Land, dann wieder beschränkten hohe Schilfgürtel die Sicht.

 Erneut könnte das Schweizerherz erblassen vor Neid, würde es sich nicht immer wieder in Erinnerung rufen, dass es zu Hause andere, gewichtige Vorteile erfährt.

Trotz des leisen Brummens des Motors war das Vogelgezwitscher ringsum überwältigend. Riesige alte Bäume, denen Raum und Zeit zum Leben belassen worden waren, bieten den Tieren Schutz und Nistgelegenheit. Wir beobachteten im Vorbeifahren immer wieder Drosselrohrsänger, die sich durch ihren lauten, abgehackten Gesang im Röhricht verraten hatten. Es war Freude pur und wir genossen das Gleiten von einer Geländekammer zur anderen und waren froh, dass wir, dank der frühen Jahreszeit, fast immer alleine unterwegs waren.

  

Etwas verwirrend in diesem Zusammenhang waren die Warntafeln, die am Wegrand dann und wann zu auftauchten.
Fast etwas kitschig dagegen, dass unser zweiter Übernachtungsort Himmelspfort hiess, wohin angeblich jedes Jahr Tausende von Kindern ihre Weihnachtswünsche schicken.

Quer über den Stolpsee fuhren wir am nächsten Tag lediglich eine kurze Etappe bis Fürstenberg.
Die Stadt wird als Wasserstadt bezeichnet, denn sie liegt zwischen drei Seen und umfasst Teile dreier verschiedener Naturschutzgebiete. Nur schwer kann sie heute noch ihre kargen Jahre während der DDR-Zeit verbergen, wird aber dank umfangreicher Unterstützung aus Europa und der BRD rasch auch anspruchsvolleren Ansprüchen gerecht. Schade nur, dass eine stark befahrene Bundesstrasse mit viel Lastwagenverkehr noch immer mitten durch das Städtchen führt.

  

Auch schon so früh in der Fahrsaison war der Schiffverkehr durch die Schleuse Fürstenberg bereits recht dicht und weckte ungute Vorahnungen, wie das in der Hochsaison aussehen könnte.

Durch den Röblinsee und die Steinhavel gelangten wir in den Ziernsee. Dort starteten wir unser neustes Abenteuer. Zum ersten Mal wollten wir eine Nacht vor Anker verbringen. Bis jetzt hat uns entweder die Gelegenheit oder dann der Mut gefehlt. Aber hier in diesem Seenparadies musste es nun einfach sein. Erstens wegen dem Abenteuer, dann aber auch, weil in jedem Hafen alleine für das Anlegen zwischen 1½-2 Euro pro Meter Schiff und Nacht(!) fällig werden. Das läppert sich!
Nun wurde aus den Trockenübungen plötzlich Ernst. Wir suchten eine geeignete Stelle und senkten dann zum ersten Mal behutsam den 180 kg schweren Anker. Wir legten Kette, soviel wir für richtig fanden und beobachteten dann das Verhalten des Schiffes während der folgenden Stunden.

Bei dieser Gelegenheit bekamen wir Besuch einer jungen Schwanenfamilie, die wahrscheinlich mit ankernden Schiffen schon gute Erfahrungen gemacht hatte. Man kann doch gar nicht anders, als die kleinen Wesen einfach gern haben.

  

So waren wir alleine weit draussen auf dem See. Der einzige Nachbar, ein kleines BunBo, etwa 200 m weg, fast ganz im Schilf versteckt. Das Nachtessen servierten wir auf der Terrasse und bis es dunkel wurde, hatten wir uns derart an die Situation gewöhnt, dass wir mit ruhigem Gewissen die Nacht ruhig durchschliefen.

Am nächsten Morgen kam ein Fischer vorbei, der in der Nähe seine Netze und Reusen absuchte, viele kleinere Fische mit einer Schöpfkelle achtlos über Bord warf und, wie es uns schien, mit eher magerem Fang weiterfuhr.
Erfolgreicher war da ein Fischadler, der mehrfach auftauchte, im Rüttelflug hoch oben stehen blieb, dann aber plötzlich ins Wasser hinunter stach. Fast immer kam er mit einem ansehnlichen Fisch in den Fängen wieder hoch, drehte diesen mit einem gekonnten Ruck von der Querlage in eine aerodynamischere Längslage, schüttelte sich kurz das Wasser aus den Federn und flog elegant weiter. Wohl zum Horst, wo vermutlich eine hungrige Brut auf das Frühstück wartete.
Mindestens drei Mal sahen wir eine Ringelnatter, die mit vollendeter Eleganz in unserer Nähe vorbeischwamm.

Wo ist die Tribüne, von der aus man das Leben unmittelbarer erfährt?
Bestimmt nicht die letzte Nacht, die wir auf diese Weise verbringen werden.

Weil allerdings die Wetterprognose schlecht war und für die nächsten beiden Tage Gewitter, starke Winde und Böen bis BFT 8 vorhersagte, suchten wir uns einen etwas stabileren Standort. Wir fuhren also weiter durch den Ellenbogensee nach Priepert, wo wir telefonisch einen Liegeplatz reserviert hatten. Vor Ort mussten wir aber feststellen, dass es für uns hier überhaupt keine geeigneten Plätze gibt und darum fuhren wir weiter zur Schleuse Strasen. Damit waren wir in die Müritz-Havel-Wasserstrasse (MHW) eingefahren. Auf beiden Seiten der Schleuse liegen lange Wartestege, die, für die hektische Sommersaison gebaut, jetzt fast etwas überdimensioniert wirkten. Mit Bewilligung des Schleusenwärters haben wir oberhalb der Schleuse, am Ende des Wartesteges angelegt und das schlechte Wetter problemlos überstanden. Unmittelbar neben der Schleuse steht übrigens das Hotel und Restaurant Löwen, welches die Forellen, der nachbarlichen Fischzucht ganz manierlich zu braten versteht.

Eigentlich hatten wir geplant, von hier aus direkt nach Schwerin zu fahren. Weil aber schon jetzt, fast sichtbar von Tag zu Tag, der Schiffsverkehr zunahm und für uns geeignete Liegeplätze auf dem Weg dorthin sehr rar sind, haben wir beschlossen, nicht mit dem Schiff in die Hauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern zu fahren, zumal der Hin- und Rückweg zweimal über die selbe, nicht besonders attraktive Route erfolgen müsste. Auf jeden Fall werden wir uns aber die Stadt mit ihrem offenbar ganz besonderen Flair nicht entgehen lassen.

Gemäss unserem neuen Plan fuhren wir darauf noch durch den Kleinen Pälitzsee und bogen an seinem südlichen Ende über den Schleusenkanal in die Rheinsberger Gewässer ab. Im Grossen Prebelowsee packte uns schon wieder die neu entdeckte Lust, wir ankerten für die nächsten drei Tage und genossen die so gewonnene Freiheit. Der Ort war nicht mehr ganz so ruhig wie der erste, und wir beobachteten bei mehreren Gelegenheiten, dass bei den Älteren die in der DDR geübte Freiheit des Nacktbadens noch immer hoch im Kurs steht. Wir verbrachten die Zeit mit kleineren Arbeiten auf dem Schiff, mit Lesen oder - ganz einfach - mit Faulenzen. Am Abend jedoch, als die Tagesausflügler heimgekehrt waren, hatten wir den ganzen See wieder für uns alleine.

Das Wetter wurde zunehmend besser, die Temperatur überschritt am dritten Tag gar die 30 Grad-Grenze, was uns bewog, unser Kajak seetüchtig zu machen, womit wir trotz Ankerplatz im offenen Wasser Beweglichkeit zurückgewannen. Und, ein Bisschen Sport tut gut.

Am letzten Sonntag des Monats machten wir uns auf den Weg nach Rheinsberg. Trotz seines Namens, der uns bekannt vorkommen könnte, heisst der Fluss, an dem das Städtchen liegt: Rhin und die Berge sind eher von holländischem Format.
Aber noch sind wir ja nicht da! Es war ja das verlängerte Wochenende nach Auffahrt, Brückentag und schönstes Wetter. Also, wer ein Schiff hatte, der war auf dem Wasser und wer keines hatte, konnte ja eines mieten. Unterwegs war das noch kein Problem, mit befohlenem Hupen schafft man sich Platz, ...

... aber je mehr wir uns unserem Ziel näherten, wurde es eines: Anlegestellen waren mehr als knapp. Hier würde Hupen nicht helfen.
Die Hilfe kam dank der Initiative des Kapitäns eines Kursschiffes, der offenbar ein Schifferherz besass und unsere Situation rasch erkannte. Er telefonierte kurzerhand seinem Chef, der Besitzer der Reederei gestattete uns grosszügig, am freien Steg seiner Fahrgastschifffahrt anzulegen. Besser hätten wir es nicht treffen können.

Unmittelbar beim Stadtzentrum, wo sich dieses gegen den See hin öffnet, machten wir unsere Wohnstube fest und gingen erst mal die Gegend erkunden. Bloss hundert Schritte bis zum Schloss, dem Kennzeichen von Rheinsberg. Dieses bescheidene Gebäude machte der Preussische König Friedrich Wilhelm I seinem Sohn, dem späteren König Friedrich II zum Geschenk. Einfach so. Was auf dem Bild nicht sichtbar ist: dazu gehören ein Park und ein Lustgarten, beide um Grössenordnungen weitläufiger als die eigentliche Schlossanlage.

Das Städtchen ist klein, aber gemütlich. Offensichtlich für viele Leute attraktiv und entsprechend gut besucht. Fruchtbar ist darum der Boden auch für das Gastgewerbe, was bekanntlich gute Köche anzieht.
In der Gaststätte Zum Fischerhof beschlossen wir den denkwürdigen Tag bei gekonnt zubereitetem, frischem Fisch. Die etwas längere Wartezeit, bis das wirklich gute Essen auf den Tisch kam, überbrückten wir mit einem kühlen Getränk. Dass das Warten etwas dauerte und jenes darum grösser sein musste als gewöhnlich, das ist wohl der einzige Kritikpunkt, den wir anzubringen hätten.

Auch war die Gegend offenbar wieder ausreichend besiedelt, so dass wir nach mehreren Tagen Funkstille erstmals wieder Zugang zum Internet hatten und damit den vernachlässigten Kontakt zur Aussenwelt wieder etwas pflegen konnten.

Monat Mai 2017:
- 51 h 35'
- 16 Schleusen
- 1 Hebebrücke
- 265 km

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