Mai 2016

    

Von Minden folgten wir weiter gemächlich dem Mittellandkanal, der uns nach ein paar Tagen nach Hannover führte. Als Hauptstadt des Landes Niedersachsen ist Hannover eines der grösseren Wirtschaftszentren Deutschlands. Wenn die Stadt heute bekannt ist wegen der Hannover Messe, der CeBIT, aber auch wegen der Leibniz-Universität und etlichen anderen bedeutenden Bildungsstätten, verdankt sie ihre Bedeutung vor allem ihrer wechselhaften Geschichte. Anerkennung erfuhr sie zunächst als Hauptstadt des Königreichs Hannover und, nach dessen Annexion durch das Königsreich Preussen, immerhin noch als Hauptstadt der neu geschaffenen Provinz Hannover.
Uns hatte jedoch schlicht unsere Fahrt auf dem Mittellandkanal hierher gebracht und wir fanden im Yachthafen der Stadt einen komfortablen Anlegeplatz. Den ersten schönen Tag nutzten wir zum Besuch der berühmten Schlossgärten von Herrenhausen. Gerade weil sich bisher der Frühling recht knauserig gebärdet hatte, waren wir von der Blütenpracht, die uns hier empfing, schlicht überwältigt. Vielleicht waren aber ganz einfach einfach die Blumen für den Besuch des Amerikanischen Präsidenten Obama, der drei Tage vor uns hier war, besonders gehätschelt worden.

  

Die Anlage gilt als der grösste Barock-Garten Europas ...

  

... und bietet bei jeder Wegkreuzung neue, überraschende Einblicke.

  

Nördlich des Schlosses liegt der Berggarten, der nebst dem prächtigen botanischen Garten der Universität auch eine grosse Sukkulenten- und eine Orchideensammlung umfasst, die beide in der obersten Liga mitspielen. Etwas weiter hinten liegt das Mausoleum des Hannoveranischen Königshauses. Diese Adelsfamilie hatte zeitweise sogar den englischen König gestellt.

  

Unsere notorische Schwäche für hohe Türme führte uns hier auf die Kuppel des neuen Rathauses, die durch einen Schräglift erschlossen wird, der angeblich weltweit einmalig ist . Eine fast grenzenlose Aussicht über die Stadt, die am Ende des zweiten Weltkrieges beinahe vollständig dem Erdboden gleichgemacht worden war, belohnte uns für die Anstrengung. Diese hatte sich diesmal allerdings, Lift sei Dank, in engen Grenzen gehalten.

Immer wieder ermöglicht der Blick aus der Höhe neue, tiefe Einsichten.

Damit uns bestimmt nicht vergessen geht, dass wir Schleusenschiffer sind, hievten uns drei weitere Schleusen auf unserer Reise ins Landesinnere nach und nach etliche Meter in die Höhe.

  

Einmal, nachdem wir gerade für die Nacht angelegt hatten, passierte uns ein Schiff, das sofort unser Interesse weckte. Nach langer Zeit war es das erste Mal, dass wir Leuten begegneten, die offensichtlich vom gleichen Virus befallen sind wie wir. Erst Tage später ergab sich wieder eine Gelegenheit, bei der es dann zu einem gemeinsamen Umtrunk reichte, bei dem wir Isa und Mike näher kennen lernten: ein deutsch-englisches Ehepaar, das die d'n Aal gerade erst in Holland erworben hatte. Unsere Schiffe könnten Geschwister sein, sind sie doch fast aufs Jahr gleich alt und beinahe gleich gross. Auf ihrer persönlichen Jungfernfahrt überführten sie nun ihren neuen Schatz nach Berlin. Dort gedenken sie, darauf ihr weiteres Leben zu verbringen. An Gesprächsstoff fehlt es bei solchen Gelegenheiten natürlich nie.

Zunächst jedoch hatten wir andere Sorgen. Schon vorher hatten wir einer Entenmutter zugeschaut, die sechs frisch geschlüpfte Junge führte, von denen eines offensichtlich Mühe hatte, seinen Geschwistern zu folgen. Nach der Durchfahrt eines Schiffes hatte es den Anschluss endgültig verloren, denn die Mutter verliess mit den anderen Kleinen an einer seichten Stelle das Wasser, überquerte ohne zu zögern den Radweg und verschwand in der nahen Böschung, ohne auf den zurück gebliebenen Kleinen auch nur die geringste Rücksicht zu nehmen. Bei den verzweifelten Rufen des erschöpften Tierchens und seinen Bemühungen, den anderen zu folgen, konnten wir nicht gleichgültig bleiben. Unter Missachtung der wohl grundsätzlichsten Regel der Natur haben wir es aufgenommen und Matz spendete ihm geduldig Wärme und Geborgenheit. Wohl eine gute Stunde hatte es so geschlafen und erwachte dann mit neuer Kraft und neuem Mut. Da unsere ausgedehnte Suche nach seiner Familie erfolglos verlief, blieb uns nicht viel anderes übrig, als das kleine Geschöpf an der Stelle, an der seine Mutter verschwunden war, wieder auszusetzen. Während der folgenden, kalten Nacht liessen uns böse Ahnungen nicht los und wir wünschten ihm mehrmals viel Glück!

  

Bei der Weiterfahrt erinnerte uns ein Wegweiser daran, wie weit es noch sei, bis zu unserem ersten Ziel: Berlin.

Eines der Rätsel der Binnenschifffahrt wird mit den nächsten Bildern offensichtlich. Obschon wir uns, gemäss Karte und auch entsprechend der Betonnung (Signalisation durch Bojen), auf einer Bergfahrt befanden, was immerhin für die Vortrittsregeln von Bedeutung ist, schleusen wir in der nächsten Schleuse hinunter. So hatten wir vor der Schleuse in ihrem 'Unterwasser' gelegen, obschon wir nach der Schleusung in ihrem 'Oberwasser' tiefer waren als zuvor. (Die Verhältnisse sind so verwirrend wie dieser Satz.) Wir waren also während der Bergfahrt 'zu Tal' gefahren.

  

Unsere nächste Etappe war Wolfsburg. Dieser Name war in den letzten Monaten ziemlich in schiefes Licht geraten, weil den Managern des hiesigen Autoherstellers in ihrem schrankenlosen Streben nach Erfolg und Gewinn nur betrügerische Wege in den Sinn gekommen waren. Nach ihrer Entlarvung hatten sie selbstverständlich von alledem nichts gewusst. Dass sie trotz der resultierenden Rekordverluste nicht bereit waren, auf ihre riesigen Boni zu verzichten, während die einfachen Angestellten um ihre Arbeitsplätze bangen mussten, war leider schon fast selbstverständlich. Unzählige Manager von Banken und anderen Grossbetrieben hatten ihnen das mit Erfolg schon mehrfach vorgelebt.
Weil trotzdem pünktlich jeden Tag mehrmals Tausende von Angestellten auf ihrem Arbeitsweg unmittelbar an unserem Schiff vorbeieilten, haben wir uns zu deren Wohl entschlossen, das trudelnde Unternehmen kräftig zu unterstützen.

Natürlich haben wir trotzdem die Autostadt besucht, und an einer Führung durch den riesigen Betrieb teilgenommen. Die Autostadt ist eine werkseigene Anlage, in der die Geschichte und die Bedeutung des Automobils  in unserem Leben thematisiert wird. Hier kann aber auch, wer will, sein im Voraus bestelltes Auto, das nach seinen Wünschen und in seinem Namen produziert worden ist, gleich persönlich abholen. Vor seinen Augen wird es dann aus den Speichertürmen vollautomatisch abgeholt und in die Auslieferungshalle gefahren. Was für den Kunden ein persönliches Erlebnis ist, ist für den Betrieb eine willkommene Werbeplattform.

  

Zum Erlebnis gehört auch zwingend die werkseigene Currywurst, die ganz Bio ist und deswegen angeblich weniger Fett als alle andern enthält. Da die Zahl von 7,2 Mio produzierten Würsten jedes Jahr jene der Autos bei weitem übersteigt, könnte das ja auch das Erfolgs-Rezept für die Zukunft sein.

Die Fahrt durch das Werk, in dem die Autos aus angelieferten Blechrollen fast vollständig durch Roboter hergestellt werden, ist äusserst beeindruckend und lässt sich in diesem Rahmen nicht beschreiben. Am Ende von kilometerlangen Montagebändern rollen jeden Tag bis zu 2000 fertige Autos aus der Halle, ein jedes genau nach den Spezifikationen des jeweiligen Kunden gefertigt.
Die Stadt war als 'Stadt des KdF-Wagens' (Kraft durch Freude-Wagen) in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts gegründet worden und hat seither vom Autogeschäft gut gelebt. Für viele Jahre war Wolfsburg, den Namen hat sie erst nach dem Krieg erhalten, die Stadt mit dem grössten Bruttosozialprodukt in ganz Deutschland.

Obschon das Autowerk ein eigenes Kraftwerk betreibt ...

... verbraucht es mehr Energie, als es selber herzustellen vermag.

Bei Magdeburg passierten wir Kanalbrücke über die Elbe, wo der Mittellandkanal über das Tal der Elbe, die selber eine bedeutende Wasserstrasse Richtung Hamburg ist, geführt wird. Mit diesem Wasserstrassenkreuz schafft der Mittellandkanal den Anschluss an die Elbe und damit eine durchgehende, schiffbare Verbindung mit dem Rhein.
Das linke Bild zeigt die Kanalbrücke, erbaut 1998 bis 2003 , das rechte die Elbe unterhalb der Brücke.

  

Nachdem wir am Vortag mit dem Velo die Brücke besucht und von unten bestaunt hatten, konnten wir am nächsten Tag die Fahrt über das gewaltige Bauwerk erst richtig würdigen.

Kurz danach bildet die Schleuse Hohenwarte das Ende des Mittellandkanals und den Übergang in den Elbe-Havel-Kanal.
Wir hatten in unserem Schifferleben schon viele Schleusen passiert, doch diese hier brach mit einem Hub von über 19 m alle bisherigen Rekorde. Mit einem raffinierten Wasserrückhaltesystem wird der Wasserverbrauch beim Schleusen um mehr als die Hälfte reduziert.

  

Wie so oft ermöglichte auch hier die lange Verweilzeit in der Schleuse Begegnungen und Gespräche mit den anderen Kunden. Hier war es ein Schiffer aus der polnischen Stadt Wieluń, der mit seinem historischen Holzschiff Wanda im Vorjahr ganz alleine bis ins französische Briare zu einem Schiffertreffen gefahren war. Gemeinsam mit einem Freund, den er dort kennen gelernt hatte, war er nun auf der langen Fahrt nach Hause. Der Mann hatte mindestens so viel Stil und Charakter wie sein Schiff!

  

Wenn jemand der Meinung ist, die Binnenschifffahrt sei eher eine Sache der Vergangenheit, wird er schnell eines Besseren belehrt bei der Ansicht der vielen Baustellen entlang des Kanals, deren Ziel der Ausbau der Wasserstrasse für Schiffe bis zu 3000 Tonnen ist. Die Baustellen sind ebenso zahlreich wie auf jeder durchschnittlichen Autobahn!

  

Mit dem Wendsee änderte sich unsere Umgebung gründlich. Waren wir davor zumeist auf Kanälen unterwegs, öffnete sich von nun an die Wasserwelt zu weiten, oft gegliederten Seen mit engen Durchgängen von einem zum anderen. Der Erholungswert des Lebens in dieser Umgebung stieg deutlich an. Wir waren aber offensichtlich nicht die einzigen, die so empfanden, nahm doch die Anzahl der Boote aller Art sprunghaft zu. Vielleicht spielte dabei auch der nahende Sommer eine Rolle. Endlich war es nämlich richtig warm geworden.
In Plaue fanden wir nur einen Liegeplatz, indem wir den Bug der Mizar unter einer etwas baufälligen Brücke platzierten. Unsere anfänglichen Bedenken wurden von den Behörden jedoch mit einem Schulterzucken abgetan.

Wenn die Landschaft ausgesprochen attraktiv ist, schwinden damit offensichtlich die Ansprüche an das eigene Schiff. Unzählige Mietboote, wohl eher Hütten auf einem Floss als wirkliche Schiffe, tauchten hinter jeder Verzweigung auf. Ganze Familien, fröhliche Menschengruppen und trinkfeste Männerriegen erfreuten sich so am Leben in der Natur.

     

Über eine recht verwirrende Seengruppe fuhren wir durch die Untere Havel Richtung Brandenburg. Weil die Stadt selber in diese Seenlandschaft hinein gebaut worden war, scheinen heute alle ihre einzelnen Teile auf Inseln zu liegen. Beim Rundgang durch die Stadt wurde offensichtlich, dass wir kurz zuvor die ehemalige innerdeutsche Grenze überquert hatten. Selbst fast 30 Jahre nach der Wende sind die Zeugen der damaligen düsteren Zeit immer noch auf Schritt und Tritt zu sehen.

Trotzdem haben auch hier Bauten aus längst vergangenen Epochen überdauert.

  

Diese wurden gelegentlich sogar mit Humor dem Geschmack von heute angepasst.

Ein ganz besonderes Erlebnis war unser Besuch in der Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie-Morde in der Zeit des 3. Reiches. Hier in Brandenburg an der Havel wurden die ersten Menschen auf Grund ihrer körperlichen oder geistigen Gebrechen interniert und gezielt getötet. Hier starben so über 9000 Menschen und es entstand dadurch erst die Tötungsindustrie, der später rund 70'000 Patienten zum Opfer fielen, bevor rassistische Überlegungen die Oberhand gewannen. Zahlreich waren hier auch die Kinder, die zum Zwecke medizinischer Experimente umgebracht wurden.

Durch eine ansprechende Landschaft, von der wir gelegentlich kaum sagen konnten, ob wir nun auf einem Fluss oder See unterwegs waren, 'wanderten' wir weiter auf der Unteren Havel in Richtung Berlin. Wir kamen an Ketzin vorbei und fuhren durch den Göttin See südwärts. Im Kleinen Zernsee legten wir im Yachthafen Ringel an, sattelten von dort aus am nächsten Tag unsere Velos und fuhren zur Inselstadt Werder.

  

In der kleinen Stadt leben - wen wundert's, bei so viel Wasser ringsum? - zahlreiche Berufsfischer und entsprechend gestaltete sich dann auch unser Mittagessen. Rauchfisch und Matjes füllten unsere Brötchen und von der Velo-Fahrt waren wir offensichtlich mehr oder weniger durstig.

  

Die gleiche Stadt Werder, am nächsten Tag vom Schiff aus gesehen.

Von hier aus war es nicht mehr weit bis Potsdam. Ganz hinten ist bereits die Einfahrt in die Stadt zu sehen.
Berlin, wir kommen!

Im Jachthafen Potsdam hatten wir einen Liegeplatz reserviert und bei unserer Ankunft wurde uns der Dampfersteg zugewiesen.
Wir fanden, dies sei ein würdiger Platz!

Das Erste, was wohl jeden Besucher in Potsdam in seinen Bann zieht, sind Park und Schloss Sanssouci. Mit viel Fantasie und noch mehr Geld baute sich hier der preussische König Friedrich der Grosse eine eigene Welt, ganz nach seinem Geschmack. Hier liess er sich nachbauen, was ihm anderswo imponiert hatte und schaffte sich so einen würdigen Rahmen, in dem er sich mit den Mächtigen, Künstlern und Denkern seiner Zeit treffen konnte. Zwei Flügel des Schlosses dienten alleine zur Unterbringung der Gäste. So steht eine mediterrane Orangerie friedlich neben dem Chinesischen Pavillon, eine Windmühle neben einem römischen Bad.

Das Neue Palais, erbaut nach dem Siebenjährigen Krieg, demonstriert grössten Luxus und üppige Pracht, ...

... während das Chinesische Haus exotischen Zauber widergibt.

  

Für Künstler (russische Opernsänger), Intellektuelle und ausgesuchte Handwerker (holländische Hugenotten) baute er in der Nähe jeweils eigene Stadtviertel, damit sie sich in seiner Umgebung wie zu Hause fühlten.

  

Daneben bietet die Stadt, die ebenfalls nach dem 2. Weltkrieg fast von vorne hatte anfangen müssen, ein geschäftiges und wohlhabendes Bild. Ganz augenfällig sind die gut renovierten und mit EU-Geldern auf Vordermann gebrachten Viertel, in denen sich Touristen genau wie Einwohner offensichtlich gerne tummeln.

  

Weil, wie gesagt, das Wetter deutlich wärmer geworden war, zeigten sich an unserem Liegeplatz zahlreiche Besucher, die davon profitierten.
Die Stand-up-Paddler wagten sich nun in Massen aufs Wasser, weil sie jetzt einen Sturz in kühle Nass locker in Kauf nehmen konnten, während die Rauchschwalbe es sich leisten konnte, sich auf unseren Leinen etwas auszuruhen.

  

Aber wir wollten ja Richtung Berlin.

Bei unserer Weiterfahrt auf der Havel passierten wir die Glieniker Brücke, die während des kalten Krieges, als Brücke zwischen Ost und West, oft die einzige Verbindung zwischen den verfeindeten Parteien war. So wurde sie vor allem bekannt als Ort für den gegenseitigen Austausch von entlarvten Agenten.

Wir haben uns schon öfters über die etwas umständlichen Blüten der deutschen Bürokratie geäussert. Als ein Beispiel von vielen möge die Tafel dienen, die vor der Engstelle steht, welche die Ausfahrt aus dem nördlichen Ende des Wannsees bildet. Auch bei der gemütlichen Geschwindigkeit von Schiffen, ist man immer noch am rechnen, wenn die Tafel längst schon vorbei ist.

In Berlin-Spandau, unmittelbar nach dem Burgwallgraben, verbrachten wir die erste Nacht auf Berliner 'Boden'. Natürlich waren wir auf dem Wasser geblieben, aber wir hatten unser erstes Ziel erreicht. Zwar waren wir noch nicht im Zentrum der Stadt, aber zufrieden darauf angestossen haben wir trotzdem. Am Abend legte hinter uns ein ein anderes Schiff an, das wir schon in Potsdam aus der Ferne gesehen hatten. Schiffe in dieser Währung, die sieht man in dieser Gegend wirklich nicht oft.
Am Morgen reichte es dann noch kurz zu einer gemeinsamen Tasse Kaffe und so lernten wir Erika und Knud kennen, ein australisches Ehepaar mit zumindest partiellen dänischen Wurzeln. Sie waren schon während der letzten drei Jahre in der Gegend um Berlin unterwegs und so konnten wir in dem kurzen Gespräch einige wertvolle Informationen mitnehmen. Bei ihrer Wegfahrt reichte es dann auch noch für ein Bild ihrer Linquenda.

Die nächste Tagesetappe war äusserst kurz. Nach einer knappen halben Stunde legten wir unmittelbar neben der Zitadelle von Spandau an. Aus Anfängen im 13. Jahrhundert ergab sich im Laufe der Zeit und nach vielen Umbauten die heutige Anlage, die als Museum und Ort für kulturelle Anlässe auf jeden Fall einen Besuch wert ist. Der unterschiedliche Gebrauch vor unserer Zeit war stets militärisch und darum eher unerfreulich. Für einmal wollten wir nur den Moment geniessen und uns uns unbeschwert an der schönen Ansicht erfreuen.

     

Am andern Tag brachen wir auf Richtung Innenstadt. Eine gute Stunde Fahrt und eine Schleuse später legten wir in Berlin-Charlottenburg an. Damit hatten wir schon fast das Ziel erreicht, das uns damals in Frankreich als fast unerreichbar schien. Wir besuchten den Park und das Schloss Charlottenburg. Vom Schloss selber war allerdings 1945 sozusagen nichts mehr übrig geblieben. Dabei versuchten wir, uns über die verschiedenen Preussischen Fürsten, Könige und Kaiser, die Friedrichs, die Wilhelms und Friedrich Wilhelms klar zu werden. Ein Unterfangen, das schon vor vielen Jahren in der Schule Mühe bereitet hatte und uns auch dieses Mal in manchem rätselhaft blieb.

Um die Innenstadt von Berlin führt über die Spree und durch den Landwehrkanal eine Art Rundkurs, der nicht nur von den von den Sportschiffern besucht wird, sondern vor allem durch eine unübersehbare Anzahl von Touristenschiffen in jeder Grösse befahren wird. Diese sind bemüht, während des ganzen Tages den Besuchern die Stadt vom Fluss aus näher bringen. Das ist gewebsmässiger Verkehr und der hat natürlich Vortritt und ist immer in Zeitnot. Darüber hinaus gibt es auf dieser Schleife nur sieben Anlegestellen für die Freizeitschiffer, welche aber jeweils auf 24 Stunden beschränkt sind. Dass es dabei, vor allem für grössere Schiffe, gelegentlich schwierig ist, überhaupt einen Platz zu finden, liegt auf der Hand.
Wir haben darum mit dem Fahrrad von Charlottenburg aus, quer durch den Tiergarten, eine kleine Rekognoszierungsfahrt unternommen, damit wir eine Ahnung hatten, von dem, was uns erwarten würde. Wir waren von der Erkenntnis angenehm überrascht, dass der Sportverkehr offensichtlich noch nicht allzu stark war. Die Ferien waren ja noch in weiter Ferne.

Selbstverständlich haben wir dabei auch noch kurz die grössten Sehenswürdigkeiten besucht: das Brandenburger Tor, die Siegessäule und das Parlamentsgebäude.

     

Am nächsten Tag brachen wir auf in der Hoffnung, an der Anlegestelle Friedrichstrasse einen Platz zu finden. Unterwegs ging der Puls etwas höher als normal. Wir hatten viel zu tun, alles, was an uns vorbeiglitt, auch gebührend zu würdigen.

Kurz vor unserem Ziel passierten wir das Kanzleramt und den Parlamentariersteg, über den diese sicher von ihren Büros hinüber in den Bundestag gelangen können.

  

Und dann kam der grosse Moment: am Quai, der ganz in der Nähe des Bundestags mit seiner markanten Kuppel liegt, hatte es für uns noch genügend Platz!

Damit hatten wir unser erstes Ziel erreicht.
Als Beweis diene ein Screenshot aus der Internetsite www.marinetraffic.com

Übrigens haben wir uns entschlossen, den kommenden Winter in Berlin zu verbringen, weil diese Stadt es sicher verdient, dass man ihr etwas mehr Zeit widmet.
Wir haben darum für diese Zeit in Berlin-Neukölln bereits eine kleine Wohnung gemietet und freuen uns auf spannende Erlebnisse.

Monat Mai 2016:
- 57 h 15'
- 9 Schleusen
- 372 km

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