Dezember 2015 

Eigentlich hätten wir noch drei Tage länger in Fakarava bleiben wollen. Doch dann kam eines Abends, während wir gemütlich beim Nachtessen sassen, der Besitzer des Camps auf uns zu und berichtete sichtlich besorgt, dass ein ausgeprägtes tropisches Tief im Anzug sei und sich zu einem veritablen Taifun auszuwachsen drohe. Die Behörden hätten bereits 'alert orange' ausgerufen, und dass er darum das Lager vorsichtshalber dicht machen wolle. Zumindest für etwa eine Woche könnten wir dann deswegen nicht mehr mit seinem Schiff zurückfahren. Was blieb uns also anderes übrig, als etwas überstürzt unsere verfrühte Weiterreise zu organisieren?
Zum Glück liess sich alles recht gut bewerkstelligen, sogar der Schweizer Konsul von Tahiti hatte wiederum ein Zimmer für uns frei.

So waren wir ganz plötzlich wieder in Papeete zu Hause und genossen die paar zusätzlichen Tage in französischer Umgebung. Papeete ist eine lebendige Stadt, die ganz offensichtlich nicht nur von den Touristen lebt. Entsprechend vielfältig ist hier das Leben, unkompliziert und voller Freude.
Auf dem grossen Parkplatz beim Hafen finden sich jeden Abend zahlreiche fahrende Händler mit ihren Essständen, Kochbuden und Fritierküchen ein, die wegen ihrer Existenz auf Rädern 'Roulottes' genannt werden. Sie bereichern so das ohnehin schon recht vielfältige kulinarische Angebot der Stadt auf angenehme Weise. Die halbe Bevölkerung profitiert von der ständig wechselnden Auswahl und damit ergibt sich ein buntes Treiben, weil sich die Qualität des hier angebotenen Essens durchaus sehen lassen kann. Da Konkurrenz bekanntlich beflügelt, reagierten die traditionellen Restaurants mit grosszügigen 'happy hour' Angeboten und halten ihre Küche betont tagesaktuell. Das Abendprogramm war also jeweils schnell geritzt. Während des Tages besuchten wir zB das Museum über die Geschichte der Perlenzucht in Polynesien, das Wohnhaus der ehemaligen Königin von Tahiti, den Baum, auf dem sich Gauguin eine Plattform gebaut haben soll und was die Stadt sonst noch alles zu bieten hat.

So ging die Zeit wieder einmal sehr schnell vorbei und die nächste Etappe unserer Reise wurde fällig. Weil die Distanzen hier schnell mal beachtlich sind, dauerte der Flug zu den Cook Islands über zwei Stunden. Gesehen haben allerdings wir nichts als Wasser unter uns.

  

Der Flugplatz liegt auf Rarotonga, der Hauptinsel. Diese ist fast kreisrund, mit einem Umfang von gerade mal 32 Kilometern. Ihrem Strand entlang verläuft eine Strasse und so ist die Verkehrslage recht einfach: öffentliche Busse verkehren entweder 'clockwise' oder eben 'anticlockwise'. Das allerdings mit erstaunlicher Zuverlässigkeit.
Nach knapp zwanzig Minuten Busfahrt erreichten wir so Muri, wo unser Häuschen für die nächsten zwei Wochen stand. Wir lebten hier, mit eigener Küche und grossem Gasgrill, inmitten eines tropischen Gartens, in dem Bananen, Papayas und Mangos wachsen. Daneben blühten unzählige wunderschöne Blumen. Zum ersten Mal in unserem Leben haben wir so Mangos aus dem 'eigenen Garten' gegessen!

  

Gleich am Samstag war grosser Markt in Avarua, der Hauptstadt der Cook Inseln, den wir natürlich besuchen mussten, denn Küche und Grill wollten wir nicht unbenutzt stehen lassen.

Der Bus hält sich zwar an den Fahrplan, aber nicht wirklich an feste Haltestellen. Er hält, wo es dem Fahrer nötig erscheint und so muss der Fahrgast aktiv werden.

  

Die Filets einer kleinen Thunfischart, welche wir frisch auf dem Markt gekauft hatten, liessen sich ganz einfach zubereiten und schmeckten vorzüglich.

  

Der Strand der wunderschönen Lagune von Muri ist ein bekanntes Postkartensujet (heute wohl eher Selfie-Hintergrund) und lag etwa hundert Meter hinter unserem Garten. Er bot Gelegenheit zu Spaziergängen und kleinen Schnorchelausflügen.  Allerdings war das Wasser selbst bei Flut kaum mehr als einen Meter tief. Die vielen bunten Fische schien das allerdings nicht zu stören.

  

Eine Begegnung mit ganz besonderem Reiz brachte uns auf die Idee, selber das Hinterland auf diese lockere Art zu erkunden.

Kurzentschlossen haben wir also zwei Roller gemietet, wobei die Tatsache, dass wir beide einen Ausweis für Motorräder besitzen, uns von der Pflicht befreite, beim lokalen Polizeiposten eine simple Fahrprüfung zum Erwerb der entsprechenden Bewilligung ablegen zu müssen. Dem einträglichen Geschäft zuliebe wird allerdings diese Vorschrift nicht immer ganz ernst genommen.
Schnell hatten wir die Küstenstrasse, die uns an weitere Badeplätz brachte, im Griff ...

... und wir wagten uns auf Strassen, welche weiter ins Innere der Insel führten, wohl aber nicht für Ausländer gedacht waren.

  

     

Eine zweite Ringstrasse, die etwas weiter hangwärts angelegt worden war, führte durch Gegenden, die vorwiegend von den Einheimischen bewohnt werden. Kleine Landwirtschaftsbetriebe und bescheidene Wohnbauten wechselten sich ab mit recht luxuriösen Villen, in denen offenbar die Leute wohnen, denen der Tourismus zu Wohlstand verholfen hat. Aber auch dort, wo das Leben sich in bescheidenem Rahmen abspielt, war erfreulicherweise alles gepflegt und sauber. Die Fremdenindustrie scheint weit weg zu  sein.
Unten an der Küste lebt alles und jeder vom Touristengeschäft, eigenständige Lebensart ist kaum mehr auszumachen.

  

Ganz besonders auffällig ist das verbreitete Bedürfnis der Leute, ihre verstorbenen Verwandten in unmittelbarer Nähe zu ihren Häusern zu beerdigen. Das führt dazu, dass fast in jedem Vorgarten ein paar aufwändige Gräber den schönsten Platz belegen. Die Toten scheinen so weiterhin am Leben teilzunehmen. Vielleicht trägt diese Tatsache dazu bei, dass die lokalen Leute recht sorglos und fröhlich den Alltag verbringen.

  

Für die Seelen der Verstorbenen ist ein Platz bezeichnet worden, von dem sie ihre Reise nach 'Avaiki, der untergehenden Sonne entgegen, antreten können: der 'black rock' an der Westseite der Insel. Der mächtige Basaltfelsen gilt darum als heilige Stätte, was aber gar nichts mit Traurigkeit zu tun hat.

Für zwei Tauchgänge ausserhalb des Riffes haben wir uns gemeldet, etwas enttäuscht verzichteten wir dann aber auf weitere. Ob das eine Reaktion von etwas zu verwöhnten Tauchern war, oder ob wir diesmal einfach nicht so sehr viel Glück mit der Tauchfirma oder dem Tauchort hatten, darüber liesse sich diskutieren.

Für den kleinen Hunger zwischendurch wählten wir mehrfach 'the mooring fish café', das trotz seines etwas befremdlichen Namens und seiner sehr bescheidenen Ausstattung ausgezeichnete Salate und Sandwiches aus selbstgefangenem frischem Fisch offerierte. Da offensichtlich die entsprechende Lizenz fehlte, erlaubte man den Gästen nach dem System 'BYO' eigenen Wein oder eigenes Bier mitzubringen. Weil die Preise auf der Insel ganz allgemein durchaus europäischem oder gar schweizerischem Niveau entsprechen, war dies eine Möglichkeit für eine bescheidene Korrektur.

  

Bei unserem zweiten Besuch auf dem Markt von Avarua platzen wir mitten in den letzten Werbeauftritt für die Wahl der Miss South Pacific, welche am selben Abend stattfand und ein echter Grossanlass für das lokale Fernsehen und die Presse war. Die Kandidatinnen, die alle zuvor zur Schönsten ihrer eigenen Inselgruppe gewählt worden waren, traten hier zum grossen Finale an. Die Begeisterung der Zuschauer, sowie die Unterstützung durch die zahlreich angereisten Supporter würden entsprechende Veranstalter in unserer Heimat vor Neid erblassen lassen.
(Siegerin wurde übrigens Miss Papa New Guinea, die zweite von links)

     

Damit ging auch unser Aufenthalt auf den Cook Inseln zu Ende. Da es von hier aus keinen Direktflug nach Samoa gibt und wir darum ohnehin einen Umweg über Auckland machen mussten, hatten wir für einen knappen Monat eine Rundreise auf der Nordinsel von Neuseeland eingeplant. Dank den guten Erfahrungen, die wir vor ein paar Jahren mit einem kleinen Campervan in Australien gemacht hatten, wählten wir für unseren ersten Besuch bei den Kiwis wiederum dieses Transportmittel. Es erlaubt den problemlosen Besuch von Städten, begnügt sich dort mit normalen Parkplätzen, verfügt über eine kleine Küche, einen Kühlschrank und ... offeriert, nach ein paar Handgriffen, für die Nacht ein ganz komfortables Bett!

Weil unser Flug in Rarotonga allerdings am späten Abend startete und so über Mitternacht unterwegs war, dabei jedoch die Datumsgrenze überquerte, landeten wir in Auckland am frühen Morgen. Allerdings nicht am nächsten, sondern erst zwei Tage später! Damit hatten wir den im Vormonat gewonnenen Tag wieder verloren. Es gibt im Leben eben nichts gratis und man wird beim Fliegen nicht jünger!
(So viel zur Datumsgrenze. Wir werden sie nicht wieder erwähnen. Versprochen!)

In Auckland bezogen wir das reservierte Fahrzeug und fuhren als Angewöhnung für das Fahren auf der linken Strassenseite mit nur mangelhaftem Kartenmaterial erst quer durch die Stadt und dann entlang der Ostküste weiter Richtung Norden.

  

In der Gegend von Waipu übernachteten wir erstmals auf einem Campground des DOC (Department of Conservation), d.h. einem Platz mit limitierter Anzahl Besucher und praktisch keinen festen Einrichtungen. Im Sinne eines besseren Schutzes der Umwelt, werden diese Plätze strenger kontrolliert.
Dabei erlebten wir wieder einmal einen scheinbar unendlichen Strand, wunderten uns ob der Vielfalt der angeschwemmten Muscheln und den Spuren, die das abfliessende Wasser im Sand hinterliess.

  

Für eines der nächsten Etappenziele, in Tutukaka, hegten wir grosse Erwartungen. Von hier aus werden täglich Ausfahrten mit dem Tauchboot nach den 'Poor Knights Islands' angeboten, einem Tauchplatz, der den attraktivsten der Welt zugerechnet wird.

  

Das Geschäft mit den Tauchern blüht und entsprechend ist der Betrieb bestens organisiert und erfüllt höchste Ansprüche. Innert Minuten wird den Kunden die gesamte Ausrüstung präzise angepasst, in Taschen verpackt und zu den bereitstehenden Schiffen gebracht. Die Inseln liegen etwa 20 km vor der Küste und bestehen aus den Überresten eines verfallenen Vulkans, der seine besten Tage vor etwa 100 Millionen Jahren gesehen hat.

Über und unter Wasser sind die verbliebenen Felsen extrem zerklüftet, mit Spalten und Höhlen durchsetzt. Von Norden her bringt eine tropische Meeresströmung ständig Nachschub an wärmerem Wasser und verfrachtet damit immer wieder Organismen in diese Gegend, die hier auf die Dauer kaum Bestand haben. Trotzdem war die Wassertemperatur für unseren Geschmack zu niedrig, was wir mit dickeren und umfassenderen Neoprenanzügen nur schlecht zu kompensieren vermochten. Der Meeresgrund ist über grosse Flächen mit dichten Kelpwäldern (Braunalgen) bewachsen und reich an Tieren, die anderenorts nicht oder nur selten zu sehen sind. Die ständige starke Dünung macht das Tauchen in Küstennähe besonders spannend und die Höhlen bieten vollkommen neue Erlebnisse und Einblicke.
Trotzdem gehörte die heisse Suppe, die uns nach dem Auftauchen gereicht wurde, zum Feinsten!

     

Vor der Rückfahrt nach Tutukaka besuchten wir mit dem Schiff noch die eindrücklichen Felsformationen, die heute zusammen mit dem umliegenden Meer ein vollkommen geschütztes Naturreservat darstellen.

Dabei fuhren wir auch in die angeblich grösste Wassergrotte der Welt ein, die mit 120 m Länge, 80 m Breite und einer Höhe von 35 m tatsächlich gewaltige Ausmasse aufweist. Das Wenden innerhalb der Höhle stellte darum den Kapitän auch vor keinerlei Probleme.

  

Eher etwas ausgefallen ist die Begegnung mit den Werken von Friedensreich Hundertwasser in Kawakawa, der nach seiner weltbekannten Tätigkeit in Wien und verschiedenen anderen Orten seinen Lebensabend in Neuseeland verbracht hat. Seine Wohngemeinde beglückte er mit einem typischen Häuschen in seiner Machart, das heute ganz prosaisch als öffentliche Toilette benutzt wird. Das wohl meistfotografierte WC-Häuschen der Welt! Das Gemälde daneben ist ein unübersehbarer Farbtupfer.

   

Die Weiterfahrt brachte uns dann nach Waitangi, wo wir die berühmten Treaty Grounds besichtigten. Dieser Ort gilt als Geburtsort der Neuseeländischen Nation. Die Zeugen der Geschichte, die wir hier besuchten, weckten in uns einmal mehr sehr gespaltene Gefühle.  Ein unüberbrückbares Missbehagen gegenüber dem menschlichen Verhalten im allgemeinen und gegenüber der Geschichte unseres Gastlandes im speziellen machte sich breit. Hier überredeten im Jahre 1840 die Gesandten der englischen Krone die wichtigsten Führer der verschiedenen Maori-Stämme einen Vertrag zu unterschreiben, der das ganze Land, das diesen bislang ohnehin gehört hatte, in den alleinigen Besitz der britischen Königin Viktoria überführte. Diese versprach als Gegenleistung der einheimischen Bevölkerung ihren persönlichen Schutz. Das Kunststück gelang den weissen Einwanderern nur dank der Zusammenarbeit mit den einige Jahre zuvor angereisten Missionaren, die von Berufs wegen geübt waren im Umgang mit allerhöchsten Autoritäten und unerfüllbaren Versprechen. Mit ihren Verheissungen und vielen schönen Worten hatten sie das Vertrauen der Maori-Häuptlinge schon vorher gewonnen. Dass die Absichten der Engländer von allem Anfang an nicht ganz ehrlich gemeint waren, zeigt schon die Tatsache, dass die Verträge, die in der Sprache der Maori abgefasst und von diesen unterschrieben worden waren, sich in wesentlichen Punkten von der englischen Version unterschieden hatten. Vom persönlichen Schutz der Königin haben die Ureinwohner dann auch nichts gespürt. Herbe Enttäuschungen und blutige Kriege wenige Jahre danach waren die Folge. Trotz ihres Mutes und ihrem kriegerischen Geschick blieben die Maoris angesichts der gewaltigen Feuerkraft ihrer Gegner ohne jede Chance. Eine Entschuldigung, erst mehr als hundert Jahre später ausgesprochen durch Königin Elisabeth II, anerkannte zwar das Unrecht dieser Vorgänge, konnte am Ergebnis der Geschichte natürlich nichts mehr ändern.
Solches Vorgehen war damals ja in keiner Weise neu und zuvor schon in so manchen von den Europäern kolonialisierten Ländern angewendet worden.

In diesem einfachen Haus erfolgte die Unterzeichnung der Verträge.

Anlässlich der 100-Jahrfeier zur Unterzeichnung der Verträge, erbauten sich die Maoris selber ein Versammlungshaus zum Andenken an ihre eigenen Sitten und Gebräuche. Wenn die hier dargebotenen Aufführungen heute auch den Bedürfnissen der Touristen angepasst worden sind, sind sie doch ein Zeichen der Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln.

     

Diese Wurzeln gehen zurück auf die Besiedlung von Neuseeland vor etwa 1000 Jahren durch Seefahrer aus Polynesien, darunter den sagenumwobenen Kupe. Mit einfachen Holzkanus und unwahrscheinlichem Können meisterten sie den langen Weg mehrfach .
Das riesige Kriegskanu, das aus zwei mächtigen Kauristämmen gezimmert worden ist, soll an Kupe erinnern. Der Sage nach soll er aus Rarotonga mit einer Flotte von sieben Kanus hergefahren sein.
Das Kanu wird heute für traditionelle Anlässe benutzt, benötigt 79 Ruderer und bietet Platz für 130 Krieger.

Etwas weiter nördlich, nahe beim Ort Kerikeri, liegt die erste Missionsstation von Neuseeland. Sie ist 1822 durch den Reverend Butler errichtet worden und ist das älteste noch erhaltene Holzhaus auf der Insel. Das Steinhaus daneben ist ebenfalls rekordverdächtig, ist zwar etwas jünger, gilt aber als das älteste seiner Art.
Obschon das ganze Gelände einst den Maoris lediglich für ein paar Werkzeuge und Wolldecken 'abgekauft' worden war, gelang es den Missionaren, mit den Einheimischen vorerst ein gutes Verhältnis aufzubauen.  Ehrliches Bemühen kann zumindest zeitweise auf beiden Seiten vermutet werden.

  

Heute beherbergt das Missionshaus ein heimeliges Kaffeehaus mit ausgezeichneten Backwaren. Eine Perle ist jedoch der umliegende Garten, der auf die Bemühungen der Missionare zurückgeht, möglichst viele Pflanzen aus ihrer alten Heimat mitzubringen. So steht noch heute ein Birnbaum aus der Gründerzeit ganz in der Nähe. Im Laufe der Jahre ist so eine spannende Mischung von Pflanzen aus beiden Kulturkreisen entstanden.

     

Unser Weg führte dann weiter an der Doubtless Bay vorbei. Wir übernachteten einmal in Whatuwhiwhi (!), liessen dann die berühmte Ninety Mile Beach rechts liegen, weil ein langer Sandstrand und ein Leuchtturm an seinem Ende uns die zusätzlichen 250 km nicht wert zu sein schienen. Zudem misst der Strand bei weitem keine 90 Meilen :-)
Über Ahipara und Broadwood fuhren wir durch wunderschöne grüne Landschaften nach Kohukohu ...

  

... wo uns dann kurz nach der Ortschaft eine Fähre über den Hokianga Harbour nach Rawene brachte.

In Rawene parkten wir unsere fahrende Heimstatt in einem kleinen Resort, wo wir uns unser Weihnachtsessen herrichteten, während wir eine wohl einmalige Aussicht aus dem Küchenfenster genossen.

Weihnachten sieht vielleicht anders aus, ein schöner Abend aber war es alleweil.

  

Der nächste Tag gehörte dem Besuch des Waipoua Forest, einem Wald, in dem heute mit gewaltigen Anstrengungen am Erhalt der grossen Kauri-Bäume gearbeitet wird. Diese Bäume, die einst als Wahrzeichen von Neuseeland galten, können ein Alter von weit über 2000 Jahren erreichen und dabei einen Stamm von über 6 Meter Durchmesser ausbilden. Da das Holz eine ausgezeichnete Qualität besitzt und der Stamm auffallend gerade wächst, ist es nebst vielen anderen Verwendungszwecken besonders für den Schiffsbau geeignet. Daher wurde von Anfang an ein ungeheurer Raubbau betrieben.
Das Harz der Bäume, das bei jeder Verletzung austritt, überdauerte im Boden oft während hunderten von Jahren und fossilierte dort zu einem bernsteinartigen 'Edelstein'. Es wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts von Tausenden von Wanderarbeitern in einem echten 'Goldrausch' ausgegraben. Das Ergebnis der harten Arbeit wurde dann nach Europa verschifft, wo es für die Herstellung von Linoleum, Farben und Lacken verwendet wurde. Weil damals synthetische Alternativen fehlten, bestand eine gewaltige Nachfrage nach diesem Naturprodukt und die Preise waren entsprechend. Das Leben der 'gum diggers' aber, wie die Glücksucher genannt wurden, war zumeist elend und hart und von Entbehrungen gezeichnet. Als die Funde immer seltener und geringer wurden, ist man dazu übergegangen, die Bäume direkt auszubluten.
Jene Bäume, die alles überlebt haben, sind heute zwar geschützt, aber von einer eingeschleppten Pilzkrankheit bedroht.

Der grösste heute noch lebende Baum wird Tane Mahuta (Herr des Waldes) genannt und ist 56 m hoch. Sein Alter wird auf rund 2000 Jahre geschätzt.

Mit sichtbarem Stolz versammeln sich immer wieder grosse Maori-Familien vor dem Baumriesen in der Hoffnung, ihre Geschichte möge noch einmal die selbe lange Zeit überdauern.

Selbst kleinere Exemplare des Kauribaumes beeindrucken durch ihre Grösse und werden, falls man sie gewähren lässt, noch viele Menschengenerationen überdauern.

Der Aussichtspunkt in der Mitte des Parks erlaubt einen Blick über den subtropischen Regenwald in die Ferne.
Der kleine Kauri daneben ist gerade mal 60 Jahre alt.

  

Wir wurden nicht müde, die beruhigende Weite des Landes immer wieder zu bestaunen.

An der Muriwai Beach hat sich an der zerklüfteten Küste eine Kolonie von Tölpeln eingenistet. Die Partner, welche jeweils den Winter für die Futtersuche getrennt verbringen, finden hier im Frühjahr zuverlässig wieder zueinander. Sie begrüssen sich dann freudig und zärtlich. Zusammen brüten sie im Frühling ein einziges Junges aus, das dann während etwa fünf bis sechs Jahren seine Jugendzeit irgendwo in Australien verbringt, bevor es für seine Partnerwahl wieder an den Geburtsort zurückkehrt.

     

Der Strand selber besteht aus fast schwarzem Sand, in dem winzige Splitter in der Sonne goldig glitzern.

Am folgenden Tag fuhren wir weiter gegen Süden, zunächst sehr zügig auf der Autobahn quer durch den Grossraum von Auckland, das Stadtzentrum im Westen umfahrend, ...

... dann gemütlich durch eine wunderschöne hügelige Landschaft, wo sich Waldgebiete mit ungewohnten Baumfarnen abwechselten mit Weideland, auf dem riesige Herden von braunen oder schwarzen Kühen weideten. Mit ganz besonderer Freude betrachteten wir die vielen alten und grossen Bäume der verschiedensten Arten, denen hier offensichtlich genügend Platz und Zeit gelassen wird, ihr Leben bis an das natürliche Ende leben zu dürfen. Frisch geschorene Schafe in grosser Zahl ergänzten das Bild, damit es sämtliche Vorstellungen, die ein Europäer von Neuseeland hat, erfüllt.
Hier möchte man Bauer sein!

In Raglan verbrachten wir die nächste Nacht, bevor die Reise weiter südwärts ging. Südlich von Te Mata besuchten wir inmitten eines grossen Waldes die Bridal Veil Falls und erfüllten gleichzeitig unser sportliches Tagespensum, indem wir die 261 Stufen hinunter und wieder 261 Stufen hinauf zügig absolvierten.

    

In Otorohanga ergab sich eine weitere Übernachtung und am nächsten Morgen stand unser Besuch im Kiwi House an. Die verschiedenen Kiwiarten gelten als die Nationaltiere von Neuseeland, obschon kaum ein Mensch je einen Kiwi in freier Wildbahn gesehen hat. Die Tiere leben versteckt nächtlich und trotzdem gefährlich. Als Vögel, die unfähig sind zu fliegen, haben sie viele Feinde. Entstanden auf einem Kontinent, auf dem es kaum Raubtiere gab, sahen sie sich plötzlich vielen eingeführten Feinden gegenüber. Tiere, die zufällig angekommen sind, wie Ratten, oder solche, die man zur Bekämpfung von Kaninchen eingeführt hat, kamen auf den Geschmack von jungen Kiwis. Am nachhaltigsten setzen jedoch Hunde und Katzen den Tieren zu, so dass sie heute auf einen aktiven Schutz angewiesen sind, sollten sie nicht in Kürze den ausgestorbenen Tieren zugerechnet werden müssen. Ganz vorne in diesen Bemühungen stehen die Leute des Kiwi-Hauses. In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen (zu Schutz der Falken z.B.) betreiben sie aktiven Naturschutz durch Pflege und Hege, sowie Aufklärung der Bevölkerung. Daneben führen sie einen kleinen Zoo mit Reptilien und Vögeln, die man sonst selten zu Gesicht bekommt.
In einem während des Tages abgedunkelten Käfig kann man die speziellen Tiere, falls man gute Augen hat, bewundern oder ihrer Fütterung beiwohnen, was eine gute Gelegenheit ist, aus kompetentem Mund etwas Gescheites zu hören.

     

(Foto links aus New Zealand Birds Online, Mitte offizielles Logo, rechts Foto im Zoo gemacht)

Und dann ging es weiter zum 'must-see' für Neuseeland Touristen: die Waitomo Glowworm Caves. Etwas südwestlich von Otorohanga gibt es eine ganze Reihe von Kalksteinhöhlen, die von einem weitverzweigten Flusssystem durchflutet werden.
Und so geht das Märchen weiter:
es war einmal ein Maoriführer, der zeigte 1887 einem englischen Landvermesser dieses Höhlensystem und dieser erkannte sofort dessen kommerziellen Wert. Und seither sprudelt die Geldquelle zuverlässig. Die Höhlen an sich wären nicht besonders erwähnenswert, wären da nicht Tausende von Glühwürmchen (die nichts mit 'unseren' Glühwürmchen zu tun haben), welche als Larve etwa neun Monate lang mit Hilfe von Klebefäden und einer internen Lichtquelle auf fliegende Beute aus sind, welche durch die in die Höhlen fliessenden Flüsse ständig zugeführt wird. Die Lichter erfüllen das Höhleninnere mit einem romantischen 'Sternenhimmel', den der Besucher von einem Schiff aus, das den Fluss hinaufgezogen wird, in Ruhe bewundern kann. Der Anblick ist wirklich beeindruckend und an sich lohnend, wenn auch nicht gerade günstig. Wem das nicht genug ist, der hat in nebenan gelegenen Höhlen Gelegenheit, das selbe als 'Canyoning', 'Black Water Rafting' oder an Seilen turnend, als Adventure deklariert, zum doppelten Preis zu erleben.

Nach neun Monaten verpuppen sich übrigens die Larven und das adulte Tier schlüpft nach zwei Wochen. Weil es keine Mundwerkzeuge hat und demnach keine Nahrung aufnehmen kann, muss es innert Tagen einen Partner finden, damit rechtzeitig wieder neue Eier gelegt werden können, aus denen dann die neuen Larven schlüpfen ...
... und weil sie nicht gestorben sind, läuft das Geschäft auch heute noch glänzend ...

  

(weil das Fotografieren aus einsichtigen Gründen strikte verboten ist, hier lediglich offizielle Fotos!)

Über Taupo, das fast ausschliesslich vom Adventuregeschäft und der Spassgesellschaft lebt, ging es weiter durch Rinderweiden, abgeholzte und wieder aufgeforstete Pinus-Wälder, vorbei an Wasserfällen, über Berg und Tal, aber niemals langweilig und immer das Auge erfreuend. Kurz: eine abwechslungsreiche und ansprechende Landschaft!

  

Bis wir an der Pazifikküste nach Napier kamen, wo wir Anker warfen in der schnell fliessenden Zeit, den Jahreswechsel abzuwarten.
Trotzdem werden wir das neue Jahr lange vor Euch allen begrüssen!

Wir wünschen allen unseren Freunden und Lesern dieses Tagebuches ebenso schöne Aussichten ...

... und freuen uns auf ein Wiedersehen im 2016!

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