August 2015 

  

Von der Provinz Overijssel ... wieder zurück nach Friesland

Wie jedes Jahr wollten wir unseren Nationalfeiertag, den 1. August, auch fern der Heimat würdig begehen. Als erstes mussten wir darum die Flagge an unserem Heck austauschen. Der ständige und oftmals sehr starke Wind hatte dem alten Tuch arg zugesetzt und wir wollten uns doch an diesem Tag mit intakten Farben präsentieren.

  

Weil es hier wirklich keinen Sinn machte, auf das Aufleuchten der für diesen Feiertag typischen Höhenfeuer zu warten, nutzten wir für das Nachtessen und unsere kleine private Feier das schöne Wetter, von dem wir bisher ja nicht allzu sehr verwöhnt worden waren. Es war ein schöner Sommerabend, wir fanden die Umgebung angemessen und so war auch unsere Stimmung gut.

  

Tags darauf sind wir weitergefahren nach Giethoorn. Ein Besuch an diesem Ort war uns von vielen Seiten angeraten worden, seit wir in Holland sind. Weil es hier fast keine Strassen und viel, vorwiegend in Kanäle gefasstes Wasser gibt, wird der Ort auch das Holländische Venedig genannt. Man erzählt sich, dass hier früher die Bauern, in Ermangelung von genügend Weideland, ihre Kühe in mit Heu gefüllten Booten umher geschifft hätten. Der wahre Grund für die holländische Begeisterung gründet aber wohl in einem bekannten Film, der hier in den 50er Jahren gedreht worden ist und der die holländische Seele offensichtlich berührt hatte. Noch heute muss daher scheinbar jeder echte Holländer, der ein Boot besitzt, mindestens jeden zweiten Sonntag durch Giethoorn fahren. Entsprechend ist jeweils der Wochenendverkehr auf dem Kanal nach Giethoorn stockend, wie auf einer Autobahn.

Im Dorf selber bilden enge Kanäle, niedliche Brücken und herzerwärmende, kleine und gepflegte Häuschen eine Umgebung, die im wahren Wortsinn märchenhaft wirkt. Das Schneewittchen liesse sich bestimmt unter den Besuchern ausmachen, die Zwerge sind wohl bei der Arbeit, nur die sieben Berge, hinter denen sich das alles abspielte, die sucht man hier natürlich vergeblich. Abgesehen davon, könnte das Bild treffender nicht sein. Für die im Durchschnitt recht gross gewachsenen Holländer will das Ganze aber einfach nicht so recht passen.
Ein gerütteltes Mass an Geschäftstüchtigkeit und gutes Marketing haben unzählige Bootsvermieter, Eisdielen und Restaurants an diesen Ort gelockt. Diese wiederum locken unzählige Touristen aus aller Welt herbei. Nun kurven die Kunden, vorwiegend Chinesen, Araber und Japaner, den ganzen Tag auf kleinen Elektrobooten begeistert durch die engen Kanäle, während sie von ebenso vielen, glaceschleckenden Zuschauern beobachtet werden. Der jahrmarktähnliche Betrieb erfreut offensichtlich Gross und Klein.

  

Endlich konnten wir jetzt auch den mehrfach verschobenen Besuch von Nina und Dani nachholen. Damit wir per Bahn etwas einfacher erreichbar sind, waren wir in den letzten Wochen wieder gegen Süden gefahren. Am Bahnhof von Steenwijk konnten wir die beiden am späten Abend begrüssen und begleiteten sie auf unser Schiff, das wir im Passantenhafen der Stadt gebührend vorbereitet hatten.
Rechtzeitig am nächsten Morgen fuhren wir zurück nach Muggenbeet und am Tag darauf nach Blokzijl, weil uns bei der Hinfahrt diese Gegend besonders gut gefallen hatte.

Danach ging es weiter nach Kalenberg, wo wir diesmal für die Gäste unser Kajak bereitstellten und sie auf die Paddeltour schickten. Genau wie wir im letzten Monat, versorgt mit Kaffee und Kuchen. Gute Erfahrungen soll man weitergeben!

  

Bei der Brücke in Kalenberg musste Dani den Brückenzoll entrichten, der, wie in Holland üblich, mit einem Klompen (Holzschuh), der an einer Fischerrute baumelt, eingesammelt wird.

  

Auch sonst genoss die Jugend alle schönen Aussichten und sportlichen Einrichtungen.
Es war schön, zusammen wieder einmal ausgiebig Zeit zu haben.

Weil aber die Woche so rasch vorbeiging, kam schon bald wieder der Moment für das offizielle Erinnerungsfoto. Bei der Driewegsluis tafelten wir im Restaurant und verbrachten dann die letzte gemeinsame Nacht, bevor die beiden am nächsten Tag mit einem Taxi zurück nach Steenwijk fuhren, wo ihre Rückreise in die Schweiz begann.

Damit waren wir wieder in Friesland angekommen. Über Echtenerbrug fuhren wir weiter nach Norden und benutzten wiederum an verschiedenen Stellen ausgiebig die tollen Einrichtungen der Marrekriten. Offenbar waren die Aussichten nicht nur von unserem Standpunkt aus beeindruckend. Jeden Abend sahen wir mehrere Heissluftballone, deren Passagiere ganz bestimmt die Ruhe und die friedliche Stimmung genossen.

Auf dem Weg nach Sneek kreuzten wir unvermittelt ein Schiff mit dem Namen 'ALKOR'. Wir waren so überrascht, dass wir glatt vergassen, den Moment mit einem Foto festzuhalten. Die Leute auf dem Schiff konnten wohl unsere Aufregung nicht verstehen, denn wir bezweifeln, dass sie wussten, dass Alkor der Name des Zwillingssterns des Mizar im Grossen Bären ist (siehe 'der Name der Mizar').
In Sneek fanden wir einen prächtigen Platz an der Koopmansgracht, d.h. mitten in der Stadt. Mit 1.25 €/m und Nacht sowie einer zusätzlichen Touristentaxe war er zwar nicht gerade billig, aber das Erlebnis war es wert.
Das Wetter war wieder einmal makellos, die Stadt lebendig und gemütlich, und so genossen wir das sorgenlose Leben während ein paar Tagen.

  

 

Bei einer späteren Anlegestelle nahe der Brug Herenzijl lag eine grosse 'Tjalk' (oder etwas ähnliches) ganz einsam da und wir fragten uns spontan, wie wohl die Zukunft dieses Schiffes aussehen möge. Denn wir sahen VIEL Arbeit! Gegen Abend kamen dann auf einem kleinen schwarzen Schiff Ids und Hida angefahren, legten am roten Schiff an und nach einigen Momenten hörten wir sie fleissig hämmern und arbeiten.
Es dauerte aber nicht allzu lange (mit ein wenig Nachhilfe von Matz) und wir sassen zusammen bei einem Glas Wein in unserem Steuerhaus, wo wir gespannt ihrer Geschichte zuhörten . Als Kinder von Berufsschiffern war ihr Beruf offenbar vorgegeben und sie fuhren ein ganzes Leben lang in Holland, Belgien und Frankreich mit ihrem eigenen Schiff und transportierten schwere Fracht. Da mittlerweile ihre Kinder auch schon Kapitäne auf eigenem Kiel sind, haben sie sich diese Schale hier gekauft und sich nun daran gemacht, sie zu einer fahrenden Wohnstatt umzubauen.
Ein kurzer Blick ins Innere ihres Schiffes forderte unseren Respekt für ihren Mut und die Zuversicht, angesichts der Aufgabe der sie sich stellten.
Erinnerungen an gewisse Momente während des letzten Winters wurden in uns plötzlich wieder wach.

  

Gemeinsame Erfahrungen und Interessen begründeten eine echte Herzlichkeit während des gemeinsamen Abends. In einem Jahr schon wollen sie als Pensionierte mit dem umgebauten Schiff wieder unterwegs sein. Beim Abschied wünschten wir uns alle aufrichtig, dass wir uns unterwegs einmal begegnen werden. Von ganzem Herzen wünschen wir ihnen gutes Gelingen!

Die letzten Tage des Monats verbrachten wir an einem idyllischem Platz am Peanster Ie in der Nähe von Grou.
(Wir hoffen, dass nie jemand auf die Idee kommen wird, uns nach all diesen friesischen Namen zu fragen.)
Der See war das ganze Wochenende belebter Tummelplatz für unzählige Segelschiffe jeder Art und Grösse, die bei stetem Wind fleissig kreuzten, wendeten und halsten und immer zuverlässig die Vortrittsregeln beachteten. Es waren Könner am Werk und darum sahen wir nie irgendwelche kritische Situationen.

     

Die Mizar an ihrem letzten Liegeplatz des Monats.

Monat August'15:
-20 h 05' Motorzeit
- 4 Schleusen
- 21 bewegliche Brücken
- 104 km

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